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Drescher, Hans
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 19): Tostedt: die Geschichte einer Kirche aus der Zeit der Christianisierung im nördlichen Niedersachsen bis 1880 — Hildesheim: Verlag August Lax, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.65790#0037
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Gebäudekonstruktion z. B. als Dachstütze gehörte er sicher nicht (vgl. Kap. 3.7). Am Rand der Pfosten-
grube fand sich die Klinge eines Messers (vgl. Kap. 7.2.1).
Die vier sich zum Teil überschneidenden kleinen Gruben in der Mitte des Schiffs zwischen dem Pfosten-
paar II N 3—II S 3 dürften mit einer Stufe oder einer Abschrankung des Kirchenschiffs in Verbindung ste-
hen, doch ist eine sichere Zuordnung und Deutung nicht möglich.
Im Westteil des Schiffes konnte eine unmittelbar unter Estrich 1 der Kirche III liegende etwa 4,50:4,50 m
große Verfärbung beobachtet werden. Sie nimmt ganz die Breite der ersten beiden Joche ein. Hier befand
sich eine zum zweiten hölzernen Kirchenbau gehörende, muldenförmige Vertiefung, denn sie überdeckte
Pfostenloch I N 5 der ersten Kirche. In der Muldenmitte zeichnete sich im gewachsenen Boden eine etwa
1,50:1,60 m große rotbraune Verkittung ab, die anscheinend durch versickerndes Wasser bewirkt war. Im
unteren Teil dieser erst nach Erbauung der nächsten Kirche III planierten Mulde sah der Boden so aus, als
sei er im feuchten Zustand betreten worden.
Im Gegensatz zu den Pfostengruben fanden sich in der Mulde unterhalb der oberen Planierschicht keine
Scherben, Tierknochen und andere Kleinfunde. Dieser Befund und die Lage vor dem Westeingang läßt
wohl den Schluß auf eine Taufanlage zu. Über der verfärbten runden Stelle in der Mitte dürfte — viel-
leicht etwas in den Fußboden eingetieft — das hölzerne Tauffaß gestanden haben, wie es von zahlreichen
mittelalterlichen Darstellungen bekannt ist {Abb. 6).
Die Bodenverfärbungen werden durch Versickern des Taufwassers entstanden sein und dadurch, daß die
aus der Taufe steigenden Täuflinge den Boden um das Faß herum immer wieder aufweichten. Einen be-
sonderen Abfluß für das Wasser des Taufbeckens, wie er sonst bekannt ist, hatte diese Anlage offensicht-
lich nicht. Leider ließen sich weitere Anhaltspunkte nicht mehr gewinnen. Vor dem Bau der ersten Stein-
kirche III wurde hier ebenso planiert wie später bei einer Erneuerung des Fußbodens, die möglicherweise
eine Folge der Verlegung des Taufplatzes war. Möglich ist auch, daß die Umgebung des Tauffasses später,
aber noch zur Zeit der Kirche II, gepflastert wurde, worauf Spuren am östlichen Rand der Vertiefung deu-
ten könnten. Ob allerdings ein rundliches Pflaster östlich der Anlage dazu gehörte oder der älteren Kirche
I zuzuordnen ist, war nicht sicher zu klären. Die das Taufbecken umgebende Mulde läuft ganz deutlich
nach Westen zum Eingang hin, und zwar mitten zwischen den Pfosten II N 7, II S 7 aus.
Ein runder Pfosten T II/III von 450 mm Durchmesser, der ohne Grube 1,58 m tief eingesetzt war, ist di-
rekt vor dem Eingang ca. 1,60 m von der Innenwand entfernt angeordnet. Sein Abstand bis zur Mitte des
Taufplatzes beträgt 1,50 m. Dieser Pfosten ist möglicherweise jünger als die eingetiefte Taufanlage bzw.
blieb beim Planieren der Mulde unberührt und könnte noch zur am selben Platz zu vermutenden Taufe
der Kirche III gehört haben. Wozu er diente, ist nicht zu erkennen (vgl. Kap. 3.7).
Vor der Ostwand des Altarhauses wurde die Standspur eines Altarfundaments aus Feldsteinen festgestellt,
das auf bzw. im gewachsenen Boden steht; südlich schließt es an den hier noch erhaltenen Lehmfußboden
an. Aufgrund der Schutteinfüllungen ließ sich erschließen, daß dieses Fundament erst beim Abbruch der
ersten steinernen Kirche III im 13. Jh. entfernt worden war. Es ist offensichtlich, daß dieser Altarsockel aus
der zweiten hölzernen Kirche stammt und in der jüngeren weiter benutzt wurde, zumal dessen Altarraum
genau so groß war wie bei Kirche II (vgl. Kap. 4.1.2.4). Ein einzelner quadratischer Pfosten von 180:220 mm
Größe, der bis 1,70 m tief reichte, stand an der Südwand des Chors, 1,70 m östlich des Eckpfostens zum
Schiff. Vermutlich stützte er die Schwelle der Wand und könnte auf die Lage einer vielleicht nachträglich
eingebauten Tür zum Altarraum deuten. Die Spuren des dazugehörenden weiteren Pfostens werden durch
das Spannfundament der Kirche III zerstört worden sein. Interessant ist, daß auch bei der jüngeren Kirche
hier ein Eingang war und der Zugang auch im Friedhof mit Gräbern ausgespart wurde. An der Nordwand,
westlich der Grube des Pfostens II N 4, befand sich ebenfalls ein kleiner quadratischer Pfosten, der aber
nicht zu deuten ist, möglicherweise aber auch einen Eingang anzeigt (vgl. Kap. 5.1.3).
3,60 m westlich vor der Kirche, fast genau in ihrer Achse, wurde die Spur eines einzelnen 550:555 mm
starken Pfostens II W festgestellt, dessen Unterkante 1,86 m tief lag. Dieser Pfosten, er darf aufgrund sei-

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