124 TFqlSÄSalZfalSHSa Meggendorfer-Blätter, München
Vormarsch in Serbien
Das Zahnheilmittel
patentieren, welche einen federnden Deckel hatte und es so er-
möglichte, den Inhalt derselben in der erforderlichen, raschen
Weise der Mundhöhle zuzuführen. Am das Wesen des
Salzes auch äußerlich mit einer wissenschastlichen Deklaration
zu versshen, färbte ich es leicht mit Safran und taufte es
Dentasalis. Auch vergaß ich natürlich nicht, der Streu-
büchse ein finniges Etikett aufzudrücken. Einmal, um ein
Anterscheidungsmerkmal für eine sicher auftauchende, unlau-
tere Konkurrenz zu schaffen und ein andermal, um dem mir
durch ein gütiges Schicksal offenbartem Mittel eine höhere
Weihe zu geben. Ich wählte zu dem Zwecke eine in Wolken
schwingende Glocke, über der ein mit einer leuchtenden Glorie
umgebener hohler Backenzahn schwebte. Aeber das Ganze
schrieb ich schräg hinüber mit roker Farbe meinen Namens-
zug: Ledwig Lendschel und setzte unter diesen mein Bild
in Schwesterntracht. Das wirkt vertrauenswürdig und Ver
trauen zu einem Medikament ist die erste Voraussetzung
bei dem Patienten.
In der Gebrauchsanweisung yielt ich mich streng an
die bei der Mammitzschen gemachten Ersahrungen. Denn
ich wollte nichts aus meiner eigenen Anzulänglichkeit dazu
geben oder tun. Man schütte das Dentasalis, so schrieb
ich, mit einem jähen Nuck auf die kranken Zähne, was fürs
erste ein mattes Brennen zur Folge haben wird, das
aber bald durch einen
lindernden Lusten zum
Verschwinden gebracht
werden wird. Ist dieser
vorüber und die sich aus
dem Dentasalis entwik-
kelnde Flüssigkeit abgelau-
fen, so breche man einen
Zwieback in siebenmal
steben Stücke und lasse
ihn langsam im Munde
zergehen. Der Zahn-
schmerz wird unter Ga-
rantie sofort verschwun-
den sein."
So weit die Frau
Lendschel in ihrem Buch.
Im Anfang vertrieb
ste ihr wunderbares Zahn-
heilmittel unter der Land
selbst; aber erstens war
sie auf diese Weise nur
in ganz geringem Am°
fange in der Lage, der
hilfsbedürftigen Mensch-
heit zu nützen, und zwei-
tens bekam sie mancher-
lei unliebsame Anstände
mit dem Gewerbegericht
und dem professtonsmäßi-
gem Landel, in welchen
Sachen sich ihr weltfrem-
des Gemüt nicht zurecht
fand. Sie setzte sich da-
her mit einem kapital-
kräftigen Apotheker in
Verbindung, der Ver-
trieb und Lerstellung
im großen übernehmen
sollte. Dabei war Frau
Lendschel peinlichst bemüht, daß die Sache nicht allzu ge-
schäftsmäßig ausgebeutet werde.
„'s is Sie schließlich doch änne Gabe von oben, Lerr
Loßwein (so hieß der Apotheker), und da soll m'r keenen
Wucher d'rmit treiben."
„Gott bewahre, Madame Lendscheln," versicherte Lerr
Roßwein, „wo wer 'ch denn."
„Löher wie nein Mark wollen m'r die Büchse nich
verkoofen, denk 'ch," schlug die Erfinderin vor.
„Keenen Pfeng teirer, werte Frau."
„And dadervon kriege ich sieben, weil Sie doch 's Rezept
von mir schtammt."
„Nadierlich! Ich bin ganz einverstanden d'rmit."
„And dann, was 'ch noch sagen wollte, Lerr Noßwein,
Sie geben doch das Miltel mehrschtens nur an arme, würdige
Leite ab? Ich will, wie gesagt, kee Geschäft d'rmit machen,
es soll mehr ä Segen for die Menschheet sein."
Auch damil war Lerr Roßwein einverstanden und die
Sache kam in Gang.
Was nun aber Frau Ledwig Lendschel mit so viel
Gemeinsinn und Aneigenützigkeit angestrebt hatte, kehrte sich
durch die Anberechenbarkeit des Zufalls ins Gegenteil. Denn
gerade die armen Leute waren am meisten von Zahn-
schmerzen geplagt und das Gold strömte ihr nur so ins Laus.
