190
Meggendorfer-Blätter, München
Nr. 1330
Das verschluckte Si
in Erinnerung an ausgestandene Leiden fort, „was foll ich
nun weiter sagen? Mein Freund von ehedem nistete sich
vollständig bei mir ein und dachte gar nicht daran, sich
nach einer Tätigkeit umzusehen. Ging das an sich schon
über meine bescheidenen Verhältnisse, so drohte mir weiter-
hi» vollständigcr finanzieller Nuin durch den schnöden Miß
brauch, den er mit meinem Vertrauen trieb. Er führte
gewissermaßen einen heimlichen Nebenhaushalt und zwar
für sich. Was ich bekam, waren lediglich die Reste, von
denen er aber auch noch den Löwenanteil für sich nahm.
O, er fraß wie ein Mameluck! Vom Fleisch schnitt er sich
vorher die besten Stücke ab und briet sie sich. Kaufte er
am Montag ein Pfund Butter, so war sie am Miltwoch
schon wieder alle, weil er sich insgeheim dicke Butterbröte
strich, wie ich einmal zufällig bemerkte. Lolte er kalte
Küche herbei, so fraß er auf der Treppe vorher die Lälfte
auf und entschuldigte sich dann damit, daß man jetzt für
das Geld so wenig bekäme. Für alles hatte er Ausflüchte,
wenn ich ihm sreundschaftlich Vorhalt machte. Das Fleisch
kröche zusammen, die Butter enthalte vierzig Prozent
Wasser und das Gemüse sei so zart, daß es unter der
Land schwände.
Direkt konnte ich ihm nicht ankommen, denn er war
zu schlau in seinen Betrügereien, und so mußte ich meinen
Aerger still in mich hineinwürgen. Es ist mir nicht ge-
geben, jemanden ernstlich anzunehmen oder mit ihm zu
hadern, aber innerlich arbeitete es in mir, daß ich schließlich
unfähig wurde, meinen Berufsgeschäfken nachzugehen. Sind
sie doch so zarter Natur und verlangen sie doch ein so voll-
ständiges seelisches Gleichgewicht, daß die geringste Ablen-
kung störend, ja geradezu vernichtend auf die so notwendige
Konzentrationsfähigkeit wirkt.
Saß ich zum Beispiel gerade über einem sinnigen Loch-
zeitsgedichte, so schoß mir der Gedanke an Stefan durch
den Kopf. Was mag er wohl jetzt wieder treiben? Leise
schlich ich mich an die Küchentür und sah durch eine extra
zu diesem Zweck geschnittene Nitze. Denn es lag mir
daran, ihn einmal zu überführen. Aber natürlich sah ich
nichts, denn der Schlaue hatte Ohren wie ein Fuchs. So
schlich ich mich wieder zurück. Mit Gewalt suchte ich
meine Gedanken wieder auf die Arbeit zu lenken, aber
vergebens. Während meine Land mechanisch schrieb, hielt
ich Stefan die schönste Phillipika.
Stefan, sagte ich im Geiste, wie kannst du nur so schlecht
sein! Siehst du denn nicht ein, daß es so nicht fort gehen
kann. Meinetwegen magst du immer bei mir bleiben, aber
sei ehrlich und gehe redlich und sparsam mit meinen sauer
verdienten Groschen um.
Ich zwang meinen Geist wieder zurück zur Pflicht.
Ach, ich hab' dich gar so gern,
Bist du mir auch noch so fern
llnd gedenk voll Seligkeit
Der entschwundenen Maienzeit
Lintergehe mich doch nicht, Stefan. Lältst du mich viel-
leicht für ein dummes Kind, daß du mir solch eine erbärm-
liche Komödie vorspielen kannst? Gerade herausgesagt,
Stefan, du bist ein Lump! So ungern ich auch grob werde.
Ach, wohin war mein Geist wieder abgeirrt! Oder
ich schrieb ein Poem für eine Kindtaufe.
Du Knäblein mit dem blonden Laar
And mit dem blauen Augenpaar,
Wachs' fröhlich auf zü kühner Tat!
Das wünschet dir dein treuer Pat'.
da engleisten meine Gedanken auch schon wieder.
Stefan, laß uns einmal in aller Güte miteinander
reden. Ich habe meine Freundespflicht an dir getan, aber
du bist nicht im Stande, deine niederen Instinkte zu zügeln.
Ich will dir noch zwanzig Mark geben und meine neuen
Gummischuhe, aber dann trennen wir uns in Frieden.
Einmal schlich er sich sogar in meine Reime ein und
ich merkte es erst bei der Abschrift.
Loch lebe auch die Schwiegermutter!
O, Stefan, iß nicht so viel Butter!
