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54 Meggendorfer-Blätter, München

Am Stadtbach — „Wie gehts mit 'in Fischen, Lerr Zirngibel?"

— „Dank schön, net schlecht, wenn no a Bratpfann
anbeißt, na hab' i heut a Kücheneinrichtung dawischt!"

Leltänänis

lvenn ich mich so recht dettachte,
8in ich äoch ein löesli'lt,
kiner, <Ier cten krilenjsmmer
Itoch rur rechten 2eit vergiht,

kiner <ier äurch rols Hrille
Sich belieht, wss kri'echt unä Isutt,
ver sut äss, wss nicht ru snäern,
?rilch unä krei unä ttöhlich pleitt.

0er tt'ch vorlsgt, äsh äie Menlchen
voch nicht gsr lo döse l>nä,
ver l>ch tteut sn Minigkeiten
llnä lich lühlt sls grohes Kinä.

Nber merken äsrl's hslt keiner,
venn lonlt werä' ich susgelscht,
Msgenützt unä llbeitölpelt
vurch resle llebermscht.

Isöchltens wenn ich einen linäe,
ver verwsnät i'lt meinem Sinn,
vem gestek' ich lcheu unä leile,
lvss kllr 'n äummer Kerl ich bin.

o. i.

Im Kränzchen

— „Ich bin auch dafür, daß ältere
ledige Damen ,gnädige Frau' ange-
redet werden — natürlich müßten wir
Verheirateten dann ,wirkliche gnä-
dige Frau' angeredet werden!"

Der NÜHliche Einband Von PeterRobinson

Tante Laura besiht eine schöne alte Chronik meiner
Leimatstadt. Sie stammt noch vom seligen Onkel Albert
her, und der hatte mir eigentlich zugesagt, daß fie gleich
nach seinem Tode an mich gelangen sollte. Was sollte
schließlich Tante Laura auch damit anfangen? Sie liest
ja doch nicht darin; für die Geschichte unserer Leimatstadt
in alten Zeiten hat sie nicht das geringste Znteresse; ihr
sind die heutigen Vorkommnisse wichtiger, besonders die
Verlobungs- und Leiratsanzeigen und am Ende noch die
Bankerotterklärungen, deren es leider in der guten alten
Stadt niederträchtig viele gibt.

Trotzdem hatte ich nach Onkel Alberts Ableben die
Chronik nicht bekommen. „Ich kann mich noch nicht gleich
davon trennen," sagte Tante Laura; „aber natürlich gehört
sie dir, das ist nun einmal abgemacht." So stand denn
die Chronik einige Iahre lang bei ihr auf einem schrank-
ähnlichen Möbel, das von ihr „Vertikow" genannt wurde.
Sehr stattlich sah der große Band dort aus in seiner
prächtigen Lülle von massivem Schweinsleder. Er mochte
Tante Laura als ein Prunkstück gelten.

Tante Laura gibt nicht gern Geld aus. In dieser
Kriegszeit mit ihren ungewöhnlichen Preisen muß aber
auch ein wenig anspruchsloser Mensch nicht nur Geld, son-
dern sogar viel Geld ausgeben. Tante Laura ist sehr böse
darüber; sie sucht jede Ausgabe so lange wie möglich hin-
auszuschieben. In den letzten Monaten ging sie auffallend
wenig aus dem Lause. Neulich gab sie uns mit Seufzen
und Klagen die Erklärung dasür. „Ia, Kinder, ich wollte

erst den Krieg vorüber sein laffen, ehe ich Stiefel besohlen
ließ. Drei Paar habe ich schon durchgelaufen. Aber jetzt
hilft es nichts; ich muß mich doch dazu entschließen. Wißt
ihr, was mein Schuhmacher fürs Besohlen verlangt? Sechs
Markl And anderwärts ist es auch nicht billiger zu haben.
Das ist doch eine Sünde und Schande."

„Der Schuhmacher kann doch nichts dafür," erklärte
ich. „Das Leder ist eben jetzt so teuer geworden. Denke
doch, was für die Soldaten alles an Lederzeug gebraucht
wird." Das schien Tante Laura einzusehen.

Gestern hatte ich eine Freude. Tante Laura kam mit
einem dicken Paket an. „Lier, mein Lieber, bringe ich dir die
Chronik. Ich weiß ja, daß du sie schon lange gerne haben
wolltest. Nun laß' sie dir nur recht schön einbinden. Mit
Goldschnitt, weißt du."

„Aber warum denn, Tante," meinte ich, während ich
das Paket aufschnürte. „Schöner kann sie ja gar nicht ge
bunden sein. Sieh doch einmal an, wie herrlich das alte
Leder — —" Aber o weh, — aus der papiernen Am-
hüllung schälte sich die Chronik nackt und bloß heraus.
Sie hatte gar keinen Einband mehr; rauh und lieblos
war sie aus ihrem schweinsledernen Gewande herausge-
rissen worden.

Tante Laura machte ein etwas verlegenes Gesicht. Dann
erklärte ste: „Ia, mein Lieber, es kam dir ja nur auf das
Buch selbst an. Da habe ich eben den Einband genommen
und zu meinem Schuhmacher getragen. Der soll mir meine
Stiefel damit besohlen. Für drei Paar muß das Leder
reichen. And denke dir: jetzt rechnet der Mann nur zwei
Mark fünfzig für das Paar."

Copvrighk ISIK by I. F. Schrelbsr
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