Namen schon anzeigen, über eine rein altphilologischen Fragestellung hinaus zu einer aktuellen
Problematik, ohne allerdings unmittelbar die Aufgaben von Schule und Unterricht zu berühren.
,,Platon ist kein Christ, und daher haben seine Jenseitsmythen keinen dogmatischen, sondern nur
appellativen Rang; sie sollen seine philosophischen Überlegungen stützen, können sie aber nicht
ersetzen. Die Ethik muß also anders begründet werden. Vor derselben Schwierigkeit steht die
heutige säkulare Ethik -... Sehen wir uns nun neuere ethische Versuche an, so fällt manches auf,
was uns an Platon denken läßt. Zunächst einmal darf man, wenn heute von Diskurs die Rede ist,
an Platons Glauben an den dialogischen Erkenntnisprozeß, an seine Dialektik denken. ... Auch
wenn man vorsichtig ist und wie Habermas auf die ,Letztbegründung' verzichtet und statt dessen
dem Diskurs nur normenprüfende Qualität zugesteht, drängt sich der Gedanke auf, daß es sich
dann auch bei Platon um einen postkonventionellen Denker handelt; ... Und noch zum ,Prinzip
Verantwortung'. Wenn wir die Selbstausrottung der Menschheit durch eine neue Ethik verhin-
dern wollen, ist das nicht ganz leicht; ... Wenn ich bei Jonas lese, daß wir ,der Idee des Men-
schen' verantwortlich sind, ,die eine solche ist, daß sie die Anwesenheit ihrer Verkörperungen in
der Welt fordert', dann steckt darin echter Platon, wenn auch angewendet auf ein zweifelhaftes
Objekt".
Das MitteiJungsbiatt des Landesverbandes Hessen 2/1990 bringt u.a. den von A. BAUER auf
dem Hamburger Altphilologenkongreß gehaltenen Vortrag zum Abdruck:,,Englisch und Latein -
die Fundamentalsprachen des Gymnasiums". Da etwa 75 % der Gymnasialschüler mit Englisch
als erster Fremdsprache beginnen, sollte der Lateinunterricht viel bewußter nicht nur an die Vor-
kenntnisse im Bereich des Wortschatzes, sondern auch hinsichtlich der Grammatik anknüpfen.
„Infolge der historischen Entwicklung hat das heutige Englisch mehrere prägende Latinisierungs-
phasen durchlaufen, die seine Grammatik ... an lateinischen Strukturen ausgerichtet haben; die-
se Strukturen sind im Englischunterricht in aller Regel bereits behandelt, wenn sie der Lateinleh-
rer häufig in Unkenntnis dieses Sachverhaltes dann erneut einführt, meist auch ohne Hinweis
darauf, welchem ,Spender' das Englische die den aufgeweckten Schüler oft schon irgendwie'
bekannt anmutenden grammatischen Strukturen verdankt." In einer übersichtlich geordneten
Synopse sind Vergleichsphänomene zusammengestellt, die in der Regel in allen in Deutschland
eingeführten Englisch-Lehrbüchern in E 1 bereits behandelt worden sind, wenn sie in den Lehr-
werken für L 2 zum ersten Mal Vorkommen. „Neben der sprachhistorisch bedingten Vergleich-
barkeit der einzelnen Beispiele war bei der Auswahl v. a. der unterrichtspraktische Nutzen der
Parallelbeispiele ausschlaggebend." - Heft 3 steht größtenteils im Zeichen der Berichterstattung
über den Schülerwettbewerb „Alte Sprachen" in Hessen und den Bundeswettbewerb „Latein".
Im Geleitwort der Herausgeber heißt es: „Die erfreuliche Beteiligung und die guten Ergebnisse,
die jeweils dabei erzielt wurden, zeigen ein stabiles, wenn nicht steigendes Interesse und Freude
an der Beschäftigung mit den alten Sprachen." - Das Heft wird abgeschlossen durch einen Bei-
trag von A. FRICEK „Gedanken zu Ovids Metamorphose ,Niobe' (Met. VI 146-312) - Eine gegen-
wartsbezogene Interpretation". Es geht dem Autor in 8 Punkten um „eine Zusammenstellung,
welche nützlichen Lehren der Schüler durch die Interpretation dieses Textes ziehen kann." Aus
Lehre Nr. 6: „Allein der Umstand, daß sie (Niobe) eine Tantalostochter ist, genügt Latona, sie als
das unerfreuliche Ebenbild ihres Vaters zu zeigen. Daß sich ein solches Vorurteil verhängnisvoll
auswirken kann, beweisen die verbrecherischen Verfolgungen während der gräßlichen Zeit des
Nationalsozialismus, da allein die Tatsache, Zigeuner oder Jude zu sein, ausreichte, um a priori
als ,minderwertig' zu gelten." Nun ja, omne s/m//e c/aud/cat.
