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Matthaei, Adelbert
Deutsche Baukunst im Mittelalter (1): Von den Anfängen bis zum Ausgang der romanischen Baukunst — Leipzig, Berlin: Verlag von B.G. Teubner, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.62986#0054
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44 I. Vie Erbschaft der Antike und die Baukunst der Karolinger
im Zusammenhang steht. Vas einheitliche hindrängen nach dem Altar
als Richtpunkt der ganzen Anlage wird durch das erhöhte Altarhaus
beeinträchtigt und durch die doppelten Chöre ganz aufgehoben. Oie
Bedeutung des Altars scheint verloren zu haben; sie wird beeinträch-
tigt durch den Nkärtgrerkultus und durch die Priesterschaft, die sich
mehr und mehr als Vermittler zwischen Altargeheimnis und Volk
stellt. Vas chuerhaus bildet nicht mehr einen zufälligen Abschluß des
nach dem Altar hindrängenden Rhgthmus der Säulenstellung, son-
dern ein kaum mehr fehlendes organisches Glied, das sich in ein be-
stimmtes Raumverhältnis zum Langhause setzen muß. Sehr bald
knüpfen sich an diese Durchdringung von chuerhaus und Langhaus
Neuerungen konstruktiver Art, die dem Rirchengebäude ein völlig ver-
ändertes Gepräge geben, das wir dann romanisch nennen.
Oie deutschen Lauten der Rarolingerzeit, an denen sich diese Ver-
änderungen zeigen, sind vornehmlich die Salvatorkirche in Fulda
(Westchor unter Abt Ratger 800—819), die Rirche zu Hersfeld (831
bis 850 erbaut), der alte Vom St. Peter in Röln (814 begonnen) und
Werden an der Ruhr (875 geweiht). Allein vom alten St. Peter in
Röln, das sa dem heutigen Dome weichen mußte, fehlt, abgesehen von
einer Notiz, jede Spur. Vie Reste der übrigen sind von der Wissen-
schaft viel umstritten; denn die Rirche zu Fulda ist erst nach dem Brande
von 937 wieder aufgeführt, die zu Hersfeld 1038—1144 wieder her-
gestellt, die zu Werden 1119 bis auf den Grundbau abgebrannt.
Der Bauplan von St. Gallen.
Um so dankbarer sind wir, daß wir einen zwar nicht so ausgeführ-
ten, aber zur Ausführung bestimmten Grundriß einer Rirchenanlage
aus der in Rede stehenden Zeit besitzen, der nicht umstritten ist, das
ist der Plan des Rlosters St. Gallen. Abt Gozbert ließ sich im Jahre
830 für einen Neubau den plan vorn Hofe Ludwigs des Frommen
kommen (vielleicht aus Fulda über den Hof). Vieser plan, der die ge-
samte Rlosteranlage enthält, mit roter Tinte auf Pergament gezeich-
net, befindet sich in der Rlosterbibliothek. Wir geben daraus in der
beifolgenden Abb. 7 die Rirche unter Hervorhebung der für uns wich-
tigen Linien.
An diesem Grundrisse zeigen sich noch wesentliche Züge der alt-
christlichen Basilika:
1. Vie Nebenschiffe sind vom Hauptschiffe noch lediglich durch
Säulen getrennt (S. 30).
 
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