Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Marin, François-Louis-Claude
Der Liebenswürdige Mensch, oder die Kunst sich den Leuten angenehm und gefällig zu machen — Leipzig, [1762] [VD18 14157195]

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.28122#0020
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

»4 Die Kunst sich den Leuten
danken. Leander hat für sich selbst gar kei-
nen Willen. Er richtet seinen Geschmack
Und seine Manieren bloß nach anderer Ger
schmack und Manieren. Er überschüttet von
Natur alle diejenigen mit Wohlthaten, die
um ihn sind. Seine Blicke liebkosen einen
jeden, der zu ihm kommt. Leander bedienet
sich seines WiheS bloß darum, daß ihm anr
-re auch ihren Wiß zeigen. Er richtet sich
uach jedermanns Meynung. Seine Reden
und Ausdrücke kommen völlig mit der Ver-
fassung und Denkungsart derjenigen über-
ein, mir denen er umgehet. Folget ihm ein-
mal in die zahlreichen Gesellschaften nach, die
man aus langer Weile oder aus Ceremonie
hält. Ihr werdet Mühe haben, ihn zu ken-
nen. Bey Personen, die ihr Alter ehrwür-
dig macht, ist er ernsthaft, stille und vernünf-
tig; in dem Schwarm junger Flattergeister
ist er lustig, scherzhaft und munter; bey den
Schönen ist er zärtlich, gefällig und ehrerbie-
tig. Befindet er sich bey einer betrübten
Mutter, so schwimmen seine Augen in Thra-
kien. Wenn ihm ein Freund etwas Glückli-
ches von sich kund macht, hüpfet sein Herz
vor Freuden. Man solle fast sagen, Lean-
der lernete, indem er andern Lehren gibt.
Er redet niemals von seiner Wissenschaft, als
wenn er darum gefragt wird. Kommt man
Vom Krieg zu reden- so spricht er mit Ver-
' stand
 
Annotationen