118 Meggendorfer-Blätter, München
— „Was treiben denn Ihre Kinder da für Unfug?"
— „Gar keinen. Die werfen einander nur den Seifenschaum zu. um Seife zu sparen."
Das zerlrümmerte Ideal
Lange hat Tante Paula sür Leo Kloß geschwärmt. Ihr
kennt doch Leo Kloß. Der Erdkreis wiederhallt von feinem
Tenor. Er singt nur bei riestg erhöhten Eintrittspreifen.
Eigentlich können nur die Amerikaner die Leistungen seines
Kehlkopfs gebührend bezahlen, aber er ist fo gütig, von
Zeit zu Zeit auch bei uns zu singen. Dann steht Tante
Paula jedesmal fechs Stunden vor der Kasse. Aber noch
Monate nachher genießt sie die Erinnerung an Erscheinung
unb Gesang des Gewaltigen als ein höchstes Glück. O,
Leo Kloß als Lohengrin! Das ist edelfte Männlichkeit, das
Llrbild von Schönheit, Gesundheit und herrlicher Kraft.
Aus ist cs, — Tante Paula will nichts mehr von Leo
Kloß wissen. And was ist Schuld daran? Eine Lesemappe,
eine Mappe mit illustrierten Zeitschriften.
Tante Paula war es auf einmal eingefallen, einem
Iournal-Lesezirkel beizutreten. An einem Mittwoch wurde
ihr zum ersten Male die Mappe gebracht, und nach einer
Woche sollte sie gegen eine neue umgetauscht werden. Aber
schon am Sonntag war Tante Paula mit dem Anterhal-
tungsstoff sämtlicher Lefte sertig, und aus Langerweile las
sie nun die Anzeigen. Sie las sie ganz genau; keine einzige
ließ sie aus. And dann erhob sie eine bittere Klage. „Nein,
das hätte ich nicht erwartet! Nie und nimmer hätte ich
mir das von Leo Kloß träumen lassen. Wenn er so
auf der Bühne stand, was für
ein Mann! habe ich da ge-
dacht. Täuschung war es, nie-
derträchtiger Schwindel. Ein
elendes Wrack ist er, ein Iam-
merkerl!"
„Aber Tante, wie kommst
du denn darauf?" sragte man.
Da schlug Tante Paula
ihre Lefte auf und erklärte:
„Seht doch nur die Anzeigen
an! Was der Kerl alles ge-
brauchen muß, um sich über-
haupt zeigen zu können! Aeber-
all sühren die Fabrikanten Leo
Kloß als Zeugen an, daß ihre
Mittel was taugen. Anatherin;
bestes Mundwasser der Welt!
steht da zum Beispiel, und unter
den Zeugnissen: Ich kenne kein
besseres. Leo Kloß. — Na, da-
bei ist nichts, Mundwasser soll
der Mensch gebrauchen. Aber
hier: Caputol. Das unsehl-
barste Mittel gegen Laaraus-
fall, bewirkt selbst bei völliger
Glatze raschen und reichen
Nachwuchs. — Lat flch bestens
bei mir bewährt. Leo Kloß. —
Also eine Glatze hat der Mensch
womöglich schon gehabt!
Oröms sckmiradls. Verleiht
in wenigen Tagen schlaffer
und sleckiger Laut wunderbare
schneeige Weiße und Straffheit.
Ihr ausgezeichnetes Mittel dars
nie auf meinem Toilettentisch
fehlen. Leo Kloß.
Klobigs Lühneraugentod.
Machtdas gefährliche Schneiden
der Lühneraugen überflüssig,
wirkt sicher selbst in ganz veralte-
ten Fällen. — Gern bescheinige
ich Ihnen die WirksamkeitIhres
vortrefflichen Mittels. Leo Kloß.
Der Kerl wird immer zu enge Stiefel tragen!
Fett ist gesundheitsschädlich! Nehmen Sie Miraculo,
und Sie gewinnen Ihre schlanke Iünglingsgestalt wieder!
Drei Schachteln zehn Mark. — Jch kann Ihr Präparat
bestens empfehlen. Leo Kloß.-Scheußlich, nicht wahr?
Einen Wanst wird er sich schon einmal angefressen haben
von seinen hohen Gagen.
Neurosan. Bei allgemeiner Linfqlligkeit, erschöpsten
Nerven, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und ähnlichen Er°
scheinungen das beste und am schnellsten wirkende Mittel.
