Das technische Verfahren. Bauleute und Mauerwerk 71
aufnimmt. Oft weichen die Seiten des Quadrates um einen halben
Meter voneinander ab. Nicht einmal die gerade Richtung ist durchweg
gewahrt, wie die Abbildung von Gernrode zeigt. Das Gewölbe glaubte
man um so sicherer zu machen, je dicker man das Mauerwerk herstellte,
während wir in der Leichtigkeit des Gewölbes eine Sicherheit für den
Bestand sehen. Damals glaubte man durch eine möglichst breite §un-
dierung dem Lau halt zu geben, während wir mit dem Fundamente
möglichst tief gehen, bis wir auf festen Baugrund stoßen. Alles das
sind Dinge, welche zeigen, daß die Technik noch in den Kinderschuhen
steckte. So kommt es auch, daß verhältnismäßig wenige Bauten erhal-
ten sind. Die Baugeschichte der einzelnen Denkmäler zeigt, wie oft
ein Bau ganz oder teilweise zusammensank. Oie zahlreichen schiefen
Türme 8. in Italien, in Pisa, Ravenna, Padua usw.) sind nicht die
Resultate eines technischen Kunststückes, wie man früher gemeint hat,
sondern vielmehr die Zolgen der schlechten Bautechnik. — Das Ma-
terial allerdings, besonders der Mörtel, war solide und gut. Neben
dem Bruchstein und dem Ouader tritt seit dem l2. Jahrhundert in der
norddeutschen Tiefebene auch die Backsteintechnik wieder auf. Sie hatte
sich von den Römern her bis in die Karolingerzeit in Deutschland er-
halten, war aber dann verloren gegangen. Im lt. Jahrhundert sehen
wir Bernward von Hildesheim versuche machen, Ziegel zu brennen.
Gelungen sind diese versuche vor dem 12. Jahrhundert jedoch nicht,
höchstwahrscheinlich sind die Niederländer, welche im Besitze der
römischen Backsteintechnik geblieben waren, die Vermittler gewesen.
Ts kommen jedoch auch die Oberitaliener in Zrage. Das mittel-
alterliche Backsteinformat, höhe 9—12 cm, Länge 28—33 cm, Breite
14 cm, war größer als das heutige (vgl. O. Stiehl, Der Backsteinb. d.
roman. Zeit. 1898). — Bei der Gewölbekonstruktion wurde in der
Regel ein Lehrgerüst in Gestalt einer durchlaufenden hölzernen Halb-
tonne zugrunde gelegt, auf das die Seitenkappen aufgesetzt wurden.
Über diese Verschalung wurde zunächst ein Mörtelbrei gegossen, in
den dann die Steine hineingesteckt wurden. Später wählte man Bruch-
stein, am liebsten den leichten, rheinischen Tuffstein, wie er sich im
Brohltals findet.
Man fing damals nicht, wie heute, den Lau erst an, wenn die Mittel
gesichert waren, sondern man beute drauflos in der Erwartung, daß
die Gaben schon in ausreichendem Maße zufließen würden. Darin
täuschte man sich jedoch nicht selten, und der Bau mußte unterbrochen
aufnimmt. Oft weichen die Seiten des Quadrates um einen halben
Meter voneinander ab. Nicht einmal die gerade Richtung ist durchweg
gewahrt, wie die Abbildung von Gernrode zeigt. Das Gewölbe glaubte
man um so sicherer zu machen, je dicker man das Mauerwerk herstellte,
während wir in der Leichtigkeit des Gewölbes eine Sicherheit für den
Bestand sehen. Damals glaubte man durch eine möglichst breite §un-
dierung dem Lau halt zu geben, während wir mit dem Fundamente
möglichst tief gehen, bis wir auf festen Baugrund stoßen. Alles das
sind Dinge, welche zeigen, daß die Technik noch in den Kinderschuhen
steckte. So kommt es auch, daß verhältnismäßig wenige Bauten erhal-
ten sind. Die Baugeschichte der einzelnen Denkmäler zeigt, wie oft
ein Bau ganz oder teilweise zusammensank. Oie zahlreichen schiefen
Türme 8. in Italien, in Pisa, Ravenna, Padua usw.) sind nicht die
Resultate eines technischen Kunststückes, wie man früher gemeint hat,
sondern vielmehr die Zolgen der schlechten Bautechnik. — Das Ma-
terial allerdings, besonders der Mörtel, war solide und gut. Neben
dem Bruchstein und dem Ouader tritt seit dem l2. Jahrhundert in der
norddeutschen Tiefebene auch die Backsteintechnik wieder auf. Sie hatte
sich von den Römern her bis in die Karolingerzeit in Deutschland er-
halten, war aber dann verloren gegangen. Im lt. Jahrhundert sehen
wir Bernward von Hildesheim versuche machen, Ziegel zu brennen.
Gelungen sind diese versuche vor dem 12. Jahrhundert jedoch nicht,
höchstwahrscheinlich sind die Niederländer, welche im Besitze der
römischen Backsteintechnik geblieben waren, die Vermittler gewesen.
Ts kommen jedoch auch die Oberitaliener in Zrage. Das mittel-
alterliche Backsteinformat, höhe 9—12 cm, Länge 28—33 cm, Breite
14 cm, war größer als das heutige (vgl. O. Stiehl, Der Backsteinb. d.
roman. Zeit. 1898). — Bei der Gewölbekonstruktion wurde in der
Regel ein Lehrgerüst in Gestalt einer durchlaufenden hölzernen Halb-
tonne zugrunde gelegt, auf das die Seitenkappen aufgesetzt wurden.
Über diese Verschalung wurde zunächst ein Mörtelbrei gegossen, in
den dann die Steine hineingesteckt wurden. Später wählte man Bruch-
stein, am liebsten den leichten, rheinischen Tuffstein, wie er sich im
Brohltals findet.
Man fing damals nicht, wie heute, den Lau erst an, wenn die Mittel
gesichert waren, sondern man beute drauflos in der Erwartung, daß
die Gaben schon in ausreichendem Maße zufließen würden. Darin
täuschte man sich jedoch nicht selten, und der Bau mußte unterbrochen