24
Meggendorfer-Blätter, München
Der neue Sprengstoff
Lerr Ratschke, Privatier, bekannt ringsum,
Lat einen Freund im Ministerium,
And der erzählt ihm eines Tags brühwarm
Den allerschönsten Kriegsalarm,
Von einem Sprengstoff, einem fulminanten,
Der übertreffe alle die bekannten
And selbst die stärkste Festung glatt rasiere,
Den man indeffen erst noch ausprobiere
And, ob er's auch aus guter Quelle wisse,
Die Sache noch Geheimnis bleiben müsse.
Die strengste Diskretion sei zu bewahren,
And niemand dürste man es offenbaren.
Lerr Ratsche schwört's. Dann treibt es ihn von dannen.
Kaum kann er eine innre Anruh bannen.
Welch eine Neuigkeit, wie groß, wie wichtig.
And nicht erfunden, nein, 's ist klar u»d richtig.
Denn solch ein Mann vom Ministerium
Erzählt doch nichts, wenn er nicht weiß, warum.
And in ihm wogt's wie gärende Gewalten;
Es will heraus, was drinnen festgehalten,
And vorwärts eilt er mit erregter Miene,
Als hält' im Leib er eine Dampfmaschine.
Da naht Lerr Kleemann, Freund und Sangesbruder.
„Sieh da, Lerr Ratschke! Na, Sie kleenes Luder,
Nichts Neues? Äe, Sie sehn mir grad so aus.
Nur 'raus damit! Frisch von der Leber, 'raus!"
Schon will Lerr Ratschke — ach es drückt ihn sehr,
Jedoch er schwor. Lier gilt es seine Ehr',
And krampfhaft Preßt die Land er auf den Mund,
And keinen Laut, nicht einen gibt er kund.
And weiter rennt er, doch, o, Ironie,
Noch nie traf er so viel Bekannte, nie,
Als grade heut, und keinem dars er sagen,
Was ihn zum Leld gemacht in diesen Tagen
Mit solcher Nachricht. Und in weitem Bogen
Lat seinen Freunden er stch stets entzogen.
Doch fühlt er wohl, so kann's nicht weitergehen!
Schon fängt sich an sein armer Leib zu blähen.
Es treibt ihn auf wie einen Lustballon
And wächst zur riesenhaften Dimension.
Nicht länger kann er das Geheimnis halten,
Zu mächtig sind die inneren Gewalten;
Es muß heraus, muß Luft sich schaffen, Luft,
And plötzlich hört man, wie es knallt und pufft.
Meggendorfer-Blätter, München
Der neue Sprengstoff
Lerr Ratschke, Privatier, bekannt ringsum,
Lat einen Freund im Ministerium,
And der erzählt ihm eines Tags brühwarm
Den allerschönsten Kriegsalarm,
Von einem Sprengstoff, einem fulminanten,
Der übertreffe alle die bekannten
And selbst die stärkste Festung glatt rasiere,
Den man indeffen erst noch ausprobiere
And, ob er's auch aus guter Quelle wisse,
Die Sache noch Geheimnis bleiben müsse.
Die strengste Diskretion sei zu bewahren,
And niemand dürste man es offenbaren.
Lerr Ratsche schwört's. Dann treibt es ihn von dannen.
Kaum kann er eine innre Anruh bannen.
Welch eine Neuigkeit, wie groß, wie wichtig.
And nicht erfunden, nein, 's ist klar u»d richtig.
Denn solch ein Mann vom Ministerium
Erzählt doch nichts, wenn er nicht weiß, warum.
And in ihm wogt's wie gärende Gewalten;
Es will heraus, was drinnen festgehalten,
And vorwärts eilt er mit erregter Miene,
Als hält' im Leib er eine Dampfmaschine.
Da naht Lerr Kleemann, Freund und Sangesbruder.
„Sieh da, Lerr Ratschke! Na, Sie kleenes Luder,
Nichts Neues? Äe, Sie sehn mir grad so aus.
Nur 'raus damit! Frisch von der Leber, 'raus!"
Schon will Lerr Ratschke — ach es drückt ihn sehr,
Jedoch er schwor. Lier gilt es seine Ehr',
And krampfhaft Preßt die Land er auf den Mund,
And keinen Laut, nicht einen gibt er kund.
And weiter rennt er, doch, o, Ironie,
Noch nie traf er so viel Bekannte, nie,
Als grade heut, und keinem dars er sagen,
Was ihn zum Leld gemacht in diesen Tagen
Mit solcher Nachricht. Und in weitem Bogen
Lat seinen Freunden er stch stets entzogen.
Doch fühlt er wohl, so kann's nicht weitergehen!
Schon fängt sich an sein armer Leib zu blähen.
Es treibt ihn auf wie einen Lustballon
And wächst zur riesenhaften Dimension.
Nicht länger kann er das Geheimnis halten,
Zu mächtig sind die inneren Gewalten;
Es muß heraus, muß Luft sich schaffen, Luft,
And plötzlich hört man, wie es knallt und pufft.