Goldblond des Haares wieder abkratzte von der Leinwand und von vorne anfing.“
„Nehmen Sie nicht eine neue Leinwand?“
„Nein, diese genügt vollkommen.“
„Aber Sie können doch nicht gelben Ocker auf gelben Ocker malen, ohne die
Farbe schmutzig zu machen!“
„Ich glaube doch!“
„Und nach einer halben Stunde hatte er die ganze Partie übermalt, ohne daß sie
auch nur im geringsten von ihrer Helligkeit eingebüßt hatte. Er malte immer wieder
drüber, und jedesmal kam die Farbe heller und frischer.“ —
„Eines Tages sah er, daß ich bei meiner Malerei mit dem Schwarz nicht recht vor-
ankam. Da nahm er einen meiner Pinsel, und kaum hatte er die Leinwand berührt,
da schien langsam die trübe Schwere meines Schwarz zu verschwinden. Es kam
Grau zutage und schummerige Lichter, die Schatten füllten sich mit Luft, und Seide
schien zu fließen und zu rauschen. Das war keine Methode, da war nichts von
Trick — er malte bloß. Meine Palette war ihm genau so recht wie seine, er präpa-
rierte seine Palette nicht; seine Farbe existierte nicht auf der Palette; aber unter
dem unmittelbaren Zwang des Sehens arbeitend, traf er den Ton instinktiv, ohne
Berechnung und Umschweife.“ Als dies passierte, um 1880 herum, war George
Moore, wie gesagt, noch Maler.
Selbst wenn man von Manet alles geäußert hätte, was man von ihm sagen möchte,
so bliebe dieses Eine doch das Erstaunlichste: Daß er gelben Ocker über gelben
Ocker malen konnte, ohne schmutzig zu werden; daß er, wenn er jemand anders
mit dessen Pinsel und dessen Palette bei trübem Schwarz half, es bald darauf funkelte,
wie wenn Seide leuchtet und knistert. Kurz, das Erstaunlichste bleibt, was man
früher Qualität der Malerei nannte. Aber Qualität ist keine äußerliche Eigenschaft,
nichts, das mit dem leichten Malenkönnen oder mit Kunststücken zu tun hat.
Methode und Trick waren ja dabei nicht im Spiel. Qualität kommt vom Sehen.
Manet sah schnell und erschöpfend. Manet konnte gelben Ocker über gelben Ocker
malen, weil sein Sehen, eine Vision, so rein, so leicht, so schwebend im Gleichgewicht
war. Weil sein schöpferisches Auge im Moment der neuaufbauenden Phantasie-
tätigkeit alles Trübe blitzschnell ausschied und verbannte, was zwischen dem Gelb
der ersten Schicht und dem Gelb der zweiten Schicht liegt; weil er mit unfehlbarer
Sicherheit die für Wirkung entscheidenden Akzente aus der Natur heraus empfand
und schließlich nur noch sie sah, als selbständige Elemente. Eine Gestalt im Licht
wird ihm eine dunkle Fläche, die sich ohne Ümrißlinien absetzt gegen eine helle
Fläche, in der ein paar dunkle Flecken sitzen, die Augen, und ein halbheller Schatten,
die Nase, und ein mittelheller Fleck, der Mund.
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„Nehmen Sie nicht eine neue Leinwand?“
„Nein, diese genügt vollkommen.“
„Aber Sie können doch nicht gelben Ocker auf gelben Ocker malen, ohne die
Farbe schmutzig zu machen!“
„Ich glaube doch!“
„Und nach einer halben Stunde hatte er die ganze Partie übermalt, ohne daß sie
auch nur im geringsten von ihrer Helligkeit eingebüßt hatte. Er malte immer wieder
drüber, und jedesmal kam die Farbe heller und frischer.“ —
„Eines Tages sah er, daß ich bei meiner Malerei mit dem Schwarz nicht recht vor-
ankam. Da nahm er einen meiner Pinsel, und kaum hatte er die Leinwand berührt,
da schien langsam die trübe Schwere meines Schwarz zu verschwinden. Es kam
Grau zutage und schummerige Lichter, die Schatten füllten sich mit Luft, und Seide
schien zu fließen und zu rauschen. Das war keine Methode, da war nichts von
Trick — er malte bloß. Meine Palette war ihm genau so recht wie seine, er präpa-
rierte seine Palette nicht; seine Farbe existierte nicht auf der Palette; aber unter
dem unmittelbaren Zwang des Sehens arbeitend, traf er den Ton instinktiv, ohne
Berechnung und Umschweife.“ Als dies passierte, um 1880 herum, war George
Moore, wie gesagt, noch Maler.
Selbst wenn man von Manet alles geäußert hätte, was man von ihm sagen möchte,
so bliebe dieses Eine doch das Erstaunlichste: Daß er gelben Ocker über gelben
Ocker malen konnte, ohne schmutzig zu werden; daß er, wenn er jemand anders
mit dessen Pinsel und dessen Palette bei trübem Schwarz half, es bald darauf funkelte,
wie wenn Seide leuchtet und knistert. Kurz, das Erstaunlichste bleibt, was man
früher Qualität der Malerei nannte. Aber Qualität ist keine äußerliche Eigenschaft,
nichts, das mit dem leichten Malenkönnen oder mit Kunststücken zu tun hat.
Methode und Trick waren ja dabei nicht im Spiel. Qualität kommt vom Sehen.
Manet sah schnell und erschöpfend. Manet konnte gelben Ocker über gelben Ocker
malen, weil sein Sehen, eine Vision, so rein, so leicht, so schwebend im Gleichgewicht
war. Weil sein schöpferisches Auge im Moment der neuaufbauenden Phantasie-
tätigkeit alles Trübe blitzschnell ausschied und verbannte, was zwischen dem Gelb
der ersten Schicht und dem Gelb der zweiten Schicht liegt; weil er mit unfehlbarer
Sicherheit die für Wirkung entscheidenden Akzente aus der Natur heraus empfand
und schließlich nur noch sie sah, als selbständige Elemente. Eine Gestalt im Licht
wird ihm eine dunkle Fläche, die sich ohne Ümrißlinien absetzt gegen eine helle
Fläche, in der ein paar dunkle Flecken sitzen, die Augen, und ein halbheller Schatten,
die Nase, und ein mittelheller Fleck, der Mund.
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