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Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München
Münchner Landsturmmann: „Dös hält' r net glauvt, oay
i amal nüchtern auf der Oktoberwiesen umeinander kriech."
Die nationale Würde
In Bukarest wurden kürzlich einige Fensterscheiben des
deutschen Gesandschaftsgebäudes eingeworfen. Die Polizei
nahm die Täter fest; es waren Mitglieder des rumänischen
„Verbandes für nationale Würde".
Dieser Verein hat in der letzten Zeit überhaupt eine
sehr eifrige Tätigkeit entfaltet. In einer Ausschußsitzung
wurde letzthin Bericht erstattet über einige llnternehmungen,
die besonders geeignet schienen, die nationale Würde
aufrechtzuerhalten.
Der Vorsitzende, Lerr Bibicescu, eröffnete die Sitzung
mit einem Äoch auf die Ententemächte. Er krächzte etwas
dabei: „Ich bin nämlich furchtbar heiser, meine Äerren,"
erklärte er. „Aber diese Leiserkeit macht mir Freude; ich
habe sie mir zugezogen, als ich gestern für unsere nationale
Würde tätig war. Drei Stunden lang habe ich vor der
österreichisch-ungarischen Gesandtschaft gestanden, und sowie
sich an einem der Fenster irgend ein Kopf blicken ließ, habe
ich die Zunge ausgestreckt. Da gerade ein scharfer Wind
wehte, habe ich mir den Schlund erkältet. Aber das macht
nichts, — es ist ja nicht ausgeschlossen, daß der Gesandte
selbst zum Fenster hinausgesehen hat. Er wird zittern; er
wird nach Wien berichten, daß Numänien seine Würde
wahren will."
Nufe: Bravo! Ein Glas Fliedertee, Kellner! Malz-
bonbons her für den Lerrn Vorsitzenden!-
Äerr Damianu: „Teure Freunde! Drücken Sie unserm
mannhaften Vorsitzenden die Land für sein nürdevolles
Benehmen! Drücken Sie ihm die Land auch für mich, —
ich selbst bin leider daran verhindert, da ich die rechte Land
im Verband trage, wie Sie sehen. Ich habe gestern in
zwanzig Kaffeehäusern die deutschen Zeitungen zerrifsen,
im einundzwanzigsten, Cafe Cionea, bewies der Oberkellner
fo wenig Gefühl für unsere Würde, daß er mich hinaus-
warf. Dabei habe ich mir die Land verstaucht."
Rufe: Pfui! Ein Skandal! Den Oberkellner ver-
hauen! — Es wird eine Kommission von zehn Mitgliedern
gewählt, die nach Schluß des Kaffeehauses dem Ober-
kellner mit Gummiknütteln auf-
lauern soll. Ein Zwischenruf:
Aber die Polizei! —
Äerr Schmusa: „Freunde und
Mitstreiter! Eben hab ich eine
Warnung vor der Polizei ver-
nommen. Wer wird so klein-
mütig sein! Darf die Angst vor
der Polizei uns in unserer er-
habenen Mission hindern, die
nationale Würde zu pflegen?
Bleiben Sie aufrecht, Freunde,
bleiben Sie alle so aufrecht wie
ich heute Abend. Sie haben sich
vielleicht gewundert, daß ich mich
gar nickt gesetzt habe. Das hängt
mit einer schmerzlichen Verlehung
zusammen, die ich mir heute
morgen im Dienste un'erer edlen
Sache zugezogen habe. Ich komme
an der bulgarischen Gesandtschaft
vorüber. Da steht der Portier
mit einer Zeitung und grinst.
Aha, denke ich, der Bursche freut
sich über das verräterische Ver-
halten seines Ländes. Er wird
schon noch weinen, wenn sich erst
die Kehrseite gezeigt hat. Das
kommt gewiß, denn alles hat eine
Kehrseite. And um dem Manne
das zu beweisen, zeige ich. ihm
meine eigene Kehrseite. Er hat
mir dann einen furchtbaren Tritt
gegeben, aber was schadet das;
er hat wenigstens eine Ahnung
von unserer nationalen Würde bekommen."
Rufe: Edler Märtyrer! Ein Luftkissen, Kellner, für
Lerrn Schmusa. — Aus der Vereinskaffe werden zwanzig
Lei bewilligt zur Besoldung von zwanzig Straßenjungen,
die vor der bulgarischen Gesandtschaft: Nieder mit Bul-
garien! schreien sollen.
