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Drescher, Hans
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 19): Tostedt: die Geschichte einer Kirche aus der Zeit der Christianisierung im nördlichen Niedersachsen bis 1880 — Hildesheim: Verlag August Lax, 1985

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65790#0142
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stühl der Familie von Weyhe, und es ist offensichtlich, daß die Münzen zusammen mit Buchbeschlägen,
Resten von Brillen und anderen Kleinfunden durch den schadhaft gewordenen Fußboden des Gestühls
bzw. die Abdeckung der Grüfte fielen.
Gruft Chor-Nord
Die beiden ältesten neuzeitlichen Münzen fanden sich in der Gruft Chor-Nord. Sie stammen von 1627
und 1676 (M. 15 und 18). Diese Münzen lagen in der Nähe der Nordwand. Vielleicht fielen sie außerhalb
der Gruft durch das Gestühl in den Boden. Von den 13 in dieser Gruft gefundenen Münzen lagen drei di-
rekt auf den Sargbrettern (M. 32, 36 und 45 von 1717/27, 1746 bzw. 2. H. 18. Jh.). Direkt über den Sarg-
brettern lag Münze 47 von 1768. In der Sandauffüllung wurden gefunden M. 34, 40, 57 von 1736, 1758
bzw. 1796, die beiden letzten nur 0,5 m tief. In der Mörtelschicht unter dem Sand lagen Münze 62 und 63
von 1817 und 1818, fast auf dem Mörtel Münze 59 von 1814. Es sind die jüngsten Münzen aus der Gruft
Chor-Nord. Münze 48 von 1768 lag über der Nordwand.
Gruft Chor-West
Die Gruft Chor-West enthielt 14 Münzen, die meist direkt auf den Sargbrettern lagen. Sie stammen aus
der Zeit von 1727—1794 (M. 30, 31, 35, 39, 43, 44, 55 und 56). Über dem Mörtel lag Münze 61 von 1817,
in der oberen Sandfüllung Münze 65 von 1828. Die Münzen 46 und 64 von 1767 und 1826 lagen dicht
beieinander auf dem Wandrest der Südseite, wo sich auch die Stücke 17, 38, 55 von 1692/1713, 1753 und
1768 fanden.
Gruft Chor-Süd
In Gruft Chor-Süd wurden fünf Münzen angetroffen, die älteste Münze 21 von 1696 an der Südseite. Die
anderen vier stammen aus der oberen Sandfüllung und wurden 1768 bis 1815 geprägt (M. 49, 50, 54, 60).
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die älteste Münze aus der Gruft Chor-Nord von 1627 datiert,
die der westlichen Gruft 1727 und die älteste der Gruft Chor-Süd 1696 geprägt wurde. Die jüngsten
Münzen dieser drei Grüfte datieren von 1818, 1828 und 1815. Da sich über der Gruft Chor-Süd in jünge-
rer Zeit anscheinend kein Gestühl befand, gelangten hier auch weniger Münzen in den Boden. Wie ge-
sagt, stammen diese alle aus der Sandfüllung, und es sind vermutlich aus dem Kirchengestühl an der
Nordseite verschleppte Stücke, die ursprünglich auf der Trennwand von Gruft Chor-Nord zur Gruft Chor-
Süd lagen. Dem Befund nach ist die Gruft Chor-Süd erst um 1800 geöffnet und mit Sand verfüllt worden.
Es ist bekannt, daß 1742 Umbauten am Gestühl der Familie von Weyhe stattfanden, und zwar soll dieses
zu dieser Zeit um 1 V2 Fuß zurückgenommen worden sein, so daß es nicht mehr über die Mitte des Chors
ragte (vgl. Kap. 13.2.7). Diese Nachricht stimmt mit dem Grabungsbefund insofern überein, als das Fun-
dament der Grüfte genau in der Mitte des Chorraumes liegt. Genau darüber dürfte sich das Gestühl be-
funden haben. Doch hat der Umbau von 1742 die Gruft selbst ganz offensichtlich nicht berührt, denn
Schuttschichten und besondere Trennungen innerhalb der Münzenfundschicht sind nicht zu erkennen. Zu
sehen ist aber, daß im Laufe der Zeit die Gruftabdeckung verwitterte und nach und nach Mörtelteile, Sand
usw. herabrieselten und eine besondere Schicht auf den Särgen bildete. Anfang des 19-Jhs. muß dem Be-
fund nach ein größerer Umbau stattgefunden haben; denn es kamen größere Kalk- und Mörtelteile schich-
tenweise in die Gruft. Oberhalb dieser Schichtungen finden sich Münzen ab 1814, in der darüber liegen-
den Sandfüllung dann auch jüngere Stücke. Um 1807 wurden Umbauten im Chorraum der Kirche vorge-
nommen, und eine Nachricht besagt, daß bestimmte Arbeiten vorher nicht ausgeführt werden konnten,
weil von Seiten der Familie von Weyhe noch immer nicht die Erlaubnis zur Öffnung eines Gruftgewölbes
gegeben worden war (vgl. Kap. 13.2.8). Anscheinend erfolgte diese Erlaubnis aber 1807, und die Nach-
richt stimmt mit dem Grabungsfund überein. Wann später eine allgemeine Verfüllung aller Grüfte —
auch der im Kirchenschiff — erfolgt, läßt sich nicht sagen, da darüber Rechnungen fehlen. Diese Unterla-
gen fehlen vermutlich, weil diese Arbeiten im Auftrag und für Rechnung der Grabbesitzer selbst vorge-
nommen wurden.

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