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Schwierig ist eine genaue Zuweisung der zahlreichen altneolithischen Steingeräte zu
einer der drei genannten Kulturen. Nur in wenigen Fällen stammen die Steingeräte des
Kreisgebietes aus gesichertem bandkeramischen oder Rössener Fundverband, bei den mei-
sten handelt es sich um Oberflächenfunde — allerdings oft von altneolithischen Siedlungs-
plätzen — oder um schlecht dokumentierte Altfunde. Entsprechend dem zahlenmäßigen
Verhältnis bei den Keramikfunden dürften jedoch auch die Steingeräte in ihrer Mehrzahl
der linienbandkeramischen Kultur angehören. — Unter den Geräten aus Felsgestein über-
wiegen die Querbeilformen, Schuhleistenkeil (Taf. 11,3; 16,4.6.7.9.10; 17,1; 18,5) und
Flachhacke (Taf. 16, 2. 5. 8; 17, 3. 9), die man heute gewöhnlich als Werkzeuge für die
Holzbearbeitung deutet74. Sehr häufig zeigen diese Geräte und Bruchstücke davon die
Spuren einer sekundären Verwendung als Klopf- oder Reibstein (Taf. 65). Seltener vertre-
ten sind durchlochte Felsgeräte wie die „Hacke" (Taf. 17,8), die „Doppelhacke" (Taf. 17,5)
und verschiedene Formen der „donauländischen" Axt (Taf. 12,10; 18,1.4). Letztere wird
man entsprechend den Beobachtungen in anderen Gegenden am ehesten der Stichband-
keramik und der Rössener Kultur zuordnen können.
Unter den Artefakten aus Feuerstein kommen neben zahlreichen, meist sehr kleinen
atypischen Abschlägen vor allem Klingen und Klingenbruchstücke vor (z. B. Taf. 27, 2. 5. 11;
28,7—14.16), die zuweilen „Sichelglanz" tragen (z. B. Taf. 27,1. 3. 6. 8.10). Nur verhältnis-
mäßig wenige Klingen besitzen an einer oder beiden Längsseiten eine Randretusche (z. B.
Taf. 24, 9; 25,15; 26,1.2; 30, 9.10.13). Die am stärksten vertretene Flintgerätgruppe stellen
die Kratzer dar (z.B. Taf. 24, 1; 25,1—11.13.14; 29,1—3.16), von denen einige, vor allem
die flachen kurzen Formen, ebenfalls Sicheleinsätze sind (z.B. Taf. 25,2. 7; 27,1; 28, 24)75.
Selten kommen Pfeilspitzen vor, so die asymmetrischen triangulären Spitzen (Taf. 30,5),
die wohl der Linienbandkeramik angehören76, und die trapezförmigen Querschneider (Taf.
24,10; 30,6). — Da Feuerstein im Göttinger Gebiet nicht in der Natur ansteht, wurde im
Altneolithikum verschiedentlich auch der heimische Quarzit zu Werkzeugen verarbeitet.
Die Artefakte aus diesem Material sind im Durchschnitt wesentlich größer als diejenigen
aus Feuerstein, was wohl auf die schlechtere Bearbeitungsmöglichkeit des Quarzits zurück-
zuführen ist. Neben breiten Abschlägen (Taf. 29,7.10; 30, 14.15; 66,1) sind vor allem Klin-
gen unterschiedlicher Größe vertreten (Taf. 29,5.8.11; 30,16; 66,2). Eine Randretusche ist
nur vereinzelt an Quarzitgeräten zu erkennen (Taf. 29,7), ebenso Spuren von Glanzpatina
(Taf. 32, 9). — Außer den zahlreichen Mahl- und Reibplatten aus Sandstein, die aus linien-
bandkeramischen Siedlungen im Göttinger Gebiet bekannt wurden77, seien noch besonders
die Sandsteingeräte mit Schleifrille genannt, bei denen ein facettierter „Pfeilglätter" mit
Rötelspuren auf der Rückseite auffällt (Taf. 16,3). Außerdem kommen auf bandkeramischen
Siedlungsstellen rundliche bis brotlaibförmige Klopf- oder Reibsteine aus Sandstein und
Quarzit vor (Taf. 67).
über die Siedlungs- und Wirtschaftsweise des Altneolithikums im Kreise Göttingen
geben nur die Siedlungsfunde der Linienbandkeramik einige Auskünfte, von der Stich-
bandkeramik und der Rössener Kultur dagegen fehlen noch die planmäßigen Untersuchun-
gen der Wohnplätze. Die Kartierung (Karte 2) zeigt, daß die linienbandkeramischen Sied-
lungsspuren in den Tälern anzutreffen sind, und zwar regelmäßig in der Nähe von Quel-
len, Rinnsalen oder Bachläufen, so besonders massiert an den linksleinischen Verwerfungs-
quellen wie dem Rasespring und dem Gronespring. Bodenkundliche Untersuchungen haben
gezeigt, daß die linienbandkeramischen Siedlungen an schwarzerdeartige Böden („Pseu-
74 E. Hennig, Alt-Thüringen 5, 1961, 189ff.; ders., Forsch, u. Fortschritte 36, 1962, 269ff.; ders., Arch. rozhledy
13, 1961, 678ff.
75 Vgl. G. Behm-Blancke, Alt-Thüringen 6, 1962/63, 104 ff.
76 C. Ankel, Studien aus Alteuropa, T. 1 (1964), 68ff.
77 B. Meyer u. U. Willerding, Göttinger Jahrb. 9, 1961, 27. - W. H. Zimmermann 1966, 33. - Vgl. auch W.
Buttler 1929, 159.
