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Die weite Mode
— „Nanu, du hast ja 'n ganz
modernes Kleid an?"
— „Das ist 'n abgelegtes von
meiner dicken Madam, modern
ist es erst bei mir geworden."
Der schöne Gewinn
Neulich besuchte uns Onkel
Spirgatis. Er hat ein kleines
Gut hinter Stallupönen. Früher
war es ein Mustergut, — mit
einem hübschen, freundlichen
Wohnhaus, trefflich gehaltenen
Ställen und Scheuern, modernen
Maschinen und was man sonst
noch verlangen konnte. Gegen-
wärtig freilich sieht es wohl
etwas unordentlich auf Onkel
Spirgatis' Besitzung aus, —
die Nussen sind auch bei ihm
gewesen.
Immerhin ist er noch ganz
gut weggekommen. „Viel kaput
haben die verdammten Schars-
kräten nich' gemacht," hat Onkel
Spirgatis erzählt. „Vloß die
Maschinen haben sie gestohlen,
da waren sie ganz verrückt hinterher
die verfluchte Bande aufgepackt, —
maschine, Dreschmaschine, reinweg
nachpfeifen. Alles muß ich mir neu
Aus diesem Grunde auch war
Onkel Spirgatis nach Berlin ge-
kommen. Sehr eilig hatte er es ge-
rade nicht mit seinen Anschaffungen.
„Man muß sich erst einmal ein bißchen
erholen nach all dem Iammer,"
meinte er. And deshalb ging er
fleißig in Berlin spazieren.
Eines Tages kam er begeistert
nach Lause. „Vernünftige Ideen
haben die Leute hier," erzählte er.
„Ietzt machen Sie da irgendwo im
Westen einen Bazar für landwirt-
schaftliche Äilfe in Ostpreußen. Na,
das gehört sich auch. Es ist auch
eine Lotterie dabei. Ich hab' mir
gleich zehn Lose gekauft. Kinder,
am Ende gewinne ich eine Maschrne
sür meine Oekonomie. Gut, daß ich
noch nichts angeschafft habe. Ietzt
wart' ich natürlich erst die Ziehung
ab."
Die Lotterie hatte nämlich keine
Geldgewinne; Gegenstände im Werte
von drei bis tausend Mark wurven
ausgelost. Die Ziehung sollte auf
dem Bazar stattfinden. Da wollte
Onkel Spirgatis aber nicht hingehn.
„Das ist mir da zu fein, Kinder,"
sagte er. „Aber eine Gewinnliste
müßt ihr mir gleich besorgen." —
Onkel Spirgatis bekam seine Liste.
Glück und Segen, — er hatte etwas
Kriegschrontk der Meggendorfer-Blätter, München
. Aber auch alles hat
Pflüge, Eggen. Mäh°
alles! Ieht kann ich
kaufen."
Globetrotter
gewonnen! „Nein, Kinder, so ein Schwein zu haben!
Schon lange hab' ich mir so ein Ding gewünscht. Denkt
doch bloß: Die Leute, die ich damit spare! !lnd die Zeitl"
„Ia, was hast du denn gewonnen, Onkel?"
Onkel Spirgatis wies die Ge-
winnliste vor. „Da, Kinder, — Num-
mer 1728 — ein Selbstbinder. So
ein Schwein zu haben! Mir ist so
ein Ding immer zu teuer gewesen,
und nun krieg' ich es ganz umsonst.
Na, oder doch höchstens um die zehn
Mark, die ich für die Lose ausgegeben
habe. So ein Schwein. Nächsten
Sommer müßt ihr zu mir kommen
und sehn, wie forsch das Luder bei mir
auf dem Feld herumklappern wird.
Das geht wie der Deiwel. Vorne
mäht es, und hinten packt es die
Lalme und bindet gleich die Garben
— alles fix und fertig. Ia, einen
Selbstbinder braucht der Landwirt
heutzutage. Ich werd' mal gleich
hingehen, ob ich das Diilg nicht an-
sehn. kann."-
Onkel Spirgatis kam betrübt
zurück. Er reichte mir ein kieines
Paket in Seidenpapier. „Da, ich
schenk' dir's, — ich kann's doch nicht
gebrauchen, muß immer 'ne Schnalle
hinten haben. 51nd so was nennt sich
landwirtschaftliche Lülfe!" —
Onkel Spirgatis hatte einen Ge-
winn im Werte von drei Mark ge-
macht. Aber für eine Mark fünfzig
hätte er sie überall kaufen können,
die schäbige Äalsbinde, den stoff-
mageren „Selbstbinder". Gedanensis
Die weite Mode
— „Nanu, du hast ja 'n ganz
modernes Kleid an?"
