Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
11


Zeitschrift für Humor und Kunst


Adams Droschkenfahrt

war so traurig darüber, daß ich vergaß, Adam
die Frage nachzurufen, wovon er denn eigent-
lich jene Droschke bezahlt habe. Denn er be-
hauptete doch, gänzlich ohne Barmittel ge-
wesen zu sein. Das war merkwürdig. Nun,
vielleicht hatte ihn der Droschkenkutscher ge-
kannt. Aber nein, das war kaum anzunehmen.

Wenn ihn der Kutscher gekannt hätte, wäre
er zu der Fahrt vielleicht erst nach Erlegung
eines entsprechenden Vorschusses bereit ge-
wesen.-

Am zwölf Ahr mittags etwa war es ge-
wesen, daß Adam mich mit den ergatterten
zwanzig Mark heiter verlaffen hatte. Am sieben
Uhr abends besuchte er mich wieder, — ein
geschlagener Mann. Geknickt war er und wü°
tend dabei und bot ein trauriges Bild dar.

„Das Geld ist fort, dahin, futsch!" rief er
mir in schöner Steigerung entgegen.

Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß
nrich das ganz und gar nichts anginge. Mir
gegenüber hätte er jedenfalls für das Geld und
andere, ihm geliehene Summen, ganz gleich,
wie schnell sie futsch gewesen wären, einzustehn
und aufzukommen. Wenn auch nicht gleich
und auch nicht bald, so doch irgend eines Tages,
und wenn dieser Tag auch jetzt noch in der
Ferne läge, einmal würde er doch sicher kommen.

Na ja, das wüßte er, meinte Adam, aber
darum handelte es sich augenblicklich gar nicht.

Er wollte nur mein Mitgefühl anrufen, denn
eine Gemeinheit wäre an ihm verübt worden.

Eine Bande von Gaunern hätte ihm das Geld
abgejagt. Die ganze Clique von seinem Stamm
lisch im Kaffeehause wäre das gewesen, der
Eggers, von dem er mir schon erzählt habe,
der Dichter Äooge, der Alfred Sterly, der
Gatermann und der dicke Barduhn. Ruchlos
beschwindelt hätten sie ihn, und jetzt würden
sie dasitzen und ein Löllengelächter aus seine Anbedacht
Kosten anstimmen. Er gäbe freilich zu, daß
auf seine Kosten zu lachen gegenwärtig das
einzige wäre, was andern Leuten möglich wäre,
da er für sonstige Kosten ja nicht zu haben
wäre. Aber was sie ihm angetan hätten,
wäre geradezu teuflisch gewesen. Das würde auch ich zu-
geben müffen, wenn ich die Geschichte gehört hätte.

Also paffen Sie auf! Ich erzählte Ihnen doch schon,
daß ich heute vormittag diesen Menschen, den Eggers, auf-
suchen wollte, um Geld von ihm zu erheben. Zu diesem
Zweck mietete ich mir ein Gefährt, das mit einem Fahr-
preisanzeiger versehen war, den man gemeinhin Taxameter
zu nennen pflegt. So, die Droschke hatte ich auch schon
erwähnt? And Sie haben sich gewundert, wie ich sie be-
zahlt habe? Man setzt sich nicht in eine Droschke, wenn
man keinen Pfennig Geld in der Tasche hat, meinen Sie.
Aber ich bitte: ich habe mich natürlich auf Kredit in das
Fuhrwerk gesetzt. Tlnser ganzes modernes Wirtschastsleben
baut sich doch auf dem Kredit auf. Wenn der Kredit nicht
wäre, würde alles sofort still stehn, das können Sie meiner
in dieser Linsicht sehr großen nationalökonomischen Erfah-
rung glauben.

Die Wahrheit zu sagen: ich erwartete natürlich, Eggers
zu Äause zu treffen. Daß er dann auch Geld herausrücken

am

„Lier zwischen meinen Antiquitäten fühle ich mich immer
glücklichsten!"

„Wohl alles Iugenderinnerungen, gnädiges Fräulein?"

würde, war meine zweite und zweifellos sicherer begründete
Erwartung. Leider erfüllte sich, wie Sie wiffen, die erste
nicht, und damit schlug auch die zweite sehl. Ich hatte selbst-
verständlich von dem zu erwarteuden Gelde die Droschke be-
zahlen wollen. Das ging nun nicht, und während ich die Trep-
pen etwas niedergeschlagen wieder hinunterstieg, überlegte ich,
wie ich mit dem Kutscher zu einer, wenn auch nicht für beide
Teile, so doch wenigstens für mich angenehmen Einigung
gelangen könnte. Als ich aber aus dem Äause trat, bot sich
meinen Augen ein unsympathisches Bild: der Kutscher unter-
hielt sich gerade sehr freundschaftlich mit einem Schutzmann.
Ich trug also gerechtfertigte Bedenken, ihm die Eröffnung
zu machen: „Äören Sie mein Lieber, ich habe keinen Pfen-
nig Geld bei mir!" In die notwendig daran sich anschließende
Debatte hätte er dann vielleicht den Schutzmann hineinge-
zogen, und dazu hatte ich keine Lust. Schutzleute sind Beamte,
und Beamte stehen dem Wirtschaftsleben zu fern, als daß
sie ein tieferes Verständnis für die bereits erwähnte Not-
wendigkeit des Kredits haben könnten. Der Mann hätte
 
Annotationen