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Marin, François-Louis-Claude
Der Liebenswürdige Mensch, oder die Kunst sich den Leuten angenehm und gefällig zu machen — Leipzig, [1762] [VD18 14157195]

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https://doi.org/10.11588/diglit.28122#0019
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angenehm und gefällig zu machen, iz
gesehte Dinge, daß man ganz blind seyn müste,
wenn man sich darinnen versehen solle.
Wenn euch übrigens eure Einsicht betrüget,
wenn ihr unglücklicher Weise in der Wahl
wechselt, so verbannet eure Furcht. Euer
gehabter Bewegungsgrund wird euer Betra-
gen rechtfertigen und euren Fehler entschul-
digen. Es wäre ungerecht, sich über das
Verfahren einer Person beleidigst zu finden,
welche sich uns gefällig machen wollen. Ein
Mensch nimmt allen seinen Wih zusammen,
euch eine Höflichkeit zu sagen. Er versiehst
sich. Er sagt euch, ohne daran zu denken, ei-
ne Grobheit. Könnt ihr euch wohl darüber
erzürnen? Nein, ein Blinder, der auf der
Strasse an unö anstößr, beschimpfet uns nicht.
Der erste ist ein Blinder, jedoch auf eine an-
dere Art, er ist also auch nicht so schuldig.
Wir sind weit geneigter, diese zwey Unglück-
selige zu beklagen, als sie zu schelten; und
wenn sie Gründe anführen, ihr Versehen zu
entschuldigen, so dienen sie zu nichts, als daß sie
uns überzeugen, daß sie nicht die Mittel ge-
kannt, wodurch selbiges zu vermeiden gewesen.
Ihr irret euch, wenn ihr die Liebkosun-
gen, dieLeander von jedermann empfängt, sei-
ner guten Bildung, seinen Gaben und seiner
Geburt zuschreibet. Es hat zwar dieses al-
les einen gewissen Antheil daran; allein, sei-
ner Höflichkeit hat er es am meisten zu ver-
danken.
 
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