Zeitschrift für Humor und Kunst
155
Eine wechselseitige Metamorphose
werden. Eine entsprechend höhere Anzahl
von Gutscheinen aber sollte mit einer Kaffee-
kanne belohnt werden.
Mit der seiner Stellung in der Natur-
geschichte eigentümlichen Nedefertigkeit setzte
der betreffende Lerr dies Neibaum ausein-
ander. Äerr Neibaum fand, daß die Sache
nicht ohne wäre und vielleicht eine angenehme
Steigerung seines Kaffeeumsatzes bewirken
könnte. Er handelte die Äälfte von dem her-
unter, was der betreffende Lerr bei größerer
Äärtnäckigkeit seines Gegners schließlich doch
vom Preise abgelassen hätte, und bestellte. Am
2 !lhr 10, wie es seine Absicht gewesen war,
fuhr der betreffende Lerr dann wieder aus
der kleinen Stadt ab. Freuen wir uns, daß
er fort ist! -
Etwa acht Tage später war es. Lerr
August Stojentin hatte seinen Laden geschlossen,
war in den „Goldenen Anker" gegangen und
saß gerade beim ersten Glas Bier und der
Abendzeitung. Da fielen seine — wie gesagt,
er war beim ersten Glas — noch klaren Augen
auf eine groß gedruckte Anzeige.
„Iede Lausfrau-ein
reizendes Kaffeegeschirr-
Karl Neibaum."
Donner, war das Bier
heute schlecht. „Gleich mal einen
Kognak, Kellner!" Aber es war
gar nicht das Bier, das Lerrn
Stojentin nicht behagte, es war
diese Anzeige. Was fiel denn
dem Kerl, dem Neibaum, eigent-
lich ein! Von wem hatte die
Welt ihre Kaffeegeschirre zu be-
ziehen? Oder wenigstens die
Stadt? Von ihm, von August
Stojentin. Na nu, das wäre
ja noch schöner, wenn da irgend
wer daher kommen könnte und
wollte Kaffeetassen und Kaffee-
kannen verschenken.
Gerade tauchte Lerr Nei-
baum aus. Er kam immer etwas
später als Lerr Stojentin in
den „Goldenen Anker," denn
er Pflegte nach Ladenschluß noch
schnell ein paar Päckchen Kaffee
und Zucker für den nächsten Tag
abzuwiegen. Er hätte das ja
auch am Tage machen können,
aber er war doch lieber ganz
ungestört dabei. Es fiel ihm
auf, daß sein guter Bekannter
seinen freundlichen Gruß heute
sehr brummig erwiderte. „Ia,
was haben Sie denn?" fragte er.
Lerr Stojentin zeigte ihm
die Anzeige in der Zeitung.
„Lören Sie mal, wie ich das
aber finde!" —
Es gab eine Auseinander-
sehung. Schließlich fiel von
— „Schrecklich, Käthe, den ganzen Tag hast
du deine Liebesbriefe vor."
— „!lnd du deine Romane."
— „Aber darin kriegen sie sich wenigstens."
Verfehltes Mittel — „Lättest du denn
den Iüngling, der deiner Tochter ein Ständchen
gebracht hat, nicht mit Waffer vertreiben können?"
— „Ach, ich habe acht Krüge voll hinunter gegossen,
aber der Kerl ist ja Anhänger von Pfarrer Kneipp!"
seiten des Lerrn Stojentin das
Wort: „Schuster, bleib' bei
deinem Leisten!" Das hätte er
nicht sagen sollen; nicht den
Sinn dieser Aeußerung fand
Lerr Neibaum kränkend, wohl
aber das Wort Schuster. Er
sprach kein Wort mehr und zog
sich in sich selbst zurück. Viel-
leicht gefiel es ihm dort nicht
besonders: er ging frühzeitig
nach Lause. Lerr Stojentin
blieb allein zurück und trank
viel von dem ansangs geschmäh-
ten Bier und noch manchen
Kognak dazwischen. Aus diesem
reichlichen Flüssigkeitsstrom
schwamm ihm ein Gedanke zu.
Eine Woche später wurde
bei August Stojentin eine große
Kiste abgeladen, die nicht den
Vermerk trug: Vorsicht! Zer-
brechlich! wie sonst alle für diese
Firma beftimmten Kisten. Am
nächsten Abend erschien in der
Zeitung eine Anzeige, die allen
Lausfrauen der Stadt die an-
genehme Mitteilung machte,
daß beiAugustStojentin Kaffee
geschirre in allen Preislagen zu
haben wären und jeder Käufer,
je nach der Löhe des Einkauss,
zu jedem Geschirr ein viertel
oder ein halbes oder gar ein
ganzes Pfund Kaffee als Zu°
gabe erhalte.
Lerr Karl Neibaum er-
blaßte vor Aerger. Das war
ja eine offenbare Gemeinheit!
