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Kriegschronik der Megqendorfer-Blätter, München

Begeisterung in England

Lurra, jetzt haben wir auch ein Lnftschiff!

„And wer ist der Anglückliche, der
Aber da wurde ihm eine Postkarte aus der
Schweiz llberbracht, auf welcher der Zensor
einen ganzen Satz gestrichen und geschwärzt
hatte.

„Dieser Zensor ist doch ein unverschämter
Mensch!" begehrte er auf. Aber da hättet ihr
den Zäsar Schrimpfle sehen sollen. Als wäre
er persönlich angegriffen, widersprach er:

„Ich lasse nichts auf den Zensor kommen.
Der Zensor ist ein Ehrenmann. Die Zensur
hat ihre guten Seiten."

„Na ja, wissen schon, weil sie die Spio-
nage verhütet."

„O bitte, nicht nur das."

„Nun, auch unüberlegte Schreibereien ins
Ausland verhindert ste natürlich auch."

„O bitte, nicht nur das."

Er blieb rätselhaft. Aeberlegen lächelnd
verließ er das Lokal. Wir sahen einander an.
Auf einmal hieb einer auf den Tisch:

„La, jetzt versteh ich, warum er sür den
Zensor eintritk."

„Nun?"

„Der ist der Anglückliche, der alle seine
Manuskripte lesen muß, sogar aufmerksam und
Wort für Wort und unermüdlich, so lang es
Krieg ist." Fritz MLller

Macht der Gewohnheit

— „Ich kann Ihnen leider nichts verabreichen,
da Sie noch nicht siebzehn Iahre alt sind."

— „Na, dann guten Tag."

— „Guten Tag. Veehren Sie mich bald wieder."

Warum er dem Zensor gut ist

Der Zäsar Echrimpfle wäre einmal beinahe in den
„Kürschner" gekommen. Also ist er ein Schriftsteller. Sonst
ist freilich kein Beweis da. Denn gedruckt ist noch nichts
von ihm worden. Freilich, geschrieben. . . ganze Berge.
Nun sagt Zäsar Schrimpfle allerdings bescheiden:

„Ihr irrt euch, Kinder, mir ist's nichk ums Gedruckt-
werden, wenn ich nur gelesen würde."

Das Anglück also ist nur, daß der Weg zum Gelesen-
werden durch die Druckerschwärze führt. Dieser Weg
schien unvermeidlich. Erst der Krieg hat einen neuen Weg
gewiesen. Zäsar Schrimpfle ist seit dem Kriege glücklich.
Er geht geschwellt umher. Er lächelt das Lächeln des Er-
folggekrönien. Er tut, als könne seinetwegen der Krieg
ewig dauern. Ia, er hatte neulich gar den Mut, die An
zukömmlichkeiten des Briefwechsels nach dem neutralen
Ausland zu verteidigen. Er sagte, er schreibe mit Ver-
gnügen täglich nach der Schweiz und schicke seine Manu-
skripte an die schweizerischen Redaklionen.

„Aber ich habs noch nichts von dir darin gelesen,"
sagte jemand ärgerlich, um ihn zu ducken. Zäsar Schrimpfle
jedoch ward keine Spur geduckt.

„Was mir daran liegt," sagte er großartig, „wenn ich
nur gclesen werde."

„Aber wenn du nicht gedruckt wirst, wie kannst du da
gelesen werden?"

„Bitte sehr, sogar aufmerksam und Wort für Wort
und unermüdlich, soviel ich immer schreibe."

Wir waren sprachlos. Einer setzte an:

Entschuldigung

Abonnent: „Was bringen Sie denn heute Gutes?"
Zeitungsbötin: „San S' nit bös, Lerr Rat, s ist heut
net viel . . , a' paar Dutzend Gefangene und a' Maschinen-
gewehr!"

Patriotisch

Zeitungsbesitzer (zum Jnserenten, der die Gebur« von Drillingen
anzeigt): „Was? Drei stramme Iungens jetzt in der Kriegs-
zeit . . . die Anzeige nehme ich gratis aus!"

S! S

— „Ihr Geldbeutel ist aber dick."

— „Ia, lauter Kupfergeld."

— „Das ist doch nicht möglich."

— „Warum nicht. Labe das alles für beschlagnahmtcs
Kupfer gekriegt."

81 8!

Vom ersten Mobilmachungstag an ist der Peter Landel-
mann auf Kriegsgewinn ausgegangen und hat spekuliert —
gleichgültig, ob er von der Sache etwas verstand oder nicht.

Gestern traf ich ihn auf der Post, wie er 1000 Fünfer-
marken verlangte.

„Lerr Landelmann" — frage ich — „haben Sie jeht
so eine große Korrespondenz?"

„Das nicht" — grinst er — „aber eindecken tu ich mich,
wenn doch die Marken jeht teurer werden!" F. n.
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