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Meggendorfer-Blätter, München

Macht der Gewohnheit

— „Was sehe ich, Lerr Drofessor, Sie machen auf Ihre alten Tage
auch noch die,Ohne-Kut-Mode' mit?"

— „Fällt mir gar nicht ein. Aber ich habe hier ein paar seltene Fisch-
chen fiir mein Aquarium, und die konnte ich nicht anders unterbringen."

— „So, na da will ich Sie nicht aufhalten. Labe die Ehre!"

Beeinträchtigung

— „Wie hat es Ihnen denn in der Sommerfrische gefallen?"

— „Gar nicht. Es war auch ein Lerr dort, der sah meinem Chef so ähnlich."

Merkwürdig

— „Na, Kinder, ihr seid ja beim Baden von einem tüchtigen Platz-
regen erwischt worden. Da seid ihr wohl recht naß geworden?"

— „Nicht ein bißchen. Wir waren ja gerade im Wasser."

Der Watschenbaum VonRicharv Rieß

Das hatte der kleine Anselm oft gesehen:
Wenn der Vati manchmal so rechk gemiillich
daheim war, da nahm er ein großes, graues
Buch und den Malkasten oder auch bunte
Stifte, und dann waren auf dem Papier bald
Tiere zu sehen: ein Lund, eine Eule oder gar
der kleine Anselm selber, als Räuber, wie er
so recht wild die blonde Mähne schüttelte. Auch
Märchen wußte der Vati zu malen: Die Rot-
käppchen-Großmutter im einsamen Waldhaus
und den Wols mit seinem großmächtigen
Bauche, auch Schneewittchen mit den fieben
Zwergen, die aussahen wie Kinder, die sich
einen Niklasbart umgebunden haben.

And der kleine Anselm fand das alles
wunderschön, wie alles, was der Vati tat und
malte, und eines Tages nahm er den blauen
Bleistift und ein Blatt Papier und versuchte
es auch seinerseits.

Da kam gerade der lustige Onkel Fred auf
Besuch, und da die Mutti Gesangstunde hatte,
ging der Onkel, ganz weit vom Musikzimmer,
hinten in die Bubenstube zum Anselm.

„Was machst du denn da, Räuber?"
fragte der Onkel Fred.

„Malen halt," sagte der Künstler. „Wie
Vati."

„Und was malst du dir da Schönes?"

Da war ein Kreis zu sehen, und der Kreis
hatte eine Nase.

„Das ist wohl der Mond, Räuber?"

„Aber nein, Onkel Fred! Das ist doch
die Tante Salchen!"

And auf dem anderen Papier, da waren
zwei Linien zu sehen, aus deren einer kleine
Zinken herausragten wie bei einem Laarkamm.

„Das ist wohl eine Zahnbürste?" fragte
der Onkel.

Der Onkel verstand aber rein gar nichts
von Kunst.

„Aber Onkel Fred,das ist doch ein Schützen-
graben, und die Striche, das sind die Gewehr-
läufe. Du bist doch schrecklich dumm, Onkel
Fred I"

Da nahm der Onkel den Anselnr einmal
auf den Schoß und sagte: „Weißt du auch,
was ein Watschenbaum ist, mein Sohn?" And
als der Räuber das nicht wußte, hob der
Onkel die Land: „Sieh mal: Das hier ist ein
Watschenbaum! Wenn ich den schüttele, dann
fallen die Watschen nur so, und alle fallen
auf das Kind, das gerade ungezogen ist. Des-
halb nennen mich auch all die Kinder den Onkel
Watschenbaum. And wenn du einen alten
Onkel noch einmal „dumm" nennst, dann werde
ich auch mal über dir den Watschenbaum
schütteln."

„Ich forcht mich nich. Nee. Laß doch inal
eine Watsche fallen, Onkel Watschenbaum,
hähähähähä . . .!"

Da fiel denn auch, plautsch, eine herunter.
And keine unreife. Denn der Onkel hatte die
Landschuhnummer elf.
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