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Eine wechselseitige Metamorphose
werden. Eine entsprechend höhere Anzahl
von Gutscheinen aber sollte mit einer Kaffee-
kanne belohnt werden.
Mit der seiner Stellung in der Natur-
geschichte eigentümlichen Nedefertigkeit setzte
der betreffende Lerr dies Neibaum ausein-
ander. Äerr Neibaum fand, daß die Sache
nicht ohne wäre und vielleicht eine angenehme
Steigerung seines Kaffeeumsatzes bewirken
könnte. Er handelte die Äälfte von dem her-
unter, was der betreffende Lerr bei größerer
Äärtnäckigkeit seines Gegners schließlich doch
vom Preise abgelassen hätte, und bestellte. Am
2 !lhr 10, wie es seine Absicht gewesen war,
fuhr der betreffende Lerr dann wieder aus
der kleinen Stadt ab. Freuen wir uns, daß
er fort ist! -
Etwa acht Tage später war es. Lerr
August Stojentin hatte seinen Laden geschlossen,
war in den „Goldenen Anker" gegangen und
saß gerade beim ersten Glas Bier und der
Abendzeitung. Da fielen seine — wie gesagt,
er war beim ersten Glas — noch klaren Augen
auf eine groß gedruckte Anzeige.
„Iede Lausfrau-ein
reizendes Kaffeegeschirr-
Karl Neibaum."
Donner, war das Bier
heute schlecht. „Gleich mal einen
Kognak, Kellner!" Aber es war
gar nicht das Bier, das Lerrn
Stojentin nicht behagte, es war
diese Anzeige. Was fiel denn
dem Kerl, dem Neibaum, eigent-
lich ein! Von wem hatte die
Welt ihre Kaffeegeschirre zu be-
ziehen? Oder wenigstens die
Stadt? Von ihm, von August
Stojentin. Na nu, das wäre
ja noch schöner, wenn da irgend
wer daher kommen könnte und
wollte Kaffeetassen und Kaffee-
kannen verschenken.
Gerade tauchte Lerr Nei-
baum aus. Er kam immer etwas
später als Lerr Stojentin in
den „Goldenen Anker," denn
er Pflegte nach Ladenschluß noch
schnell ein paar Päckchen Kaffee
und Zucker für den nächsten Tag
abzuwiegen. Er hätte das ja
auch am Tage machen können,
aber er war doch lieber ganz
ungestört dabei. Es fiel ihm
auf, daß sein guter Bekannter
seinen freundlichen Gruß heute
sehr brummig erwiderte. „Ia,
was haben Sie denn?" fragte er.
Lerr Stojentin zeigte ihm
die Anzeige in der Zeitung.
„Lören Sie mal, wie ich das
aber finde!" —
Es gab eine Auseinander-
sehung. Schließlich fiel von
— „Schrecklich, Käthe, den ganzen Tag hast
du deine Liebesbriefe vor."
— „!lnd du deine Romane."
— „Aber darin kriegen sie sich wenigstens."
Verfehltes Mittel — „Lättest du denn
den Iüngling, der deiner Tochter ein Ständchen
gebracht hat, nicht mit Waffer vertreiben können?"
— „Ach, ich habe acht Krüge voll hinunter gegossen,
aber der Kerl ist ja Anhänger von Pfarrer Kneipp!"
seiten des Lerrn Stojentin das
Wort: „Schuster, bleib' bei
deinem Leisten!" Das hätte er
nicht sagen sollen; nicht den
Sinn dieser Aeußerung fand
Lerr Neibaum kränkend, wohl
aber das Wort Schuster. Er
sprach kein Wort mehr und zog
sich in sich selbst zurück. Viel-
leicht gefiel es ihm dort nicht
besonders: er ging frühzeitig
nach Lause. Lerr Stojentin
blieb allein zurück und trank
viel von dem ansangs geschmäh-
ten Bier und noch manchen
Kognak dazwischen. Aus diesem
reichlichen Flüssigkeitsstrom
schwamm ihm ein Gedanke zu.
Eine Woche später wurde
bei August Stojentin eine große
Kiste abgeladen, die nicht den
Vermerk trug: Vorsicht! Zer-
brechlich! wie sonst alle für diese
Firma beftimmten Kisten. Am
nächsten Abend erschien in der
Zeitung eine Anzeige, die allen
Lausfrauen der Stadt die an-
genehme Mitteilung machte,
daß beiAugustStojentin Kaffee
geschirre in allen Preislagen zu
haben wären und jeder Käufer,
je nach der Löhe des Einkauss,
zu jedem Geschirr ein viertel
oder ein halbes oder gar ein
ganzes Pfund Kaffee als Zu°
gabe erhalte.
Lerr Karl Neibaum er-
blaßte vor Aerger. Das war
ja eine offenbare Gemeinheit!