104 Meggendorfer-Blätter, München
Der dicke Feldgraue
— „Papa, wir sind genau so dick wie du, wir
gehen alle vier zusammen in dein Koppel!"
Auch ein Eheirrtum
von gestern halten wolle. Aber seien Sie recht vorsichtig,
denn es braucht es sonst niemand zü hören."
Frau Bröselmeier war die Wirtin; eine hübsche, junge,
rundliche Wirtin, ja vielleicht die hübscheste und rundlichste
Wirtin der ganzcn Altstadt.
Die Kellnerin enifernte sich, um ihren Auftrag zu be-
sorgen. Aber Argwohn schläft nicht. Linter dem Küchen-
herde saß Lerr Bröselmeier in einem friedlichen Lalb-
schlummer. Lerr Bröselmeier war der Wirt. Sonst ein
sanfter und umgänglicher Mann, aber eifersüchtig wie
Othello und hitzig wie siedendes Pech. Die Kellnerin
mochte wohl nicht ganz so diskret gewesen sein, wie es ihr
Lerr Zwirner zur Pflicht gemacht hatte, oder ste besaß
von Laus aus ein lauteres Organ, als wie es sich mit der
Ratur so zarter Botschaften verträgt, kurz und gut, Lerr
Bröselmeier erwachte aus seinem Lalbschlaf, fuhr zornig
empor und schrie die Kellnerin an.
„Wie, wo, was? Was ist das? Was soll das heißen?
Was hat Lerr Zwirner mit meiner Frau zu schaffen?
Was ist das für ein süßes Versprechen, das er einkassieren
will? Verdammt, wenn ich ihm das nicht austreibe!"
Die Kellnerin wußte natürlich nichts darüber. Wie
hätte sie das auch gekonnt, da sie nicht näher ins Ber-
trauen gezogen worden war? Frau Bröselmeier wollte
vermittelnd dazwischen treten, aber Lerrn Bröselmeiers
eifersüchtige Instinkte waren gereizt und ließen sich auf
Vernunstgründe nicht mehr ein. Racheschnaubend stürzte
er ins Gastz'mmer, wo Lerr Zwirner ahnungslos in seiner
beschaulichen Ecke saß.
„Ah, sieh da," sagte er mit verhaltener Wut, „ist mir
ja eine hohe Ehr', Lerr Zwirner! Sagen Sie mal, Lerr
Zwirner, Sie sind mir ja ein sauberer Lecht!"
Lerr Zwirner merkte an dem Ton der Anrede, daß
irgend etwas nicht in Ordnung war und eine Sache betraf.
die ihn anging. Er wollte eine Erwiderung
stottern, aber der Othello unterbrach ihn barsch.
„Reden Sie nicht, Sie Lalunkel Geben
Sie sich keine Mühe, mich hinters Licht zu
führen, denn ich habe ihre Ariasbotschaft wohl
gehört. Noch in dieser Minute fliegen Sie zu
meincm Lause hinaus, Sie elender, hinterlistiger
Schleicher. Aber zuvor will ich wtffen, was
Sie mit meiner Frau für Leimlichkeiten haben,
sonst quetsche ich Sie zu Mus. Also heraus
mit der Sprache! Was find das für Austräge,
die Sie der Kellnerin zu geben haben? Was
für süße Gunstbeweise sind es, die Ihnen meine
Frau gewähren soll?"
Lerr Zwirner war aufs Tiefste bcstürzt
über die seltsame Anklage, die da aufihn nieder-
praffelte.
„Lerr Bröselmeier," wehrte er ängstlich
ab, „vor allen Dingen schreien Sie mal nicht
so. Die übrigen Gäste >m Lokal werden ja
kereits aufmerksam."
„Mögen sie," schrie Lerr Bröselmeier noch
lauter als zuvor, „was liegt daran. Mag die
ganze Altstadt zusammenlaufen, wenn es gilt,
meine Ehre zu verteidigen. Ich will wiffen,
was Sie hinter meinem Rücken mit meiner
Frau für Techtelmechtel haben. Aber keine Aus-
flüchte, Bursch! Die Wahrheit will ich wissen!"
„Aber mein Gott," erwiderte Lerr Zwirner
halblaut, „Sie sollen's ja erfahren, wenn Sie
doch schon Wind davon gekriegt haben. Aber es muß
unter uns bleiben, denn die Sache ist delikater Natur."
