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Harck, Ole
Nordostniedersachsen vom Beginn der jüngeren Bronzezeit bis zum frühen Mittelalter ([Hauptbd.]) — Hildesheim: Verlag August Lax, 1972

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III. Die Besiedlungskonstanz in den Einzellandschaften
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https://doi.org/10.11588/diglit.65520#0121
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Nach Ansicht P. Schmids kann die älteste Marschenkeramik des Elbe-Weser-Gebietes
in die Zeit Hornbeck I a bis I b 499 (etwa unseren Stufen II a bis II b entsprechend)500
datiert werden. Sie findet sich in Flachsiedlungen. Auf Grund einiger Streufunde in der
Elbmarsch läßt sich eine schwache Besiedlung dieses Gebietes schon zur älteren vorrö-
mischen Eisenzeit vermuten.
In mehreren dieser Beispiele stecken gemeinsame Züge: Ein Neubeginn oder ein Aus-
bau der Besiedlung in der mittleren (Teile von Holstein) und späten vorrömischen Eisen-
zeit (Elbe-Weser-Gebiet) oder in der Kaiserzeit (Angeln). Das Ende dieser Phase ist ein-
heitlich die Völkerwanderungszeit. Nach einer Fundlücke - eine Ausnahme ist die Geest-
randzone an der Weser - setzte eine Neubesiedlung in der Zeit vom späten 7. bis zum
9. Jahrhundert ein.
Im Gebiet zwischen Luhe und Aland läßt sich zwar kein Besiedlungseinschnitt in der
mittleren oder späten vorrömischen Eisenzeit feststellen, aber die Vermehrung der Sied-
lungen in den letzten Jahrhunderten vor Christi Geburt geht vielleicht auf die gleichen
Bedingungen zurück, die an der Küste zum Ausbau der Marschenbesiedlung führten.
Die einzelnen Landschaften ergeben für unser Gebiet verschiedene Vergleichsmöglich-
keiten: Im allgemeinen kommen in Holstein ebenfalls nur kleine jungbronzezeitliche Fried-
höfe vor, die Gräberfelder der älteren vorrömischen Eisenzeit sind größer. Zu beiden
Seiten der Elbe bleiben die Siedlungsräume konstant, nur bestimmen die Flußtäler nicht
im gleichen Maße die Verteilung der Siedlungen wie im Lüneburgischen und im Wend-
land. Auch die topographische Verlagerung der Fundstellen zwischen der älteren und
der späten vorrömischen Eisenzeit haben beide Landschaften gemeinsam. In einigen der
von Hingst beschriebenen Fundgebiete läßt sich ein Einschnitt erkennen, entweder ein
Besiedlungsabbruch (Mittelholstein) oder ein auffälliger Rückgang der Friedhofszahl bei
einem gleichzeitigen Anstieg der Siedlungszahl (Westholstein) oder ein Wechsel in der
Grabsitte (Westholstein). Allein Südholstein weist „stabile" Verhältnisse auf.
Die Vermutung, daß die Veränderung der Besiedlungsverhältnisse am Übergang von
der Bronze- zur Eisenzeit mit einer Klimaverschlechterung zusammenhing501, wäre viel-
leicht eine Erklärung dafür, daß die weit in die Elbmarsch vorgeschobenen Fundstellen
genauso wie die der östlichen Jeetzelmarsch größtenteils nach dem Ende der jüngeren
Bronzezeit verlassen wurden, während auf den trockenen Diluvialhöhen und in den Fluß-
tälern keine Anzeichen eines Besiedlungsrückgangs festzustellen sind. Ein ähnlicher
Siedlungsabbruch am Beginn der frühen Eisenzeit beschrieb B. Wachter im Elb-Havel-
Gebiet. Hier werden Überschwemmungen des Elbtales als Ursache angenommen 502.
Parallel mit dem Fundstellenanstieg auf den schweren Böden Angelns und in der feuch-
ten Küstenmarsch in den Jahrhunderten um und nach Christi Geburt fand südlich der
Elbe und in Holstein eine hangabwärts gerichtete Verlagerung der Fundstellen statt.
Außerdem wurde die Elbmarsch auch dort besiedelt, wo sie feuchter ist. Während aber
die Transgression des 1.-2. Jahrhunderts n. Chr. im Küstengürtel die Flachsiedlungen zu
Würfen werden ließ 503, brauchte die Bevölkerung in der Flußmarsch der Elbe keine sol-
chen Schutzvorrichtungen zu treffen. Die Niederungen blieben hier auch während der
Kaiserzeit besiedelt. Dies unterbaut Jankuhns These, daß es nicht allein klimatische
Faktoren waren, die die Besiedlungsveränderungen während der späten vorrömischen
Eisenzeit und der Kaiserzeit bestimmten.

«9 P. Schmid, 1957, S. 84.
500 a. Bordiling, 1950, S. 49 ff.
501 Vgl. Anm. 495.
502 B. Wachter, 1963, S. 68.
503 w. Haarnagel, 1964, S. 112.

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