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Janssen, Walter
Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit (Heft 6, Teil 1): Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit — Hildesheim: Lax, 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.63213#0089
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Gruppe gehörenden Gefäße von denen der Gruppe Plettke A 6 zu unterscheiden147. Inso-
fern mögen auch einige Issendorfer Gefäße, die vielleicht noch in Plettkes Gruppe B 2 ge-
hören könnten, mit in Gruppe A 6 erscheinen. Auf jeden Fall gilt für Issendorf, daß die
Plettkesche Gruppe B 2 gar nicht oder bestenfalls mit einigen wenigen Exemplaren ver-
treten ist. Schleswig-holsteinische Vorformen dieser Gruppe können also im Issendorfer
Material nicht wirksam geworden sein.
A. Genrich vermochte nun mit einleuchtenden Gründen nachzuweisen, daß eine andere
Plettkesche Gefäßform auf ältere jütische Vorformen zurückgeht: die Gruppe A 6 nach
Plettke148. Daß die hohen, bauchigen Töpfe mit niedrigem, geschwungenem Hals in Jüt-
land, an Schleswig-Holsteins Westküste und im nördlichen Niedersachsen völlig die glei-
chen typologischen Merkmale aufweisen und auf jütische Vorbilder zurückzuführen sind,
gelang P. Schmid an Siedlungsfunden von der Wurt Feddersen-Wierde zu bestätigen149.
Nach Genrich gehört diese Gruppe dem Ende der jüngeren Kaiserzeit und den ersten Stu-
fen der Völkerwanderungszeit an. In Issendorf erscheint die Gruppe A 6 nach Plettke nun
vergleichsweise recht häufig. Sie spiegelt in der Tat einen kräftigen Stileinfluß aus dem
Gebiet nördlich der Elbe im Fundmaterial von Issendorf wider.
Noch eine weitere Gefäßform findet Parallelen in Jütland. Es sind die von Genrich als
Schulterschalen mit geschwungenem Steilhals bezeichneten weitmündigen Schalen, die bei
Plettke vornehmlich in Gruppe C, zum Teil sicher aber auch in Gruppe A3 auftreten150.
Jüngere Formen dieser Schalen mit tiefliegendem Umbruch, die also der Gruppe C Plettkes
voll entsprechen, besitzen Verwandte in Jütland und im nördlichen Niedersachsen, wie
Genrich feststellte. In Issendorf finden sich in dem hier vorzulegenden Material nur vier
dieser Schalen mit tiefliegendem Umbruch, so daß in bezug auf diese Form der jütische
bzw. nordelbische Einfluß für recht geringfügig angesehen werden muß.
Fallen auch einige Gefäßtypen, die den nordelbischen Stileinfluß klar ausdrücken, in
Issendorf aus, so bleibt doch nach wie vor die kräftige Einwirkung nordelbischer Elemente
im Bereich der Gruppe A 6 n. Plettke unverkennbar. Soweit sich das bis jetzt absehen läßt,
äußert sich der nordelbische Stileinfluß in der Keramik von Issendorf weniger vielfältig als
beispielsweise auf den küstennahen Urnenfriedhöfen zwischen Niederelbe und unterer
Weser. Erscheinen dort nordelbische Elemente bei mehreren Typen, so bleiben sie in Issen-
dorf im wesentlichen auf eine der Plettkeschen Gruppen beschränkt. Sollte sich dieser Be-
fund an den noch zu publizierenden Funden bestätigen, so kennzeichnet er insgesamt ohne
Zweifel einen schwächeren nordelbischen Kultureinfluß im Raum Issendorf, der in keiner
Weise mit dem in den küstennahen Gebieten und im Stader Raum (z. B. Perlberg) ver-
glichen werden kann.
Wenden wir den Blick nunmehr vom benachbarten Schleswig-Holstein nach Südwesten
und Westen, so wird im mittleren Niedersachsen und in Westfalen die Keramik der jünge-
ren Kaiserzeit wesentlich auch von langlebigen Formen der Trichterschalen und Standfuß-
gefäße bestimmt151. P. Schmid verzeichnet das Vorkommen dieser Formen auf der Fedder-
sen-Wierde bis in Schichten der jüngeren Kaiserzeit, stellt aber sodann eine deutliche Ab-
nahme dieser Gefäßform in den oberen Schichten der Wurtensiedlung fest152. Bei Plettke
erscheinen diese Formen in den Gruppen Al und A2153. In Westerwanna sind sie, wie

147 P. Schmid a. a. O. (wie Anm. 68) 161 f.
148 A. Genrich a. a. O. (wie Anm. 146) 31.
449 P. Schmid a. a. O. (wie Anm. 68) 161.
150 Genrich a. a. O. (wie Anm. 146) 31. - Plettke a. a. O. (wie Anm. 29) 42f. mit Tat. 28, 1.2; 48f. mit Taf. 40
151 R. v. Uslar, Westgermanische Bodenfunde des ersten bis dritten Jahrhunderts aus Mittel- und Westdeutsch-
land (Berlin 1938) 14 ff., 57 ff.
452 P. Schmid a. a. O. (wie Anm. 68) 160f., 165.
453 Plettke a. a. O. (wie Anm. 29) 41 f. mit Taf. 25-27.

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