„And ich sage, ich will es laut hören," eiferte hals-
starrig der beleidigte Gatte. „Was recht ist, braucht die
Ohren der Welt nicht zu scheuen, und eine Lumperei soll
der Teufel holen I Lier auf der Stelle bekennen Sie, was
Sie mit meiner Frau für nichtswürdige Absichten haben,
damit alle Welt erfährt, was für ein Windhund Sie sind.
Zum letzten Male sage ich, heraus mit der Sprache, oder
ich schlage Sie mit dem Bierschlegel tot!"
In dieser äußersten Bedrängnis trat Frau Bröselmeier
auf. Erhitzt und verstört, aber mit anerkennenswerter
Energie die Situation beherrschend.
„So halt doch dein Maul, du Trottel," befahl sie mit
gedämpster Stimme, „du redest dich ja um deine Reputation
mit deinen Drohungen. Was uns beide betrifft, Lerrn
Zwirner und mich, so ist das eine ganz harmlose Sache und
du hättest ruhig auf der Bärenhaut liegen bleiben können,
anstatt dich hier zu betragen wie ein besoffener Fuhrknecht.
Zum Lachen harmlos ist die Sache, aber sie taugt dennoch
nicht für fremde Ohren. Komm mit in die Küche, da sollst
du alles erfahren."
And damit zog sie den Othello in die Küche hinaus.
Lerr Zwirner folgke mit einiger Vorstcht und Zurückhaltung.
„Nun?" Lerr Bröselmeier rollte die Augen und ver-
schränkte die Arme. „Was will der Lump von dir? !lnd
was hast du ihm versprochen, du Falsche?"
„Nichts weiter als ein paar Pfund Zucker, du Wüte°
rich," warf Frau Bröselmeier ein.
„Zucker?"
„Iawohl," fiel Lerr Zwirner ein. „Ihre Gattin erzählte
mir gestern, daß sie noch einen großen Zuckervorrat habe
und mir gern ein paar Psund davon ablafsen wollte. Aber
es brauchte natürlich niemand davon zu wissen. Außer
Ihnenl And nun wissen Sie es. Guten Abend!"
Der dicke Feldgraue
— „Papa, wir sind genau so dick wie du, wir
gehen alle vier zusammen in dein Koppel!"
Auch ein Eheirrtum
von gestern halten wolle. Aber seien Sie recht vorsichtig,
denn es braucht es sonst niemand zü hören."
Frau Bröselmeier war die Wirtin; eine hübsche, junge,
rundliche Wirtin, ja vielleicht die hübscheste und rundlichste
Wirtin der ganzcn Altstadt.
Die Kellnerin enifernte sich, um ihren Auftrag zu be-
sorgen. Aber Argwohn schläft nicht. Linter dem Küchen-
herde saß Lerr Bröselmeier in einem friedlichen Lalb-
schlummer. Lerr Bröselmeier war der Wirt. Sonst ein
sanfter und umgänglicher Mann, aber eifersüchtig wie
Othello und hitzig wie siedendes Pech. Die Kellnerin
mochte wohl nicht ganz so diskret gewesen sein, wie es ihr
Lerr Zwirner zur Pflicht gemacht hatte, oder ste besaß
von Laus aus ein lauteres Organ, als wie es sich mit der
Ratur so zarter Botschaften verträgt, kurz und gut, Lerr
Bröselmeier erwachte aus seinem Lalbschlaf, fuhr zornig
empor und schrie die Kellnerin an.
„Wie, wo, was? Was ist das? Was soll das heißen?
Was hat Lerr Zwirner mit meiner Frau zu schaffen?
Was ist das für ein süßes Versprechen, das er einkassieren
will? Verdammt, wenn ich ihm das nicht austreibe!"
Die Kellnerin wußte natürlich nichts darüber. Wie
hätte sie das auch gekonnt, da sie nicht näher ins Ber-
trauen gezogen worden war? Frau Bröselmeier wollte
vermittelnd dazwischen treten, aber Lerrn Bröselmeiers
eifersüchtige Instinkte waren gereizt und ließen sich auf
Vernunstgründe nicht mehr ein. Racheschnaubend stürzte
er ins Gastz'mmer, wo Lerr Zwirner ahnungslos in seiner
beschaulichen Ecke saß.