Zuletzt wußte sie fich in ihrer Not keinen andern Rat mehr,
Vormarsch in Serbien
Das Zahnheilmittel
patentieren, welche einen federnden Deckel hatte und es so er-
möglichte, den Inhalt derselben in der erforderlichen, raschen
Weise der Mundhöhle zuzuführen. Am das Wesen des
Salzes auch äußerlich mit einer wissenschastlichen Deklaration
zu versshen, färbte ich es leicht mit Safran und taufte es
Dentasalis. Auch vergaß ich natürlich nicht, der Streu-
büchse ein finniges Etikett aufzudrücken. Einmal, um ein
Anterscheidungsmerkmal für eine sicher auftauchende, unlau-
tere Konkurrenz zu schaffen und ein andermal, um dem mir
durch ein gütiges Schicksal offenbartem Mittel eine höhere
Weihe zu geben. Ich wählte zu dem Zwecke eine in Wolken
schwingende Glocke, über der ein mit einer leuchtenden Glorie
umgebener hohler Backenzahn schwebte. Aeber das Ganze
schrieb ich schräg hinüber mit roker Farbe meinen Namens-
zug: Ledwig Lendschel und setzte unter diesen mein Bild
in Schwesterntracht. Das wirkt vertrauenswürdig und Ver
trauen zu einem Medikament ist die erste Voraussetzung
bei dem Patienten.
In der Gebrauchsanweisung yielt ich mich streng an
die bei der Mammitzschen gemachten Ersahrungen. Denn
ich wollte nichts aus meiner eigenen Anzulänglichkeit dazu
geben oder tun. Man schütte das Dentasalis, so schrieb
ich, mit einem jähen Nuck auf die kranken Zähne, was fürs
erste ein mattes Brennen zur Folge haben wird, das
aber bald durch einen
lindernden Lusten zum
Verschwinden gebracht
werden wird. Ist dieser
vorüber und die sich aus
dem Dentasalis entwik-
kelnde Flüssigkeit abgelau-
fen, so breche man einen
Zwieback in siebenmal
steben Stücke und lasse
ihn langsam im Munde
zergehen. Der Zahn-
schmerz wird unter Ga-
rantie sofort verschwun-
den sein."
So weit die Frau
Lendschel in ihrem Buch.
Im Anfang vertrieb
ste ihr wunderbares Zahn-
heilmittel unter der Land
selbst; aber erstens war
sie auf diese Weise nur
in ganz geringem Am°
fange in der Lage, der
hilfsbedürftigen Mensch-
heit zu nützen, und zwei-
tens bekam sie mancher-
lei unliebsame Anstände
mit dem Gewerbegericht
und dem professtonsmäßi-
gem Landel, in welchen
Sachen sich ihr weltfrem-
des Gemüt nicht zurecht
fand. Sie setzte sich da-
her mit einem kapital-
kräftigen Apotheker in
Verbindung, der Ver-
trieb und Lerstellung
im großen übernehmen
sollte. Dabei war Frau
Lendschel peinlichst bemüht, daß die Sache nicht allzu ge-
schäftsmäßig ausgebeutet werde.
„'s is Sie schließlich doch änne Gabe von oben, Lerr
Loßwein (so hieß der Apotheker), und da soll m'r keenen
Wucher d'rmit treiben."
„Gott bewahre, Madame Lendscheln," versicherte Lerr
Roßwein, „wo wer 'ch denn."
„Löher wie nein Mark wollen m'r die Büchse nich
verkoofen, denk 'ch," schlug die Erfinderin vor.
„Keenen Pfeng teirer, werte Frau."
„And dadervon kriege ich sieben, weil Sie doch 's Rezept
von mir schtammt."
„Nadierlich! Ich bin ganz einverstanden d'rmit."
„And dann, was 'ch noch sagen wollte, Lerr Noßwein,
Sie geben doch das Miltel mehrschtens nur an arme, würdige
Leite ab? Ich will, wie gesagt, kee Geschäft d'rmit machen,
es soll mehr ä Segen for die Menschheet sein."
Auch damil war Lerr Roßwein einverstanden und die
Sache kam in Gang.
Was nun aber Frau Ledwig Lendschel mit so viel
Gemeinsinn und Aneigenützigkeit angestrebt hatte, kehrte sich
durch die Anberechenbarkeit des Zufalls ins Gegenteil. Denn
gerade die armen Leute waren am meisten von Zahn-
schmerzen geplagt und das Gold strömte ihr nur so ins Laus.
Zuletzt wußte sie fich in ihrer Not keinen andern Rat mehr,