Mein Dasein wurde mir, wie Sie stch denken können, auf
diese Weise zur Qual, und schon erwog ich allen Ernstes,
kei Kstsnr'tien ciek'
/^klimungsoi'gsne^ZNgcjsuei'nclem
begiunentiei' InkluenLs neclitLeitig genommen,^
beugt sctnvenei'n Xpsnlclieiten von
lVe-r' so// S ?
cienn es ist bessen Knsnktieiten ven: Zinolin von günstigeni Lcfolg suf
tiüten sls solctie fisilen. clss ^llgemeintrefincjen ist. ^
Z. ^stlimsti^e/.clecen öescliwenclen cluccli Sicolin wesentlicb gemilclent wecclen^W
^cwsclisene unci l^incles' c^ie cluncli lisntnsckigen l-iusten
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Meggendorfer-Blätter, München
Nr. 1330
Das verschluckte Si
in Erinnerung an ausgestandene Leiden fort, „was foll ich
nun weiter sagen? Mein Freund von ehedem nistete sich
vollständig bei mir ein und dachte gar nicht daran, sich
nach einer Tätigkeit umzusehen. Ging das an sich schon
über meine bescheidenen Verhältnisse, so drohte mir weiter-
hi» vollständigcr finanzieller Nuin durch den schnöden Miß
brauch, den er mit meinem Vertrauen trieb. Er führte
gewissermaßen einen heimlichen Nebenhaushalt und zwar
für sich. Was ich bekam, waren lediglich die Reste, von
denen er aber auch noch den Löwenanteil für sich nahm.
O, er fraß wie ein Mameluck! Vom Fleisch schnitt er sich
vorher die besten Stücke ab und briet sie sich. Kaufte er
am Montag ein Pfund Butter, so war sie am Miltwoch
schon wieder alle, weil er sich insgeheim dicke Butterbröte
strich, wie ich einmal zufällig bemerkte. Lolte er kalte
Küche herbei, so fraß er auf der Treppe vorher die Lälfte
auf und entschuldigte sich dann damit, daß man jetzt für
das Geld so wenig bekäme. Für alles hatte er Ausflüchte,
wenn ich ihm sreundschaftlich Vorhalt machte. Das Fleisch
kröche zusammen, die Butter enthalte vierzig Prozent
Wasser und das Gemüse sei so zart, daß es unter der
Land schwände.
Direkt konnte ich ihm nicht ankommen, denn er war
zu schlau in seinen Betrügereien, und so mußte ich meinen
Aerger still in mich hineinwürgen. Es ist mir nicht ge-
geben, jemanden ernstlich anzunehmen oder mit ihm zu
hadern, aber innerlich arbeitete es in mir, daß ich schließlich
unfähig wurde, meinen Berufsgeschäfken nachzugehen. Sind
sie doch so zarter Natur und verlangen sie doch ein so voll-
ständiges seelisches Gleichgewicht, daß die geringste Ablen-
kung störend, ja geradezu vernichtend auf die so notwendige
Konzentrationsfähigkeit wirkt.
Saß ich zum Beispiel gerade über einem sinnigen Loch-
zeitsgedichte, so schoß mir der Gedanke an Stefan durch
den Kopf. Was mag er wohl jetzt wieder treiben? Leise
schlich ich mich an die Küchentür und sah durch eine extra
zu diesem Zweck geschnittene Nitze. Denn es lag mir
daran, ihn einmal zu überführen. Aber natürlich sah ich
nichts, denn der Schlaue hatte Ohren wie ein Fuchs. So
schlich ich mich wieder zurück. Mit Gewalt suchte ich
meine Gedanken wieder auf die Arbeit zu lenken, aber
vergebens. Während meine Land mechanisch schrieb, hielt
ich Stefan die schönste Phillipika.
Stefan, sagte ich im Geiste, wie kannst du nur so schlecht
sein! Siehst du denn nicht ein, daß es so nicht fort gehen
kann. Meinetwegen magst du immer bei mir bleiben, aber
sei ehrlich und gehe redlich und sparsam mit meinen sauer
verdienten Groschen um.
Ich zwang meinen Geist wieder zurück zur Pflicht.
Ach, ich hab' dich gar so gern,
Bist du mir auch noch so fern
llnd gedenk voll Seligkeit
Der entschwundenen Maienzeit
Lintergehe mich doch nicht, Stefan. Lältst du mich viel-
leicht für ein dummes Kind, daß du mir solch eine erbärm-
liche Komödie vorspielen kannst? Gerade herausgesagt,
Stefan, du bist ein Lump! So ungern ich auch grob werde.
Ach, wohin war mein Geist wieder abgeirrt! Oder
ich schrieb ein Poem für eine Kindtaufe.
Du Knäblein mit dem blonden Laar
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Wachs' fröhlich auf zü kühner Tat!
Das wünschet dir dein treuer Pat'.
da engleisten meine Gedanken auch schon wieder.
Stefan, laß uns einmal in aller Güte miteinander
reden. Ich habe meine Freundespflicht an dir getan, aber
du bist nicht im Stande, deine niederen Instinkte zu zügeln.
Ich will dir noch zwanzig Mark geben und meine neuen
Gummischuhe, aber dann trennen wir uns in Frieden.
Einmal schlich er sich sogar in meine Reime ein und
ich merkte es erst bei der Abschrift.
Loch lebe auch die Schwiegermutter!
O, Stefan, iß nicht so viel Butter!
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