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104 Meggs.rdvrfer-Blätter, München

Die Küchen-Ordonnanz

Eins Ltraßburger Krisgsgeschichte von Edmund Kreusch
„Bisamme — han i g'sait!"

In der Lazarettktiche drehke keins den Kopf herum; den
Gruß kannten sie alle. Das „guten Tag" mußte man sich
dazudenken. Tag, Diestermann I"

Es war die Ordonnanz; der biedere Elsäffer mit de,n
Kopf eines Sokrates, der so gar nichk zum Waffenrock
paffen wollte.

„Bisamme — han i g'sait" wiederholte Diestermann
vorsichtig; denn er hatte hcute morgen kein gutes Ge-
wissen. Und die allwaltende Gebieterin der Küche, Fräulein
Reuffcr, war eine preußische Beamtentochter. And dazu

Dis Küchen-Lrdonnanz

eine Gestalt wie eine Brünhilde. Sie schaute nicht einmal
nach ihm um. Auch die Assistentin nicht, das schmalhüftige,
rehfüßige Fräulein Sänger. Selbst die Köchin mit dem
Doppelkinn wandte den Blick nicht vom Lerd und rührte
unwillig die Suppe in dem großen Keffel. Diestermann
mußte also wohl einige gediegene Kerbe auf dem Lolze
bei allen haben.

„Diestermann!" sprach die Brünhilde streng, so streng,
daß er unwillkürlich die Finger an die Losennaht legte.
Sie schnitt grade Fleisch für die Verwundeten droben, hun-
dertfünfzig Scheiben, eine nach der anderen, mit der Land,
ohne Maschine; aber die Brünhilde besaß die Armmuskeln
zu der Arbeit. Diestermann sah sie mit respektvollen Augen
an. „Wo waren Sie gestern abend?" sragte die Brünhilde.

Mit einem Nuck wandte sie den stattlichen Nücken, ein
unwilliger Atemzug hob die noch statrlichere Brust; das
lange, scharfe Messer blitzte in der Faust_

Diestermann dienerte bang und grinste verlegen.

„Zu Befehl, Fräulein ... Jch halte Besuch von meinem
Schwiegervater."

„Weiß ich, Diestermann —" der Ton blieb eben so streng
wie zuvor; keine Saite familiärer Begünstigung schwang mit.

„Wie können Sie sich nur mit Ihrem Schwiegervater
die ganze Nacht durch alle Wirtschaften herumtreiben?"

„Aber Fräulein," wagte er zu wiedersprechen. „Ich
kann den alten Mann doch nicht allein durch eine fremde
Stadt laufen lassen."

Der Brünhilde entsank die Waffe. Roch keine halbe
Stunde war vergangen, da hatte der Schwiegervater an
derselben Stelle gestanden, um die Verspätung der Ordonnanz
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