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Martin, Rudolf
Lehrbuch der Anthropologie in systematischer Darstellung: mit besonderer Berücksichtigung der anthropologischen Methoden ; für Studierende, Ärzte und Forschungsreisende ; mit 460 Abbildungen im Text, 3 Tafeln und 2 Beobachtungsblättern — Jena, 1914

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.37612#0868
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846

Krauiologie.

Wenden sich aber die absteigenden Seitenränder der Apertura noch
stärker medialwärts und gewinnen Anschluß an die Spina, so entsteht
zwischen den beiden Kanten eine Grube, die Fossa praenasalis
(TopiNARD, ZucKERKANDL, Fig. 350, 2), die je nach der Höhe und Schärfe
der Cristae mehr oder weniger vertieft und ausgedehnt ist (bothro-
craspedote Form). Bei extremer Ausbildung kann diese Grube folgende
Dimensionen annehmen: Sagittaler Durchmesser = 18 mm, transver-
saler Durchmesser = 20 mm, Tiefe = 8 mm (DwiGiur). Unter allen
Säugern besitzt nur die Robbe (Phoca vitulina und Phoca pagophilus)
eine Annäherung an die menschliche Fossa praenasalis. Prognathe Ge-
staltung der Alveolarpartie und breites Nasenskelet scheinen diese
Bildung, die als eine primitive aufzufassen ist, zu begünstigen, aber
sie findet sich in leichterer Form auch beim europäischen Typus.
Dies lehrt die folgende Liste:

Vorkommen der Fossa praenasalis.

Altbayern
Franzosen
Diverse, meist Europäer
„ „ „ I. Serie
„ H. „
Uralaltaier
Osterinsulaner

5,5 (RANKE)
7,0 (LE DOUBLE)
11,1 (MINGAZZINI)
12,0 (HOVORKA)
5,0 ( „ )
18.7 (ABRAMOW)
42.8 (VoLz)

Häufig soll die Fossa praenasalis auch bei Javanen und den meisten
Südsee-Insulanern sein.
Bei orthognather Alveolarpartie aber vereinigt sich meist in der
ontogenetischen Entwicklung (erst nach dem 7. Lebensjahre) die
Spinalcrista mit den absteigenden Rändern der Apertura zu einem
einheitlichen Gebilde, in dem sich die differenten Bestandteile oft
nicht mehr erkennen lassen und das dann die Apertura piriformis
nach unten so scharf begrenzt, daß hinter ihr der Nasenhöhlenboden
m die Tiefe verlagert scheint (oxycraspedote Form). Diese Form stellt
also einen sekundären Zustand dar, der erst mit der Rückbildung und
Steilstellung der Kiefer zur Ausbildung kommen konnte. HovoRKA
findet in zwei Untersuchungsreihen menschlicher Schädel diese soge-
nannte a n t h r o p i n e F o r m (MiNGAzziNi, Fig. 350,3) in 57 resp. 61 Proz.
(ZucKERKANDL in 62 Proz., MiNGAzziNi in 83,7 Proz.), die infantile
in 22 resp. 26 Proz. (MiNGAzziNi in 6,4 Proz.). AßRAMow gibt für
Europäer die anthropine Form mit 75 Proz., für Mongolen mit 50 Proz.
an; die infantile soll bei Papua und Amerikanern am häufigsten sein.
Natürlich finden sich zwischen den einzelnen Formen auch Ueber-
gangsformen, vor allem dann, wenn eine oder beide der erwähnten
Cristae mehr oder weniger verstrichen oder abgerundet sind, also nicht
zu kräftiger Ausbildung kommen. ZucKERKANDL nimmt übrigens zwei
Schenkel, einen medialen und einen lateralen der Crista maxillaris, an,
doch scheint sich eine solche Teilung des Seitenrandes nur in selteneren
Fällen zu finden. In diesen kann dann entweder der eine oder an-
dere Schenkel den Margo limitans bilden helfen.
Von der transversal gelagerten Fossa praenasalis durchaus ver-
schieden ist der sagittal verlaufende Sulcus praenasalis oder die
Affenrinne (orygmocraspedote Form, Fig. 350,4), die nur bei man-
gelnder Ausbildung der Spinalkante und, wenn die Seitenränder der
Apertura, sich nur wenig medialwärts wendend auf der Alveolarpartie
 
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