Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannowsky, Walter
Der Danziger Paramentenschatz: kirchliche Gewänder und Stickereien aus der Marienkirche (2. Halbband): Die gewebten Kaseln — Berlin: Brandussche Verlagsbuchhandlung, 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61626#0009
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-1.HKI '(j IUP ‘W lHH* äüiu 1 1 '•WWl’

Kasein
„CASULA, PLANETA, MESSHACHEL“
Obergewand des Priesters beim Meßopfer

KASELN AUS ISLAMISCHEN STOFFEN
DES 14. JAHRHUNDERTS
29
KASEL
Dunkel weinroter Seidendamast mit Rroschierung in
Ledergold. Grund: Dreibündiger Kettenköper, Kettfaden
gezwirnt. Muster: Schußatlas, Schußfaden ungezwirnt.
Zeichnung: Symmetrisch, in versetzten Reihen, locker ge-
ordnet, kreisartige Vielecke von etwa 10 cm Durchmesser
mit symmetrischer Rosettenfüllung. Die Rosette besteht
aus einem vierblättrigen, etwas gestreckten Mittelstück,
an das, auf Stielen sitzend, seitlich je ein Spitzblatt, oben und
unten je drei blütenartige Gebilde ansetzen. — Rapport:
Kette 24 cm, Schuß 19,5 cm.
Rroschierung mit Goldfäden, bestehend aus feinen ein-
seitig mit Blattgold belegten Lederriemchen, die spiralig
um Leinenzwirn gewickelt sind. Die Goldfäden reichen
in der Schußrichtung so weit, wie das Broschier-
muster reicht. Sie liegen, so weit sie sichtbar sind, frei,
ohne Haltefäden auf dem Grundstoff auf, manchmal über
Entfernungen bis zu 7 cm. Trotz der sonst sehr sorgfältigen
Einbindung sind sie daher an solchen Stellen heute viel-
fach vertörnt. Das Hauptmuster bildet auf der Rücken-
seite ein in der Kettrichtung etwas gestrecktes großes
Vierblattornament, dessen Maße 74 cm in der Kettrichtung,
56 cm in der Schußrichtung betragen. Es ist gebildet aus
vier neunlappigen Blättern, die um ein 12eckiges Mittel-
stück geordnet sind. Das Mittelstück hat eine lockere
Füllung von vier Blütenknospen und kleinen Blattranken.
Die vier Blätter sind dicht gefült mit einer großen mitt-
leren Knospe, aus der zu jeder Seite vier Nelken-artige
Blüten mit reichem Ranken- und Blattwerk entsprießen.
Etwa 12 cm unterhalb dieses großen Ornamentes sind
drei Streifen von ca. 3 cm Breite einbroschiert. Zwischen
seitlichen Begrenzungen werden sie gefüllt durch sym-
metrische Blattornamente, im Wechsel stehend und
hängend, die durch S-förmige Ranken miteinander ver-
bunden sind. Die Goldfäden der seitlichen Begrenzungs-
linien sind durch rote Seidenfäden, die in der Kettrichtung
laufen, gehalten. An die Mittelbahn der Rückenseite (Stoff-
breite 66 cm) sind in Verlängerung dieser Broschierungs-
streifen und in Höhe des Vierblattornaments Stoffstücke
mit der gleichen Streifenbroschierung eingesetzt.
Auf der Brustseite sind je zwei der gleichen Ornament-
streifen in Schulterhöhe und im unteren Drittel einbro-
schiert. Zwei weitere Streifenstücke gleicher Art ziehen

sich vom Halsausschnitt bis zu den oberen Streifen herab.
— Persien, 14. Jh.
Rosa Leinenfutter.
Die aus vielen Stoffstücken zusammengenähte Kasel hat ein breites,
seitlich gerade begrenztes Rückenteil und ein schmaleres, eben-
falls seitlich gerade begrenztes Brustteil.
Rückenlänge 1,40 m, Breite 1,01 m.
Brustbreite 69 cm.
Altes Inv. 49.
Der Grundstoff ist vielfach zerschlissen, besonders an den Schultern
und auf der Brustseite. Hier ist ein Stück von etwa 14 zu 27 cm
herausgeschnitten.
Aus dem gleichen Stoffe: Stola, Kat. Nr. 131. Reste des dazu ge-
hörigen Manipels befinden sich heute in der Berliner Stoffsammlung
(Kgm. 75,433.)
Das Ornament des Grundstoffes erinnert an Ornamente, wie sie
vielfach auf frühen, persischen Gartenteppichen vorkommen. Die
Blütenornamentik des Vierblattes auf der Rückenseite kehrt ähn-
lich auf persischen Kreuzfliesen des 14. Jhs. wieder.
Hinz, T. 29. — Lessing, T. 118. — Falke, Seidenweberei II, Abb. 356.
Tafeln 44, 45. Lupenaufnahmen Nr. 13, 14 (Taf. C).
30
KASEL
Farbig gestreifter Goldbrokat mit Schriftreihen. Grund:
Dreibündiger Kettenköper, Kettfaden dünn, gezwirnte
Seide (dunkelblau, hellblau, rot, grün und weiß). Schuß-
faden dick, ungezwirnte Seide (stets rot). In der Kett-
richtung laufen abwechselnd breite (5 cm) und schmale
(2,4 cm) Farbstreifen. Die breiten Streifen sind wechselnd
grün, rot und blau gefärbt. Die grünen und blauen Streifen
haben eine schmale rote, die roten eine blaue Einfassung.
Die schmalen Streifen haben wechselnd weiße und hell-
blaue Farbe. Muster: Schußatlas. Die Schußfäden be-
stehen aus Leinenzwirn, um den einseitig mit Blattgold
belegte feine Lederriemchen spiralig gewickelt sind. Das
Goldmuster liegt daher reliefartig auf dem Grunde auf.
Zeichnungen den breiten Streifen abwechselnd: a) Spitz-
ovale mit Palmettenfüllung und aus verschlungenen
Doppelranken gebildete Ovale mit Blattfüllung. In den
Zwickeln: Enten-artige Vögel und Papageien, b) Islami-
sche Schriftreihen in rundem Naskhi-Duktus, ständig
wiederholt:
(as-sultän-al-alim) „Der weiseste Sultan“. In den schma-
len Streifen laufende Tiere (Hund, Hirsch, Löwe), durch
Halbmonde getrennt. — Rapport: Kette 17 cm, Schuß
16 cm. Bahnbreite des Stoffes ca. 70 cm.
— Vorderasien, wahrscheinlich Mesopotamien, 14. Jh.
Blaues Leinenfutter.
Der Schnitt der Kasel zeigt bei großer Schulter-Breite und -Länge
im Rücken eine nach unten eiförmig zugespitzte Form.
Die Brustseite ist schmäler geschnitten und verjüngt sich nach
unten.

3
 
Annotationen