„Ah, sieh da," sagte er mit verhaltener Wut, „ist mir
ja eine hohe Ehr', Lerr Zwirner! Sagen Sie mal, Lerr
Zwirner, Sie sind mir ja ein sauberer Lecht!"
Lerr Zwirner merkte an dem Ton der Anrede, daß
irgend etwas nicht in Ordnung war und eine Sache betraf.
die ihn anging. Er wollte eine Erwiderung
stottern, aber der Othello unterbrach ihn barsch.
„Reden Sie nicht, Sie Lalunkel Geben
Sie sich keine Mühe, mich hinters Licht zu
führen, denn ich habe ihre Ariasbotschaft wohl
gehört. Noch in dieser Minute fliegen Sie zu
meincm Lause hinaus, Sie elender, hinterlistiger
Schleicher. Aber zuvor will ich wtffen, was
Sie mit meiner Frau für Leimlichkeiten haben,
sonst quetsche ich Sie zu Mus. Also heraus
mit der Sprache! Was find das für Austräge,
die Sie der Kellnerin zu geben haben? Was
für süße Gunstbeweise sind es, die Ihnen meine
Frau gewähren soll?"
Lerr Zwirner war aufs Tiefste bcstürzt
über die seltsame Anklage, die da aufihn nieder-
praffelte.
„Lerr Bröselmeier," wehrte er ängstlich
ab, „vor allen Dingen schreien Sie mal nicht
so. Die übrigen Gäste >m Lokal werden ja
kereits aufmerksam."
„Mögen sie," schrie Lerr Bröselmeier noch
lauter als zuvor, „was liegt daran. Mag die
ganze Altstadt zusammenlaufen, wenn es gilt,
meine Ehre zu verteidigen. Ich will wiffen,
was Sie hinter meinem Rücken mit meiner
Frau für Techtelmechtel haben. Aber keine Aus-
flüchte, Bursch! Die Wahrheit will ich wissen!"
„Aber mein Gott," erwiderte Lerr Zwirner
halblaut, „Sie sollen's ja erfahren, wenn Sie
doch schon Wind davon gekriegt haben. Aber es muß
unter uns bleiben, denn die Sache ist delikater Natur."
„And ich sage, ich will es laut hören," eiferte hals-
starrig der beleidigte Gatte. „Was recht ist, braucht die
Ohren der Welt nicht zu scheuen, und eine Lumperei soll
der Teufel holen I Lier auf der Stelle bekennen Sie, was
Sie mit meiner Frau für nichtswürdige Absichten haben,
damit alle Welt erfährt, was für ein Windhund Sie sind.
Zum letzten Male sage ich, heraus mit der Sprache, oder
ich schlage Sie mit dem Bierschlegel tot!"
In dieser äußersten Bedrängnis trat Frau Bröselmeier
auf. Erhitzt und verstört, aber mit anerkennenswerter
Energie die Situation beherrschend.
„So halt doch dein Maul, du Trottel," befahl sie mit
gedämpster Stimme, „du redest dich ja um deine Reputation
mit deinen Drohungen. Was uns beide betrifft, Lerrn
Zwirner und mich, so ist das eine ganz harmlose Sache und
du hättest ruhig auf der Bärenhaut liegen bleiben können,
anstatt dich hier zu betragen wie ein besoffener Fuhrknecht.
Zum Lachen harmlos ist die Sache, aber sie taugt dennoch
nicht für fremde Ohren. Komm mit in die Küche, da sollst
du alles erfahren."
And damit zog sie den Othello in die Küche hinaus.
Lerr Zwirner folgke mit einiger Vorstcht und Zurückhaltung.
„Nun?" Lerr Bröselmeier rollte die Augen und ver-
schränkte die Arme. „Was will der Lump von dir? !lnd
was hast du ihm versprochen, du Falsche?"
„Nichts weiter als ein paar Pfund Zucker, du Wüte°
rich," warf Frau Bröselmeier ein.
„Zucker?"
„Iawohl," fiel Lerr Zwirner ein. „Ihre Gattin erzählte
mir gestern, daß sie noch einen großen Zuckervorrat habe
und mir gern ein paar Psund davon ablafsen wollte. Aber
es brauchte natürlich niemand davon zu wissen. Außer
Ihnenl And nun wissen Sie es. Guten Abend!"