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Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München

Das deutsch-rumänische Abkommen





Beöenklicher Nangel

Seife bekommt man nicht nach Belieben.
Bürger, kausst -u -ir Seife cin,

Auf üer Brotkarte angcschrieben
Muß die !Nenge -es Einkaufs sein.

Dhne üie Brotkarte gibt es nicht Seife, —
Daß ein jeüer -ies merk' unü begreifek

Abcr: üa hat man nun eines vergessen.

Dhne jegliche Brotkarte stnü —

Leicht sind die Giünde ja zu ermessen —
Doch die Bäcker mit Irau und Äind:

Auch ihren Lehrlingcn und Gesellen
Pstegt man die Äarle nicht zuzustcllen.

Himmel! Und hat nun der Bäcker nicht einigen
Dorrat — Seife kriegt er ja nicht,

Ghne dies treffliche Mttel reinigen
Nuß er d!e Hänüe und das Gesicht.

Schon erhoben sich schimpfende Stimmen
Mancher Bäcker, die darob ergrimmen.

Hilfe, o Hilfe, ihr Gbrigkeiten,

Die ihr Bersorgungsregeln verfügt:

Eh' es ;u spät ist, sorget bei Zeiten,

Daß der Bäcker auch Se fe kriegt.

D bedenket, auch ihr laßt euch spsnden
Semmeln und Brote von seinen Händenl

Der gerechtfertigte Hund

„Longwy" heißt Lerrn Meuselmanns Lund. Aus dem
Namen kann man entnehmen, daß Lerr Meuselmann dieses
Tier nicht lange Zeit nach der Schlacht bei Longwy in sein
Laus aufgenommen hat, Damals war Longwy noch ein
ganz junges, kleines und spärliches Lündchen.

Inzwischen ist aber seit der Schlacht bei Longwy eine
ganz gehörige Zeit verstrichen, und alle diese Zeit hat der
Lund Longwy dazu benutzt, erstaunlich groß und dick zu
werden. Zur Erreichung dieses Zieles hat er sich des all-
gemein gebräuchlichen Mittels bedient, viel zu fressen.
Jetzt ist er ganz ausgewachsen, aber die Gewohnheit, so-
viel wie möglich in sich hineinzustopfen, hat er beibehalten.
Das ist ja nicht nur bei Lunden so. Lerr Meuselmann
muß, je teurer die Zeiten werden, desto mehr für die Er-
nährung seines Longwy ausgeben. Aber er hat es dazu,
und er tut es auch gern.

Neulich sitzt Lerr Meuselmann in sernem gewohnten
Viergarten. Er verzehrt sein Abendbrot, und Longwy
frißt das seine, — einen großen Teller Abfall erster Güte
aus der Küche.

Neben Lerrn Meuselmann sitzt ein kleiner, magerer
Lerr, der zu seinem Glase Bier nur eine Scheibe trockenen
Brotes genossen hat. Mit rollenden Augen sieht er zu,
wie der Lund schlemmt. Endlich bricht er los: „Anver-
antwortlich ist das, in dieser Zeit solch einen großen Lund
zu halten!"

„Oho!" ruft Lerr Meuselmann.

Der kleine, magere Lerr beginnt einen Vortrag: „In
dieser schweren Zeit, wo unsere Nahrungsmittel gewissen-
haft und sparsam eingeteilt werden müssen, damit der schänd
liche Aushungerungsplan unserer Feinde zunichte gemacht
wird, beweist es sehr wenig Sinn für das Wohl der All-
gemeinheit, sein Privatvergnügen voranzustellen und
solch einen riesigen Köter durchzufüttern, der jeden Tag
wahrscheinlich ein paar solcher Teller voll-"

„Obo!" ruft Lerr Meuselmann dazwischen, „wollen
Sie vielleicht das Futter da essen?"

„Ich nicht!" schreit der kleine, magere Lerr entrüstet,
„ich nicht. Aber überlegen Sie doch: mit dem, was Jhr
Lund frißt, könnte doch ein Schwein gemästet werden.
Wenn Sie einen Funken von Patriotismus hätten, wür
den Sie das nutzlose Vieh abschaffen."

Lerr Meuselmann setzt sein Bierglas mit einem har
ten Ruck auf den Tisch. „Patriotismus? Ietzt passen Sie
mal auf! Also erstens heißt der Lund Longwy, — ver-
stehen Sie! Am Tage nach der Schlacht bei Longwy hab'
ich ihn gekauft. Wären Sie darauf verfallen, wenn Sie
überhaupt einen Lund sich halten könnten, ihn Longwy zu
nennen? Aber nun sollen Sie mal erleben, was das über-
haupt für ein Lund ist!"

Lerr Meuselmann taucht einen ansehnlichen Brocken Brol
in die schöne fetthaltige Tunke seines Kalbsbratens und legt
ihn auf die Erde. Gierig will der Lund sich darauf stürzen.
„Lalt!" donnerte Lerr Meuselmann, „ist vom Franzosen!"

Longwy hält an, setzt sich und starrt hochmütig, des
guten Bissens nicht achtend, in die Luft. „Passen Sie auf:
es geht noch weiter," sagt Lerr Meuselmann. — „Ist vom
Russen!" schreit er. Der Lund wirft einen verächtlichen
Vlick auf den Brocken und entfernt sich von ihm nach
rückwärts rutschend.

„Ist vom Engländer!" ruft Lerr Meuselmann, und
Longwy springt auf und entfernt sich, als wäre ihm Gift
gelegt worden (und er wüßte es) in die äußerste Ecke des
Gartens, unwillig dabei knurrend.

„Ietzt kommt's!" sagt Lerr Meuselmann. „Ist vom
Türken!" schreit er.

Mit drei gewaltigen Springen, triumphierend bellend,
ist Longwy wieder da, und schweifwedelnd schlingt er den
Brocken hinunter.

„So, jeht werden Sie wohl zufrieden sein!" sagt Lerr
Meuselmann und bestellt stch ein fri sches Glas Bier. (m.) Piro
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