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78

Meggendorfer-Blätter, München

Nr. 129)

Der Fall Berlett

Am Morgen des Fünfzehnten war alles beim alten,
und Berlett versteifte sich jetzt gerade daraust es dem Lack
an Geduld gleichzutun. Der Abend des Fünfzehnten fand
ihn in derselben Ecke und in der Nacht auf den Sech-
zehnten stieß er wahrscheinlich Wutschreie aus, dieselben,
von denen ein Knabe gesprochen haben soll.

Am Siebzehnten endlich erkannte Berlett, daß hier
mit Prinzipien nichts auszurichten sei, und er entschloß sich,
den Rückzug anzutreten, wenn auch der schöne Anstrich be-
sudelt werden mochte. Aber schon der erste Schritt mußte
ihm die surchtbare Gefahr gezeigt haben, in der er sich be-
sand; die Zähigkeit des trocknenden chinesischen Lacks fesselte
ihn an den Boden, und Berletts verzweifelte Anstrengungen
zeitigten kein anderes Resultat, als daß er ungefähr in der
Mitte des Raumes der Länge nach hinstürzte um jeht erst
recht angekettet zu sein.

Nun kommen zwei Amstände hinzu, die es ihm un-
möglich machten, den Weg bis zur rettenden Tür dennoch
zurückzulegen — denn auch die größte Klebkraft hat ihre
Grenzen, und Berlett war gewiß keine Fliege.

Berlett war sehr geschwächt durch die Nachtwachen
und das Fasten der letzten Tage, und die Litze jener Tage
entwickelte eine lebhaftere Ausscheidung flüchtiger Gase
aus dem Lack, der zweifellos viel Aether und ähnliche be°
täubende Substanzen enthält; die Anbeweglichkeit der
äußeren Atmosphäre — es war so windstill, daß ich mich
noch genau daran erinnere — verhinderte ein rasches
Entweichen dieser schädlichen Gase durch das eine offene
Fenster — und dies alles wirkte zusammen, sodaß Berlett
halb ohnmächtig liegen blieb, kaum kräftig genug, laute
Seuszer auszustoßen. Dies erklärt die Aussage eines Kut-
schers, er habe Lerrn Berlett singen hören.

Llnter diesen Llmständen dürfte Berletts Tod noch vor
dem Zwanzigsten erfolgt sein, zumal der fortschreitende
Trockenprozeß ihn immer fester an den Boden kettete, so
daß ihm auch die letzte Verzweiflungskrast nicht mehr
helfen konnte. Die Äitze beschleunigte die Verwesung und
der Zeitpunkt stimmt mit dem Auftauchen des Fliegen-

schwarmes überein. Ebenso stimmt die Meldung der Miß
Cliffington von dem Erscheinen eines schwarzen Vogels,
eines Raben, wie die Antersuchung ergab; die zwei leer°
stehenden Wohnungen veranlaßten den Vogel, sichs bequem
zu machen und seine Familie mitzubringen. Nahrung
lieferte Bob Berlett in eigener Person.

Ein Amstand indeß bleibt in gewißer Linsicht un-
aufgeklärt: ein schwerer Schrank stand abseits von der
Mauer, und ich glaube kaum, daß Lerr Berlett die Kraft
besessen hat, ihn von seinem Standpunkt wegzubringen.
Angenommen, er hätte es doch getan — warum sind dann
alle andern Schränke an Ort und Stelle? Die Lösung
dieser Frage ist jedoch bedeutungslos hinsichtlich des Aus-
gangs dieser Angelegenheit: denn der verschobene Schrank
war keine Arsache in der Aufeinanderfolge der Wirkungen,
die ich hier darzustellen bemüht war, und ich habe das
Glück, mich in allen Fällen, die ich bearbeite, lediglich nur
mit der Lauptsache zu beschäftigen. Charakteristisch ist
endlich das Verhalten der Raben: Die Kleidungsstücke
des Kerrn Berlett sind fast völlig unversehrt — und
dennoch beschäftigten sich die Tiere so angelegentlich mit
seiner Person; es sind eben gescheite und geschickte Tiere,
die nichts verletzen, was außerhalb ihrer Intereffen liegt.

Es sei mir gestattet, auf die vortreffliche Äaltung der
beteiligten Bürger dieser freien Stadt hinzuweisen: sie
haben die freien Bürgerrechte Lerrn Berlelts nicht im
Geringsten zu schmälern gesucht, und das ist viel in einem
solchen Falle. Diese Bürger lobe ich von Lerzen, und ich
wüßte niemanden, der konsequenter zu handeln versteht.
Als §>err Berlett lästig zu fallen begann — ich erinnere
an den ungezahlten Zins und an das sremde Geflügel in
Lundregors Wohnung — sie gaben allerdings ihre ur-
sprüngliche Zurückhaltung auf — doch dies verdient das
gleiche Lob, wie ihr Benehmen zu Anfang: in beiden Fällen
verloren sie ihr Interesse nicht aus dem Auge — und die
Zeitungen, die hie und da etwas zu bemängeln hatten, sollen
vorerst einmal mit dem Studium derjenigen bürgerlichen
Eigenschaften beginnen, die dem Menschen zu seinem Fort-
kommen behilslich sind."

8MM


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ckauepnckem Hustencheginnencksi'
InfluenLa necüt^eiti^ genominen,
beuyt sclivveeei'n KrunkUeiten vor.

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