Äerr Lumpeseu: „Ich habe einen herrlichen Gedanken
gehabt, meine Freunde. Zwei Dachshunde habe ich mir
gekauft, und den einen habe ich,Deutschland", den anderen
,Oesterreich' genannt."
Rufe: Bravo! Großartig! Welche Würde!
Äerr Lumpeseu: „Passen Sie auf, es kommt noch beffer.
Ich ging also mit diesen beidcn Äunden in die Lipscani —"
Rufe: Pfui! Straße umtaufen! Wir brauchen keine
Leipziger Straße!
DerVorsitzende:„Ruhe,meineÄerren!Wir könnenjanach
der Sitzung gleich hingehn und die Straßenschilder abreißen."
Lerr Lumpeseu: „Lören Sie also! In jener Straße,
deren Name der nationalen Würde ins Gesicht schlägt, nahm
ich, indes eine schaulustige Menge sich um mich sammelte,
die beideu Köter vor und habe sie hundserbärmlich ver-
droschen, wobei ich rief: ,Da Deutschland, da Oesterreich,
— da habt ihr eure Prügel!" —
Tosender Beifall. Äerr Lumpescu wird im Triumph
durch den Saal getragen und zum Ehrenmitglied ernannt.
Lerr Lumpeseu: „Tief bewegten Lerzens danke ich
Ihnen, teure Freunde, für Ihre Wertschätzung meiner
schwachen Bemühungen um unsere nationale Würde. Leider
muß ich erwähnen, daß ich nicht auf allseitiges Verständnis
traf. Als ich gerade im besten Prügeln war, kamen zwei
Damen daher, eine Iunge und eine alte. Die junge Dame
nannte mich einen gemeinen Tierquäler, und die alte haute
mir zwei furchtbare Ohrfeigen herunter."
Zischen, Pseifen, Wutschreie. Erst nach einer Viertel-
stunde legt sich der Lärm; die empörte Versammlung be-
schließt, an die gesamte ententefreundliche Presse des Landes
einen Artikel zu schicken: Würdeloses Verhalten rumäni-
scher Frauen. Plro
Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München
Münchner Landsturmmann: „Dös hält' r net glauvt, oay
i amal nüchtern auf der Oktoberwiesen umeinander kriech."
Die nationale Würde
In Bukarest wurden kürzlich einige Fensterscheiben des
deutschen Gesandschaftsgebäudes eingeworfen. Die Polizei
nahm die Täter fest; es waren Mitglieder des rumänischen
„Verbandes für nationale Würde".
Dieser Verein hat in der letzten Zeit überhaupt eine
sehr eifrige Tätigkeit entfaltet. In einer Ausschußsitzung
wurde letzthin Bericht erstattet über einige llnternehmungen,
die besonders geeignet schienen, die nationale Würde
aufrechtzuerhalten.
Der Vorsitzende, Lerr Bibicescu, eröffnete die Sitzung
mit einem Äoch auf die Ententemächte. Er krächzte etwas
dabei: „Ich bin nämlich furchtbar heiser, meine Äerren,"
erklärte er. „Aber diese Leiserkeit macht mir Freude; ich
habe sie mir zugezogen, als ich gestern für unsere nationale
Würde tätig war. Drei Stunden lang habe ich vor der
österreichisch-ungarischen Gesandtschaft gestanden, und sowie
sich an einem der Fenster irgend ein Kopf blicken ließ, habe
ich die Zunge ausgestreckt. Da gerade ein scharfer Wind
wehte, habe ich mir den Schlund erkältet. Aber das macht
nichts, — es ist ja nicht ausgeschlossen, daß der Gesandte
selbst zum Fenster hinausgesehen hat. Er wird zittern; er
wird nach Wien berichten, daß Numänien seine Würde
wahren will."
Nufe: Bravo! Ein Glas Fliedertee, Kellner! Malz-
bonbons her für den Lerrn Vorsitzenden!-
Äerr Damianu: „Teure Freunde! Drücken Sie unserm
mannhaften Vorsitzenden die Land für sein nürdevolles
Benehmen! Drücken Sie ihm die Land auch für mich, —
ich selbst bin leider daran verhindert, da ich die rechte Land
im Verband trage, wie Sie sehen. Ich habe gestern in
zwanzig Kaffeehäusern die deutschen Zeitungen zerrifsen,
im einundzwanzigsten, Cafe Cionea, bewies der Oberkellner
fo wenig Gefühl für unsere Würde, daß er mich hinaus-
warf. Dabei habe ich mir die Land verstaucht."