— „Das ist 'n abgelegtes von
meiner dicken Madam, modern
ist es erst bei mir geworden."
Der schöne Gewinn
Neulich besuchte uns Onkel
Spirgatis. Er hat ein kleines
Gut hinter Stallupönen. Früher
war es ein Mustergut, — mit
einem hübschen, freundlichen
Wohnhaus, trefflich gehaltenen
Ställen und Scheuern, modernen
Maschinen und was man sonst
noch verlangen konnte. Gegen-
wärtig freilich sieht es wohl
etwas unordentlich auf Onkel
Spirgatis' Besitzung aus, —
die Nussen sind auch bei ihm
gewesen.
Immerhin ist er noch ganz
gut weggekommen. „Viel kaput
haben die verdammten Schars-
kräten nich' gemacht," hat Onkel
Spirgatis erzählt. „Vloß die
Maschinen haben sie gestohlen,
da waren sie ganz verrückt hinterher
die verfluchte Bande aufgepackt, —
maschine, Dreschmaschine, reinweg
nachpfeifen. Alles muß ich mir neu
Aus diesem Grunde auch war
Onkel Spirgatis nach Berlin ge-
kommen. Sehr eilig hatte er es ge-
rade nicht mit seinen Anschaffungen.
„Man muß sich erst einmal ein bißchen
erholen nach all dem Iammer,"
meinte er. And deshalb ging er
fleißig in Berlin spazieren.
Eines Tages kam er begeistert
nach Lause. „Vernünftige Ideen
haben die Leute hier," erzählte er.
„Ietzt machen Sie da irgendwo im
Westen einen Bazar für landwirt-
schaftliche Äilfe in Ostpreußen. Na,
das gehört sich auch. Es ist auch
eine Lotterie dabei. Ich hab' mir
gleich zehn Lose gekauft. Kinder,
am Ende gewinne ich eine Maschrne
sür meine Oekonomie. Gut, daß ich
noch nichts angeschafft habe. Ietzt
wart' ich natürlich erst die Ziehung
ab."
Die Lotterie hatte nämlich keine
Geldgewinne; Gegenstände im Werte
von drei bis tausend Mark wurven
ausgelost. Die Ziehung sollte auf
dem Bazar stattfinden. Da wollte
Onkel Spirgatis aber nicht hingehn.
„Das ist mir da zu fein, Kinder,"
sagte er. „Aber eine Gewinnliste
müßt ihr mir gleich besorgen." —
Onkel Spirgatis bekam seine Liste.
Glück und Segen, — er hatte etwas
Kriegschrontk der Meggendorfer-Blätter, München
. Aber auch alles hat
Pflüge, Eggen. Mäh°
alles! Ieht kann ich
kaufen."
Globetrotter
gewonnen! „Nein, Kinder, so ein Schwein zu haben!
Schon lange hab' ich mir so ein Ding gewünscht. Denkt
doch bloß: Die Leute, die ich damit spare! !lnd die Zeitl"
„Ia, was hast du denn gewonnen, Onkel?"
Onkel Spirgatis wies die Ge-
winnliste vor. „Da, Kinder, — Num-
mer 1728 — ein Selbstbinder. So
ein Schwein zu haben! Mir ist so
ein Ding immer zu teuer gewesen,
und nun krieg' ich es ganz umsonst.
Na, oder doch höchstens um die zehn
Mark, die ich für die Lose ausgegeben
habe. So ein Schwein. Nächsten
Sommer müßt ihr zu mir kommen
und sehn, wie forsch das Luder bei mir
auf dem Feld herumklappern wird.
Das geht wie der Deiwel. Vorne
mäht es, und hinten packt es die
Lalme und bindet gleich die Garben
— alles fix und fertig. Ia, einen
Selbstbinder braucht der Landwirt
heutzutage. Ich werd' mal gleich
hingehen, ob ich das Diilg nicht an-
sehn. kann."-
Onkel Spirgatis kam betrübt
zurück. Er reichte mir ein kieines
Paket in Seidenpapier. „Da, ich
schenk' dir's, — ich kann's doch nicht
gebrauchen, muß immer 'ne Schnalle
hinten haben. 51nd so was nennt sich
landwirtschaftliche Lülfe!" —
Onkel Spirgatis hatte einen Ge-
winn im Werte von drei Mark ge-
macht. Aber für eine Mark fünfzig
hätte er sie überall kaufen können,
die schäbige Äalsbinde, den stoff-
mageren „Selbstbinder". Gedanensis