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Die altchristliche Kunst

bewahrt noch die alte Grösse, wenn auch mit geänderten For-
men und Motiven im einzelnen, wie die Mausoleen der hei-
ligen Konstantia und der hl. Helena beweisen. Unter Hono-
rius und Arkadius aber ist der Verfall vollständig.

Die christliche Kunst hat dieselben Phasen durchgemacht.
Man hört oft sagen, die christliche Kunst sei eine rohe Kunst,
eine ungeschlachte Kunst; allein das ist tatsächlich ein Vor-
urteil. Viele Denkmäler christlicher Kunst sind allerdings
roh, aber die Ursache liegt darin, dass die Denkmäler der
spätchristlichen Periode viel zahlreicher sind als diejenigen
der klassischen Zeit; unter den vielen mussten sich deshalb
auch minderwertige finden; zudem ist auch der Kunstwert
der heidnischen Denkmäler dieser Zeit gering. Dagegen
stehen die ältesten christlichen Monumente an Eleganz den
zeitgenössischen, heidnischen nicht nach.

Mögen immerhin gleiche charakteristische Züge vorhanden
sein, soviel ist gewiss, dass die christliche Kunst einen ganz
eigenen Charakter, eigene Inspiration und eigenen Symbo-
lismus hat. Auch bei gleichgiltigen Gegenständen und ein-
fachen Verzierungen zeichnet sich die christliche Kunst aus:
„durch ein gewisses edles Wesen in der ganzen Erscheinung,
eine Reinheit, eine unschuldige, ruhige Freude im einzelnen.
Die alte Form ist durchdrungen vom christlichen Geist, die
Keuschheit findet endlich Heimatrecht in der Kunst, welche
in diesem Zeitalter des Luxus und des Wohllebens, häufig
eine Schule der Unsittlichkeit war" *).

2. Zur Geschichte der christlichen Kunst.

§ 120. Malerei °). — Die christliche Malerei hat mit dem
Ursprung des Christentums ihren Anfang genommen. Der
Gebrauch, Gräber auszumalen ist sehr alt; die Römer hatten
ihn von den Etruskern überkommen; die Christen passten
sich also einfach diesem Gebrauche an.

Der Stil und die Allegorien der christlichen Fresken in
den Cömeterien sind je nach dem Zeitraum verschieden. In
der ältesten Periode, da die Katakomben Privatfriedhöfe
waren, finden sich keine eigentliche christliche Malereien.
, Die Verzierungen der Vorhalle der Flavier im Cömeterium
■ der Domitilla, die dem Ende des ersten Jahrhunderts ange-
: hören, bestehen aus geometrischen Figuren, Landschaften,

1) /'ernte, L'archeologie chretienne p. 43.

2) Wilpert, Die Malereien der römischen Katakomben. Kauf-
mann, Handbuch der christl. Archäol. S. 275. Lederet/, Manuel d'ar-
cheol. ehret. II. 133.
 
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