Rufe: Pfui! Ein Skandal! Den Oberkellner ver-
hauen! — Es wird eine Kommission von zehn Mitgliedern
gewählt, die nach Schluß des Kaffeehauses dem Ober-
kellner mit Gummiknütteln auf-
lauern soll. Ein Zwischenruf:
Aber die Polizei! —
Äerr Schmusa: „Freunde und
Mitstreiter! Eben hab ich eine
Warnung vor der Polizei ver-
nommen. Wer wird so klein-
mütig sein! Darf die Angst vor
der Polizei uns in unserer er-
habenen Mission hindern, die
nationale Würde zu pflegen?
Bleiben Sie aufrecht, Freunde,
bleiben Sie alle so aufrecht wie
ich heute Abend. Sie haben sich
vielleicht gewundert, daß ich mich
gar nickt gesetzt habe. Das hängt
mit einer schmerzlichen Verlehung
zusammen, die ich mir heute
morgen im Dienste un'erer edlen
Sache zugezogen habe. Ich komme
an der bulgarischen Gesandtschaft
vorüber. Da steht der Portier
mit einer Zeitung und grinst.
Aha, denke ich, der Bursche freut
sich über das verräterische Ver-
halten seines Ländes. Er wird
schon noch weinen, wenn sich erst
die Kehrseite gezeigt hat. Das
kommt gewiß, denn alles hat eine
Kehrseite. And um dem Manne
das zu beweisen, zeige ich. ihm
meine eigene Kehrseite. Er hat
mir dann einen furchtbaren Tritt
gegeben, aber was schadet das;
er hat wenigstens eine Ahnung
von unserer nationalen Würde bekommen."
Rufe: Edler Märtyrer! Ein Luftkissen, Kellner, für
Lerrn Schmusa. — Aus der Vereinskaffe werden zwanzig
Lei bewilligt zur Besoldung von zwanzig Straßenjungen,
die vor der bulgarischen Gesandtschaft: Nieder mit Bul-
garien! schreien sollen.
Äerr Lumpeseu: „Ich habe einen herrlichen Gedanken
gehabt, meine Freunde. Zwei Dachshunde habe ich mir
gekauft, und den einen habe ich,Deutschland", den anderen
,Oesterreich' genannt."
Rufe: Bravo! Großartig! Welche Würde!
Äerr Lumpeseu: „Passen Sie auf, es kommt noch beffer.
Ich ging also mit diesen beidcn Äunden in die Lipscani —"
Rufe: Pfui! Straße umtaufen! Wir brauchen keine
Leipziger Straße!
DerVorsitzende:„Ruhe,meineÄerren!Wir könnenjanach
der Sitzung gleich hingehn und die Straßenschilder abreißen."
Lerr Lumpeseu: „Lören Sie also! In jener Straße,
deren Name der nationalen Würde ins Gesicht schlägt, nahm
ich, indes eine schaulustige Menge sich um mich sammelte,
die beideu Köter vor und habe sie hundserbärmlich ver-
droschen, wobei ich rief: ,Da Deutschland, da Oesterreich,
— da habt ihr eure Prügel!" —
Tosender Beifall. Äerr Lumpescu wird im Triumph
durch den Saal getragen und zum Ehrenmitglied ernannt.
Lerr Lumpeseu: „Tief bewegten Lerzens danke ich
Ihnen, teure Freunde, für Ihre Wertschätzung meiner
schwachen Bemühungen um unsere nationale Würde. Leider
muß ich erwähnen, daß ich nicht auf allseitiges Verständnis
traf. Als ich gerade im besten Prügeln war, kamen zwei
Damen daher, eine Iunge und eine alte. Die junge Dame
nannte mich einen gemeinen Tierquäler, und die alte haute
mir zwei furchtbare Ohrfeigen herunter."
Zischen, Pseifen, Wutschreie. Erst nach einer Viertel-
stunde legt sich der Lärm; die empörte Versammlung be-
schließt, an die gesamte ententefreundliche Presse des Landes
einen Artikel zu schicken: Würdeloses Verhalten rumäni-
scher Frauen. Plro