srr. 1323
Zeitschrist sür Humor und Kunft
77
Der Käse
Der Mann nebenan, der flch über die hohen Steuern
beschwert und dann der Fabel vom Raben und Fuchs ge-
lauscht hatte, wandte sich an Adam. Er hatte gierige Augen.
„Erlauben Sie, Lerr Rachbar, wenn Sie den Käse nicht
mögen, dann laffen Sie ihn mir gefälligst ab. Solch ein
Käse! Geben Sie her, ich zahl' Ihnen dafür eine Maß."
Adam drehte sich mit seinem Stuhl von dem sicheren
Pfeiler sort dem Manne zu, daß er ihm beinahe in den
Schoß gefallen wäre. In belehrendem Tone sprach er:
„Sie sind in einem Irrtum befangen, mein Lerr. Wenn
ich sagte, ich würde diesen Käse nicht effen, so meinte ich
damit, daß ich das heute nicht tun würde und vielleicht
auch morgen und übermorgen nicht. Ich werde diesen Käse
mit nach Lause nehmen, um mich noch länger an seinem
über alle Beschreibung lieblichen Dufte zu erfreuen. Jch
werde ihn in mein Zimmer stellen, in mein Schlafzimmer,
ich habe übrigens nur das eine. Ein schönes junges Mädchen
stellt sich in sein Schlafzimmer vielleicht ein Veilchen-
sträußchen. Ich bin kein schönes junges Mädchen. Ich bin
ein schöner junger Mann. Dem Manne ziemt das Er-
götzen an kernigen Gerüchen. Ich werde den Käse aus
meinen Nachttisch setzen. Lolde Träume werden mich um-
gaukeln. Wenn ich morgen aufwache, wird mir der Tag
nicht wie sonst grau und unfreundlich erscheinen; der köst-
liche Geruch wird mich grüßen, und ich werde mir fröhlich
sagen: Aha, das ist der Käse, der herrliche, wunderbare.
preiswürdige Käse. Ich werde ihn in einem Gedicht besingen,
das auf die Nachwelt kommen wird; ich werde — —"
„Ach, gehen Sie, Lerr Nachbar, Sie haben ja einen
ganz Gehörigen sitzen," sagte der wackere Bürger. Er war
enttäuscht, den Käse nicht bekommen zu haben.
Adam rief die Kellnerin und zahlte scine Zeche. „Den
Teller nehme ich mit — was kostet dieser Gegenstand aus
Porzellanimitation?"
Der Teller kostete fünszig Pfennige. „Diese Ausgabe
reut mich nicht," erklärle mir Adam. „Sie wird erzieherische
Wirkung auf mich haben. Ieht bin ich nicht mehr ganz
ein haltloser Iunggeselle; ich hesitze einen Wirtschaftsgegen-
stand; ich habe den Anfang gemacht einen häuslichen Lerd
zu gründen. Wenn ich mich einmal verheiraten werde,
wird mein Schwiegervater erfreut sein, elwas an der Aus-
steuer sparen zu können."
Feierlich trug Adam den Teller mit dem Käse zum
Lokal hinaus. Dann führte ich ihn sorgsam zur Trambahn-
haltestelle. „Sie kommen doch mit?" erkundigle er sich.
Ich lehnte ab „Wenn Sie es nicht allzu übel nehmen,
gehe ich lieber."
„Ah, Sie haben Bedenken wegen des Käse! Gehen
Sie nur, ich werde schon meinen Weg finden. And was
den Käse anbetrifft — o, den werde ich gegen alle Tram-
bahnschaffner der Welt verfechten. Leben Sie wohl!"
Am nächsten Tage fah ich Adam früher, als ich ver-
mulet hatte. Schon um zehn Uhr machte er mir einen
WW
WM
älilcft üie Zelv5tanfeliigung üel Salaerove unü Ääscve
fiir sicv unüIvre Mnaeruna aurcv erprovte Hoevrerepte,
weim Sie die „Moden-Zeitnng fiirs Dcutsche Haiis" destcllen. Dir
ist eine ^rauen- und W andarbeits
-^eitung.
Sie briugt auster Vtodeu-, Wäsche- imd Haiidarbeitsuiodcllcu anch
gcdiegcue Roniane imd die illustricrte Gratis-Beilagc:
»eh inen alle Buchhandlmigen am Orte entgegcn. Wo Jhnen keineBuchhandlung
dekann! ist, bestellen Sie am Schaltcr dcs iiächsten Poftamtcs. Bei der Be-
stellung bitte stets den vollcnTilel auzugeben: „Liodcii-Zcituug sürsDcutjche
Haus" und den Verlag VV. Vobscli L ko., l.eipriz. Preis 1ö Pfg. wöchcnt-
lich, oder Mk. 1.80 vierteljahrlich und IS Pfg. Bestellgebühi srei iiw Hans.
ausgezeichnct
auf dcr Wcltaiisstelluug
in Lcipzig 1914.
Preis
15
Pfg.
wöchentlich frer ins Haus
odcr j.80 Mk. vierteijahrlich
nebst 15 Pf§. BeüeUoedtthr
frei ins Haus.
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Zeitschrist sür Humor und Kunft
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Der Käse
Der Mann nebenan, der flch über die hohen Steuern
beschwert und dann der Fabel vom Raben und Fuchs ge-
lauscht hatte, wandte sich an Adam. Er hatte gierige Augen.
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ich habe übrigens nur das eine. Ein schönes junges Mädchen
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sträußchen. Ich bin kein schönes junges Mädchen. Ich bin
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götzen an kernigen Gerüchen. Ich werde den Käse aus
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gaukeln. Wenn ich morgen aufwache, wird mir der Tag
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