Vorwort des Herausgebers
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Vorwort des Herausgebers
Die acht Kilometer nordöstlich von Lüneburg gelege-
ne „Siedlungskammer Rullstorf" ist eine der bedeu-
tendsten archäologischen Fundstätten in Norddeutsch-
land. Der bereits in der Altsteinzeit aufgesuchte Krons-
berg am Rand zur Elbtalniederung wurde von der
Jungsteinzeit bis ins frühe Mittelalter kontinuierlich
besiedelt. Einzigartig ist die Größe der viele Fußballfel-
der messenden Untersuchungsflächen und die durch
Sandüberwehungen hervorgerufene Erhaltungsquali-
tät der Siedlungen und Gräberfelder. Ebenso einzigar-
tig sind die Vollständigkeit und Qualität der archäo-
logischen Untersuchungen und Dokumentation, die
durch den Kies- und Sandabbau ausgelöst wurden.
Die 30 Jahre währenden Geländearbeiten haben
eine Fülle an Fundgut und Daten erzeugt, die den
Rahmen der Möglichkeiten einer Denkmalfachbe-
hörde übersteigt. Es ist die bemerkenswerte Lebens-
leistung meines Kollegen Dr. Wilhelm Gebers, seine
2009 abgeschlossenen Grabungen aufzuarbeiten und
sukzessive vorzulegen. Dieses archäologische Schwer-
punktprojekt des Niedersächsischen Landesamtes für
Denkmalpflege bedeutete nicht nur einen Kraftakt
für die Fachbehörde, sondern gründete auf einem
großen Unterstützernetzwerk, in dem bürgerschaft-
liches Engagement eine Schlüsselrolle spielt. Und
eigentlich ist es auch bürgerschaftliches Engagement,
das 42 Jahre nach dem Startschuss des Projektes und
zwölf Jahre nach Grabungsende bereits den fünften
Band ermöglicht hat. Denn Wilhelm Gebers ist bereits
2009 in den Ruhestand verabschiedet worden. Weder
„Ruhestand" noch „Abschied" sind jedoch Begriffe,
die einem Außenstehenden einfallen würden, wenn
man die Energie spürt, mit der der Kollege in seinem
Arbeitszimmer im Dachgeschoss des Landesamtes
Details der Darstellungsmöglichkeiten mit unserer
Grafikerin Agata Michalak diskutiert und einen Band
nach dem anderen vorlegt.
Das Rullstorfprojekt ist ein Musterbeispiel für die
Frage nach dem Forschungsanteil in der archäologi-
schen Denkmalpflege im Spannungsfeld von Quellen-
sicherung und archäologischer Grundlagenforschung -
ein Thema, das neulich anlässlich der Jahrestagung
des Verbandes der Landesarchäologien in Lübeck
diskutiert wurde. Es sind die vielen Prospektionen
und Grabungsprojekte aus der täglichen Bodendenk-
malpflege, die der Ur- und Frühgeschichtsforschung
neue Impulse geben. Seit der gesetzlich geregelten und
konsequenten Anwendung des Verursacherprinzips
werden Ausgrabungen landesweit selbstverständlich
und auf hohem Dokumentationsniveau durchgeführt.
Die Depots und Archive füllen sich und halten ein
enormes Potenzial an Erkenntnisgewinn vor. Jedoch
ist den Investoren, die für die Kosten von Rettungsgra-
bungen aufkommen, der Aufwand für eine detaillierte
Auswertung nicht zuzumuten. Die Personalsituation
in der staatlichen und kommunalen Bodendenkmal-
pflege lässt eine aufwendige wissenschaftliche Weiter-
behandlung in der Regel nicht zu und. auch in den
kooperierenden Museen, Universitäten und anderen
Forschungseinrichtungen sind die grundlegenden
Forschungsarbeiten nur exemplarisch zu leisten. Die
Voraussetzung für übergeordnete Fragestellungen ist
jedoch die vollständige und akribische Grabungsauf-
arbeitung. Es ist eine große Herausforderung, für diese
kräftezehrende Kernerarbeit Personal- und Sachmittel
zu akquirieren. Herrn Gebers ist es gelungen, jeden
einzelnen Fund akribisch zu erfassen, zu klassifizie-
ren und in seiner Lage zu kartieren. Erst diese Akribie
erlaubt derartig weitreichende Schlussfolgerungen,
wie sie hier gelungen sind. Und es ist Herrn Gebers
und Frau Michalak auch gelungen, diese Ergebnisse
grafisch so umzusetzen, dass die historische Aussage
nachvollziehbar ist. Mit den ersten drei Rullstorfbänden
und diesem fünften (der vierte Band widmet sich dem
bronzezeitlichen Gräberfeld) ist nun die Grundlage
geschaffen, das Siedlungsgeschehen in seiner zeitlichen
und räumlichen Tiefe sehr genau zu rekonstruieren.
Bereits in diesem auf die Chronologie fokussierten
Auswertungsband deutet sich an, welch detaillierte
Aussagen z.B. zur Funktion einzelner Gebäude oder
zur Nutzung ganzer Gehöfte möglich sind. So dürfen
wir schon mit Spannung auf den bereits weit gediehe-
nen nächsten, sechsten Band warten, der mit vielen
großen Plänen und umfangreichen Auswertungen und
Interpretationen zur Siedlungsdynamilr aufwarten wird.