101
Problematik, ohne allerdings unmittelbar die Aufgaben von Schule und Unterricht zu berühren.
,,Platon ist kein Christ, und daher haben seine Jenseitsmythen keinen dogmatischen, sondern nur
appellativen Rang; sie sollen seine philosophischen Überlegungen stützen, können sie aber nicht
ersetzen. Die Ethik muß also anders begründet werden. Vor derselben Schwierigkeit steht die
heutige säkulare Ethik -... Sehen wir uns nun neuere ethische Versuche an, so fällt manches auf,
was uns an Platon denken läßt. Zunächst einmal darf man, wenn heute von Diskurs die Rede ist,
an Platons Glauben an den dialogischen Erkenntnisprozeß, an seine Dialektik denken. ... Auch
wenn man vorsichtig ist und wie Habermas auf die ,Letztbegründung' verzichtet und statt dessen
dem Diskurs nur normenprüfende Qualität zugesteht, drängt sich der Gedanke auf, daß es sich
dann auch bei Platon um einen postkonventionellen Denker handelt; ... Und noch zum ,Prinzip
Verantwortung'. Wenn wir die Selbstausrottung der Menschheit durch eine neue Ethik verhin-
dern wollen, ist das nicht ganz leicht; ... Wenn ich bei Jonas lese, daß wir ,der Idee des Men-
schen' verantwortlich sind, ,die eine solche ist, daß sie die Anwesenheit ihrer Verkörperungen in
der Welt fordert', dann steckt darin echter Platon, wenn auch angewendet auf ein zweifelhaftes
Objekt".
Das MitteiJungsbiatt des Landesverbandes Hessen 2/1990 bringt u.a. den von A. BAUER auf
dem Hamburger Altphilologenkongreß gehaltenen Vortrag zum Abdruck:,,Englisch und Latein -
die Fundamentalsprachen des Gymnasiums". Da etwa 75 % der Gymnasialschüler mit Englisch
als erster Fremdsprache beginnen, sollte der Lateinunterricht viel bewußter nicht nur an die Vor-
kenntnisse im Bereich des Wortschatzes, sondern auch hinsichtlich der Grammatik anknüpfen.
„Infolge der historischen Entwicklung hat das heutige Englisch mehrere prägende Latinisierungs-
phasen durchlaufen, die seine Grammatik ... an lateinischen Strukturen ausgerichtet haben; die-
se Strukturen sind im Englischunterricht in aller Regel bereits behandelt, wenn sie der Lateinleh-
rer häufig in Unkenntnis dieses Sachverhaltes dann erneut einführt, meist auch ohne Hinweis
darauf, welchem ,Spender' das Englische die den aufgeweckten Schüler oft schon irgendwie'
bekannt anmutenden grammatischen Strukturen verdankt." In einer übersichtlich geordneten
Synopse sind Vergleichsphänomene zusammengestellt, die in der Regel in allen in Deutschland
eingeführten Englisch-Lehrbüchern in E 1 bereits behandelt worden sind, wenn sie in den Lehr-
werken für L 2 zum ersten Mal Vorkommen. „Neben der sprachhistorisch bedingten Vergleich-
barkeit der einzelnen Beispiele war bei der Auswahl v. a. der unterrichtspraktische Nutzen der
Parallelbeispiele ausschlaggebend." - Heft 3 steht größtenteils im Zeichen der Berichterstattung
über den Schülerwettbewerb „Alte Sprachen" in Hessen und den Bundeswettbewerb „Latein".
Im Geleitwort der Herausgeber heißt es: „Die erfreuliche Beteiligung und die guten Ergebnisse,
die jeweils dabei erzielt wurden, zeigen ein stabiles, wenn nicht steigendes Interesse und Freude
an der Beschäftigung mit den alten Sprachen." - Das Heft wird abgeschlossen durch einen Bei-
trag von A. FRICEK „Gedanken zu Ovids Metamorphose ,Niobe' (Met. VI 146-312) - Eine gegen-
wartsbezogene Interpretation". Es geht dem Autor in 8 Punkten um „eine Zusammenstellung,
welche nützlichen Lehren der Schüler durch die Interpretation dieses Textes ziehen kann." Aus
Lehre Nr. 6: „Allein der Umstand, daß sie (Niobe) eine Tantalostochter ist, genügt Latona, sie als
das unerfreuliche Ebenbild ihres Vaters zu zeigen. Daß sich ein solches Vorurteil verhängnisvoll
auswirken kann, beweisen die verbrecherischen Verfolgungen während der gräßlichen Zeit des
Nationalsozialismus, da allein die Tatsache, Zigeuner oder Jude zu sein, ausreichte, um a priori
als ,minderwertig' zu gelten." Nun ja, omne s/m//e c/aud/cat.
101