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Maturanzio, Francesco; Herzfeld, Marie; Herzfeld, Marie [Übers.]
Chronik von Perugia: 1492 - 1503 — Das Zeitalter der Renaissance, 1. Serie ; 1: Jena: Eugen Diederichs, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.55586#0026
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und so viel vermochte seine Autorität und Heiligkeit, daß
man jedes Körnlein in den Speichern fleißig zusammenfegte.
Dies ließ er, zum Staunen und zur Entrüstung der betrübten
Stadt, dem einzigen Lamme geben, das sich in Perugia
befand, und nachdem es satt und wunderbar vollgepfropft
war, ließ er es von der Mauer hinabwerfen, so daß es, ebenso
wegen der Höhe des Sturzes, wie wegen der äußersten Fülle
seines Magens zerbarst. Da sagten sich die Goten, daß sie
vergebens Perugia zu nehmen versuchten, wenn es noch so
viel Weizen habe, um sein Vieh damit zu füttern, und so viel
Fleisch zu essen, daß sie es über die Mauer würfen, und sie
bereiteten sich zum Abzug. Doch ,,unchierico fanciullo“, ein
junges Mönchlein, das zufällig auf die Mauer kam, sprach
zu gewissen Goten, und in seiner großen Einfalt verriet er
die äußerste Not der Stadt und daß man darin vor Hunger
stürbe. Als sie so die List des heiligen Bischofs erkannten,
trieb das die wilden Goten zur Raserei. Sie liefen mit
großem Lärm zu den Waffen, griffen mit wunderbarer
Heftigkeit die verlassenen Mauern an und überwältigten die
erschöpften Peruginesen. Als man Totilas befragte, was
mit dem Bischof geschehen solle, sagte er: „Schneidet ihm
vom Scheitel bis zur Sohle einen Streifen Fleisches aus dem
Leibe und köpft ihn dann; die Einwohner, die ihr findet, laßt
über die Schärfe euerer Schwerter springen!“ So geschah es
und man warf Haupt und Körper des Märtyrers über die
Mauer, dorthin, wo sich nun die Kirche des Heiligen erhebt,
und dort blieben sie liegen, bis fromme Leute, von Mitleid
bewegt, sie neben dem Leichnam eines Kindes, — manche
sagen, des „fanciullo chierico“, — begruben. Als nach
vierzig Tagen Totilas den geflohenen Einwohnern die Rück-
kehr gestattete, suchten sie eifrig nach dem Leib des from-
men Bischofs, um ihn würdig beizusetzen. Den Körper des
toten Kindes fanden sie verwest und voller Würmer, den
Leichnam des Heiligen unversehrt, das Haupt wieder mit
dem Rumpf vereinigt, und nicht Wunde noch Mal, als habe
je ein Messer diesen Leib berührt. Da trugen die Bürger
hocherfreut den ehrwürdigen Leichnam Ercolanos mit Hym-

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