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Vorwort des Herausgebers
Die acht Kilometer nordöstlich von Lüneburg gelege-
ne „Siedlungskammer Rullstorf" ist eine der bedeu-
tendsten archäologischen Fundstätten in Norddeutsch-
land. Der bereits in der Altsteinzeit aufgesuchte Krons-
berg am Rand zur Elbtalniederung wurde von der
Jungsteinzeit bis ins frühe Mittelalter kontinuierlich
besiedelt. Einzigartig ist die Größe der viele Fußballfel-
der messenden Untersuchungsflächen und die durch
Sandüberwehungen hervorgerufene Erhaltungsquali-
tät der Siedlungen und Gräberfelder. Ebenso einzigar-
tig sind die Vollständigkeit und Qualität der archäo-
logischen Untersuchungen und Dokumentation, die
durch den Kies- und Sandabbau ausgelöst wurden.
Die 30 Jahre währenden Geländearbeiten haben
eine Fülle an Fundgut und Daten erzeugt, die den
Rahmen der Möglichkeiten einer Denkmalfachbe-
hörde übersteigt. Es ist die bemerkenswerte Lebens-
leistung meines Kollegen Dr. Wilhelm Gebers, seine
2009 abgeschlossenen Grabungen aufzuarbeiten und
sukzessive vorzulegen. Dieses archäologische Schwer-
punktprojekt des Niedersächsischen Landesamtes für
Denkmalpflege bedeutete nicht nur einen Kraftakt
für die Fachbehörde, sondern gründete auf einem
großen Unterstützernetzwerk, in dem bürgerschaft-
liches Engagement eine Schlüsselrolle spielt. Und
eigentlich ist es auch bürgerschaftliches Engagement,
das 42 Jahre nach dem Startschuss des Projektes und
zwölf Jahre nach Grabungsende bereits den fünften
Band ermöglicht hat. Denn Wilhelm Gebers ist bereits
2009 in den Ruhestand verabschiedet worden. Weder
„Ruhestand" noch „Abschied" sind jedoch Begriffe,
die einem Außenstehenden einfallen würden, wenn
man die Energie spürt, mit der der Kollege in seinem
Arbeitszimmer im Dachgeschoss des Landesamtes
Details der Darstellungsmöglichkeiten mit unserer
Grafikerin Agata Michalak diskutiert und einen Band
nach dem anderen vorlegt.
Das Rullstorfprojekt ist ein Musterbeispiel für die
Frage nach dem Forschungsanteil in der archäologi-
schen Denkmalpflege im Spannungsfeld von Quellen-
sicherung und archäologischer Grundlagenforschung -
ein Thema, das neulich anlässlich der Jahrestagung
des Verbandes der Landesarchäologien in Lübeck
diskutiert wurde. Es sind die vielen Prospektionen
und Grabungsprojekte aus der täglichen Bodendenk-
malpflege, die der Ur- und Frühgeschichtsforschung
neue Impulse geben. Seit der gesetzlich geregelten und
konsequenten Anwendung des Verursacherprinzips
werden Ausgrabungen landesweit selbstverständlich
und auf hohem Dokumentationsniveau durchgeführt.
Die Depots und Archive füllen sich und halten ein
enormes Potenzial an Erkenntnisgewinn vor. Jedoch
ist den Investoren, die für die Kosten von Rettungsgra-
bungen aufkommen, der Aufwand für eine detaillierte
Auswertung nicht zuzumuten. Die Personalsituation
in der staatlichen und kommunalen Bodendenkmal-
pflege lässt eine aufwendige wissenschaftliche Weiter-
behandlung in der Regel nicht zu und. auch in den
kooperierenden Museen, Universitäten und anderen
Forschungseinrichtungen sind die grundlegenden
Forschungsarbeiten nur exemplarisch zu leisten. Die
Voraussetzung für übergeordnete Fragestellungen ist
jedoch die vollständige und akribische Grabungsauf-
arbeitung. Es ist eine große Herausforderung, für diese
kräftezehrende Kernerarbeit Personal- und Sachmittel
zu akquirieren. Herrn Gebers ist es gelungen, jeden
einzelnen Fund akribisch zu erfassen, zu klassifizie-
ren und in seiner Lage zu kartieren. Erst diese Akribie
erlaubt derartig weitreichende Schlussfolgerungen,
wie sie hier gelungen sind. Und es ist Herrn Gebers
und Frau Michalak auch gelungen, diese Ergebnisse
grafisch so umzusetzen, dass die historische Aussage
nachvollziehbar ist. Mit den ersten drei Rullstorfbänden
und diesem fünften (der vierte Band widmet sich dem
bronzezeitlichen Gräberfeld) ist nun die Grundlage
geschaffen, das Siedlungsgeschehen in seiner zeitlichen
und räumlichen Tiefe sehr genau zu rekonstruieren.
Bereits in diesem auf die Chronologie fokussierten
Auswertungsband deutet sich an, welch detaillierte
Aussagen z.B. zur Funktion einzelner Gebäude oder
zur Nutzung ganzer Gehöfte möglich sind. So dürfen
wir schon mit Spannung auf den bereits weit gediehe-
nen nächsten, sechsten Band warten, der mit vielen
großen Plänen und umfangreichen Auswertungen und
Interpretationen zur Siedlungsdynamilr aufwarten wird.