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Matthaei, Adelbert
Deutsche Baukunst im Mittelalter (1): Von den Anfängen bis zum Ausgang der romanischen Baukunst — Leipzig, Berlin: Verlag von B.G. Teubner, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.62986#0049
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Die Baukunst im Zeitalter Narls des Großen u. seiner Nachfolger 39
leicht auch eine einheimische Tradition viel stärker mitgewirkt haben, als
man bisher annahm. Für eine Reihe von Einzelheiten wie Fensterbildung,
Häufung der Upsen, Wechsel von Zandstein und Backstein ufw. ist der byzan-
tinische Ursprung ganz deutlich.
Zeigte sich aber schon an der antik-christlichen Basilika ein Rückgang
des technischen Nönnens und ein Nachlassen des Formensinnes, so
dürfte diese Verrohung unter den Germanenhänden noch weitere
Fortschritte gemacht haben. Vas wesentlich Neue, was die Germanen
mitbrachten, war ein eigener Raumsinn. Der führt allerdings all-
mählich zu einer völligen Umgestaltung des Überlieferten. In der
Frühzeit kann aber davon noch nicht die Rede sein.
Vie Baukunst im Zeitalter Narls des Grasten
und seiner Nachfolger.
Erst als die Germanen nach den Wanderungen zur Ruhe kamen,
als die Verschmelzung mit den fremden Völkern feste staatliche For-
men annahm, und die auf eigenem Boden Zurückgebliebenen sich aus
der Vielheit der Stämme zu einer Nation zusammenschlossen, da wird
der Germane sich seiner selbst bewußt. Oa beginnt er sich ernstlich auch
an den Nulturarbeiten des Friedens zu beteiligen. Und indem er sich
allmählich seiner Eigenart bewußt wird, übernimmt er nicht mehr bloß
achtungsvoll die fremde Nultur, sondern er beginnt der Überlieferung
seine Eigenart aufzuprägen, das überkommene Nirchengebäude nach
seinem Empfinden umzumodeln.
Vas geschieht zuerst im Krankenreiche Narls des Großen. „Er hat
das Verdienst, zuerst Ordnung in die Trümmerwelt der Nntike gebracht
und das Abendland als eine Welt für sich gegen Oströmer, Araber und
Slawen aufgerichtet zu haben."
Man nennt diese selbständige Beteiligung des germanischen Geistes
an der Nunst, die unter Narl im Entstehen begriffen ist und bis in das
lö. Jahrhundert hineinreicht, seit dem Unfange des t9. Jahrhunderts
„romanischer Stil". Uuf Sinn und Berechtigung dieses Namens kom-
men wir im folgenden Abschnitte zurück, hier sei nur bemerkt, daß,
wenn auch die Unfänge dieser „romanischen", d. h. germanischen
Nunst in die Tage Narls des Großen zurückgehen, doch von einem aus-
gebildeten romanischen Stil erst in viel spätererZeit die Rede sein kann.
Vie Baukunst der Narolingerzeit bildet ein Übergangsglied von der
antik-christlichen zur romanischen Bauweise.
 
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