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Zeitschrift für Humor und Kunst

Z 27

i5.

— „I kriag glei zwoa Maß, weil i an derschoffenen Laxen
hab und mi an a sitzende Lebensweise g'wöhnen muaßl"

Die Dorfstrategen

Wolter war beruhigt.

„Denn ligt Ypern ja en
gallich End von uns af."

„Ia,wi sünd hier seker,"
erklärte Plückhahn stolz.

„Ia, dat segt ji so,"
meinte aber der Krüger,

„kiekt, hier is de Ostsee,
un wenn de Engländer hier
bi Kopenhagen vörbiführt,
denn is hei swapp dor
un beschütt uns."

„Ne, so geiht dat nich,"
wandte Kosahl ein, „uns'

Kriegsschep laten em nich
dörch. Denn legt de Kaiser
sik dwaß dorvör."

„DeKaiser hettdeFlott
oewer nich, dat hew ik
lest," berichtigte der Wirt.

„So,wer hett sei denn?"
sragte Plückhahn.

„Admiral Köster, dat
is 'n Sweriner."

„Ja, so is't," bestätigte
Kofahl, „de Kaiser kum-
mandiert in 'n Westen, un
Kindenburg in 'n Osten."

„Is Lindenburg ok 'n
Meckelborger?" fragte
Prüßmann.

„Dat glöw ik nich."

Da meinte Prüßmann
treuherzig: „Dat wunnert
mi."

Nun rief der Schneider
aber zur Sache und ver-
las den Leeresbericht wei-
ter. Auch Arras und Reims
fanden sie, besonders mit Kofahls Äilfe, der des Schusters
Brille als Vergrößerungsglas benuhte. Dann kam der
östliche Kriegsschauplatz.

Libau.

„Lurra, dor ligt dat!"

Der Schmied hatte anscheinend am meisten geo-
graphisches Gefühl in den Augen. Nun aber Frauenburgl
Nicht zu finden. Als Prüßmann jedoch Zweisel an der
Güte der Karte zu äußern wagte, wurde Plückhahn bei-
nahe grob. Liermit waren sie jedoch schon wieder vom
Leeresbericht abgekommen.

Wolter hatte für die Karte schon lange kein Jnteresse
mehr. Er benutzte die Gelegenheit, um das Gespräch auf
ein anderes Gebiet zu lenken, indem er sagte:

„In Rußland bugen sei je woll bannig vel Weiten!"

„Ia, un drücken uns de Priese," bestätigt der Krüger.

„Äebben sei eigentlich ok 'n Kaiser?" erkundigte Prüß°
mann sich.

Da wußte der Krüger aber Bescheid: „I, wat sullen
lei nich, de heit . . ., de heit. . ., je wo heit hei man
noch . . . ik hew den Nam doch körtens lest, nu is hei mi
oewer wedder ganz ut 'n Kund kamen, de heit... ach so,
Nikolaus Nikolauswisch."

„Snakschen Nam!" brummte Kofahl.

„Du sullst em eigentlich weiten, Schauster," rügte

Plückhahn die Llnkenntnis Prüßmanns, „dor kümmt doch
dat russisch Ledder her. Oewer so wat verarbeitst du
natürlich nich, du nimmst Schapledder un Pierdledder, un
dat Tügs ritt ümmer."

„So? Lew ik nich de Fru Baronin verleden Iohr 'n
poor feine Schau makt? Le?"

„Ia, doch nahst hett s'sik Likdürn un Quesen anlopen
un humpelt, un Sahlen wir 'n dorünner, twei Finger dick."

Der Schuster war tief gekränkt. Er trank sein Bier
aus und bestellte sich ein neues und zur Beruhigung einen
großen Kümmel dazu. Die anderen desgleichen.

Der Schneider erinnerte an den Leeresbericht. Nun
kam die Bzura an die Reihe. Das Suchen überließen sie
dem Schmied, dessen Finger aber krampfhast aus Peters-
burg zu marschierten und einen schwarzen Strich hinter
sich ließen.

Die andern aber wandten ihr Gespräch wieder näher
liegenden Dingen zu.

„De Tüsten warden nu ok al düer," begann Wolter.

„Sünd ok al bannig ror," bestätigte Prüßmann.

„Lal dien man ut de Miet rut, Wolter!" rief Kosahl
vom finnischen Meerbusen her. „Du hest noch nog."

„Ia, un die Zeitungen schrieben," meinte der Krüger,
„nu sall jeder angewen, wovel hei noch hett, un denn will
de Großherzog de all upköpen."
 
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