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Zeitschrift für Humor und Kunst 59

Das verlorene Herrle (eine Polizeihundgeschichte)

Lugh und Dennis Kinroß
sich Onkel Robin, der
gleichfalls ein hübsches
Vermögen hatte, das er
Lugh hinterlassen wollte.

Wissen Sie, Sir, — die
beiden konnten sich da-
mals nicht ausstehn;
schlimmere Feinde waren
sie, als jetzt unsere beiden
Länder es sind. Früher
waren sie gute Freunde
gewesen, aber dann hat-
ten sie einmal einen
kleinen Streit bekommen,

— ich glaube, weil Onkel
Tobys Äund die Katze
von Onkel Robin ge-
biffen haben sollte. Onkel
Toby behauptete aber,
die Kahe hätte angefan-
gen und sein Lund sich
nur in berechtigter Rot-
wehrbefunden. DieSache
hätte in aller Freund-
schaft beigelegt werden
können, wenn nicht die
Advokaten sie zwischen
ihre dreckigen Finger be-
kommen hätten. Die
Kerle sind wie derTeufel:
mit den Fehlern der
Menschen machen sie ihr
Geschäft. Richtig, sie
brachten es auch so weit,
daß Onkel Toby und
Onkel Nobin einander
am liebsten die Äälse um-
gedreht hätten. Sehen
Sie, Sir, deshalb hatten
meine Eltern auch ge-
waltige Angst gehabt vor
der Taufe. Geld hatten
die beiden, und deshalb
sollten sie auch beide Pa-
ten sein. Aber bei ein
und demselben Kind?

Zerriffen hätten sie das
Kind. Oder sie wären
überhaupt nicht gekorn-
men. Sie können sich gar
nicht vorstellen, Sir, wie froh meine Eltern waren, als
wir dann zu zweien ankamen. Nun hatte doch jeder Onkel
seinen besonderen Neffen.

„Der die Nadel im Kleidchen hat, ist Äugh," sagte
meine Mutter. Ia, aber da war keine Nadel zu finden.
Onkel Toby und Onkel Robin rasten vor Wut. Mein
Vater suchte sie zu beruhigen. Das wäre ja ganz egal,
meinte er; jeder sollte sich eben jetzt einen Iungen aus-
suchen und ein Zeichen an ihrn machen, eine Kerbe ein-
schneiden oder dergleichen. Aber davon wollten sie nichts
wiffen, und schirnpfend zogen sie ab. Gleich vor der Tür
vertrugen sie sich — nur aus Aerger über rneine Eltern.
Das komrnt ja oft vor, daß zweie Frieden machen, weil
sie mit einem Dritten in Unsrieden geraten, nicht nur bei

den Menschen, auch bei den Völkern. Also, Onkel Toby
und Onkel Nobin wurden wieder die besten Freunde. Sie
zogen sogar zusammen, und jeder gab sein Geld in eine
Nentenanstalt, rrnd dadurch haben sie ganz herrlich gelebt,
bis sie starben. Aber dann war auch das Geld — wie sagt
doch der Äerr Anteroffizier? — dann war das Geld futsch,
und Lugh bekarn keinen Penny, was sehr recht war, und

ich bekarn auch keinen Penny, was sehr unrecht war.-

Wir kriegten nun jeder ein Arrnbändchen umgebunden.
An dem einen Arrnband baurnelte ein §)erz, — das war
Lugh sernes; an dem andern war eine Kugel, — das war
meines. Ach ja, Sir, so war es damals. Ietzt aber hat
Äugh kein §>erz gehabt, und eine Kugel verdiente er, eine
von euren verdammt vielen Kugeln. Jch weiß gar nicht.
 
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