Schwierig ist eine genaue Zuweisung der zahlreichen altneolithischen Steingeräte zu
einer der drei genannten Kulturen. Nur in wenigen Fällen stammen die Steingeräte des
Kreisgebietes aus gesichertem bandkeramischen oder Rössener Fundverband, bei den mei-
sten handelt es sich um Oberflächenfunde — allerdings oft von altneolithischen Siedlungs-
plätzen — oder um schlecht dokumentierte Altfunde. Entsprechend dem zahlenmäßigen
Verhältnis bei den Keramikfunden dürften jedoch auch die Steingeräte in ihrer Mehrzahl
der linienbandkeramischen Kultur angehören. — Unter den Geräten aus Felsgestein über-
wiegen die Querbeilformen, Schuhleistenkeil (Taf. 11,3; 16,4.6.7.9.10; 17,1; 18,5) und
Flachhacke (Taf. 16, 2. 5. 8; 17, 3. 9), die man heute gewöhnlich als Werkzeuge für die
Holzbearbeitung deutet74. Sehr häufig zeigen diese Geräte und Bruchstücke davon die
Spuren einer sekundären Verwendung als Klopf- oder Reibstein (Taf. 65). Seltener vertre-
ten sind durchlochte Felsgeräte wie die „Hacke" (Taf. 17,8), die „Doppelhacke" (Taf. 17,5)
und verschiedene Formen der „donauländischen" Axt (Taf. 12,10; 18,1.4). Letztere wird
man entsprechend den Beobachtungen in anderen Gegenden am ehesten der Stichband-
keramik und der Rössener Kultur zuordnen können.
Unter den Artefakten aus Feuerstein kommen neben zahlreichen, meist sehr kleinen
atypischen Abschlägen vor allem Klingen und Klingenbruchstücke vor (z. B. Taf. 27, 2. 5. 11;
28,7—14.16), die zuweilen „Sichelglanz" tragen (z. B. Taf. 27,1. 3. 6. 8.10). Nur verhältnis-
mäßig wenige Klingen besitzen an einer oder beiden Längsseiten eine Randretusche (z. B.
Taf. 24, 9; 25,15; 26,1.2; 30, 9.10.13). Die am stärksten vertretene Flintgerätgruppe stellen
die Kratzer dar (z.B. Taf. 24, 1; 25,1—11.13.14; 29,1—3.16), von denen einige, vor allem
die flachen kurzen Formen, ebenfalls Sicheleinsätze sind (z.B. Taf. 25,2. 7; 27,1; 28, 24)75.
Selten kommen Pfeilspitzen vor, so die asymmetrischen triangulären Spitzen (Taf. 30,5),
die wohl der Linienbandkeramik angehören76, und die trapezförmigen Querschneider (Taf.
24,10; 30,6). — Da Feuerstein im Göttinger Gebiet nicht in der Natur ansteht, wurde im
Altneolithikum verschiedentlich auch der heimische Quarzit zu Werkzeugen verarbeitet.
Die Artefakte aus diesem Material sind im Durchschnitt wesentlich größer als diejenigen
aus Feuerstein, was wohl auf die schlechtere Bearbeitungsmöglichkeit des Quarzits zurück-
zuführen ist. Neben breiten Abschlägen (Taf. 29,7.10; 30, 14.15; 66,1) sind vor allem Klin-
gen unterschiedlicher Größe vertreten (Taf. 29,5.8.11; 30,16; 66,2). Eine Randretusche ist
nur vereinzelt an Quarzitgeräten zu erkennen (Taf. 29,7), ebenso Spuren von Glanzpatina
(Taf. 32, 9). — Außer den zahlreichen Mahl- und Reibplatten aus Sandstein, die aus linien-
bandkeramischen Siedlungen im Göttinger Gebiet bekannt wurden77, seien noch besonders
die Sandsteingeräte mit Schleifrille genannt, bei denen ein facettierter „Pfeilglätter" mit
Rötelspuren auf der Rückseite auffällt (Taf. 16,3). Außerdem kommen auf bandkeramischen
Siedlungsstellen rundliche bis brotlaibförmige Klopf- oder Reibsteine aus Sandstein und
Quarzit vor (Taf. 67).
über die Siedlungs- und Wirtschaftsweise des Altneolithikums im Kreise Göttingen
geben nur die Siedlungsfunde der Linienbandkeramik einige Auskünfte, von der Stich-
bandkeramik und der Rössener Kultur dagegen fehlen noch die planmäßigen Untersuchun-
gen der Wohnplätze. Die Kartierung (Karte 2) zeigt, daß die linienbandkeramischen Sied-
lungsspuren in den Tälern anzutreffen sind, und zwar regelmäßig in der Nähe von Quel-
len, Rinnsalen oder Bachläufen, so besonders massiert an den linksleinischen Verwerfungs-
quellen wie dem Rasespring und dem Gronespring. Bodenkundliche Untersuchungen haben
gezeigt, daß die linienbandkeramischen Siedlungen an schwarzerdeartige Böden („Pseu-
74 E. Hennig, Alt-Thüringen 5, 1961, 189ff.; ders., Forsch, u. Fortschritte 36, 1962, 269ff.; ders., Arch. rozhledy
13, 1961, 678ff.
75 Vgl. G. Behm-Blancke, Alt-Thüringen 6, 1962/63, 104 ff.
76 C. Ankel, Studien aus Alteuropa, T. 1 (1964), 68ff.
77 B. Meyer u. U. Willerding, Göttinger Jahrb. 9, 1961, 27. - W. H. Zimmermann 1966, 33. - Vgl. auch W.
Buttler 1929, 159.