Lerr Kammersänger Leo Kloß schreibt uns: Neurosan hat
sich vortrefflich bei mir bewährt.-Das will ein Lohen-
grin sein! Daß der Iammerlappen überhaupt die Rüstung
tragen kann! Aber sie wird wohl nur aus Pappe sein."
Tante Paula war nicht wieder zu erkennen; bitterer
Laß gegen Leo Kloß, Wut der Enttäuschung erfüllte sie.
Wild schlug sie auf das letzte Lest mit einer ganzseitigen
Anzeige: „Da, das ist das Schlimmste, das ist geradezu
eine Schamlosigkeit! Iosephsthaler Bitterwasser, das beste
von allen Ab-, nein, ich mag das gar nicht mehr
lesen. And der Kerl schreibt dazu: Ist mir lieber als alle
ähnlichen Mineralwasser und begleitet mich auf allen meinen
Reisen. Leo Kloß.-Nein, Kinder, nie wieder kann ich
den Menschen auf der Bühne sehn. Ich müßte ja immer
an Iosephsthaler Bitterwasser denken." -on.
Copyright ISlK by I. F. Schreiber
— „Was treiben denn Ihre Kinder da für Unfug?"
— „Gar keinen. Die werfen einander nur den Seifenschaum zu. um Seife zu sparen."
Das zerlrümmerte Ideal
Lange hat Tante Paula sür Leo Kloß geschwärmt. Ihr
kennt doch Leo Kloß. Der Erdkreis wiederhallt von feinem
Tenor. Er singt nur bei riestg erhöhten Eintrittspreifen.
Eigentlich können nur die Amerikaner die Leistungen seines
Kehlkopfs gebührend bezahlen, aber er ist fo gütig, von
Zeit zu Zeit auch bei uns zu singen. Dann steht Tante
Paula jedesmal fechs Stunden vor der Kasse. Aber noch
Monate nachher genießt sie die Erinnerung an Erscheinung
unb Gesang des Gewaltigen als ein höchstes Glück. O,
Leo Kloß als Lohengrin! Das ist edelfte Männlichkeit, das
Llrbild von Schönheit, Gesundheit und herrlicher Kraft.
Aus ist cs, — Tante Paula will nichts mehr von Leo
Kloß wissen. And was ist Schuld daran? Eine Lesemappe,
eine Mappe mit illustrierten Zeitschriften.
Tante Paula war es auf einmal eingefallen, einem
Iournal-Lesezirkel beizutreten. An einem Mittwoch wurde
ihr zum ersten Male die Mappe gebracht, und nach einer
Woche sollte sie gegen eine neue umgetauscht werden. Aber
schon am Sonntag war Tante Paula mit dem Anterhal-
tungsstoff sämtlicher Lefte sertig, und aus Langerweile las
sie nun die Anzeigen. Sie las sie ganz genau; keine einzige
ließ sie aus. And dann erhob sie eine bittere Klage. „Nein,
das hätte ich nicht erwartet! Nie und nimmer hätte ich
mir das von Leo Kloß träumen lassen. Wenn er so
auf der Bühne stand, was für
ein Mann! habe ich da ge-
dacht. Täuschung war es, nie-
derträchtiger Schwindel. Ein
elendes Wrack ist er, ein Iam-
merkerl!"
„Aber Tante, wie kommst
du denn darauf?" sragte man.
Da schlug Tante Paula
ihre Lefte auf und erklärte:
„Seht doch nur die Anzeigen
an! Was der Kerl alles ge-
brauchen muß, um sich über-
haupt zeigen zu können! Aeber-
all sühren die Fabrikanten Leo
Kloß als Zeugen an, daß ihre
Mittel was taugen. Anatherin;
bestes Mundwasser der Welt!
steht da zum Beispiel, und unter
den Zeugnissen: Ich kenne kein
besseres. Leo Kloß. — Na, da-
bei ist nichts, Mundwasser soll
der Mensch gebrauchen. Aber
hier: Caputol. Das unsehl-
barste Mittel gegen Laaraus-
fall, bewirkt selbst bei völliger
Glatze raschen und reichen
Nachwuchs. — Lat flch bestens
bei mir bewährt. Leo Kloß. —
Also eine Glatze hat der Mensch
womöglich schon gehabt!
Oröms sckmiradls. Verleiht
in wenigen Tagen schlaffer
und sleckiger Laut wunderbare
schneeige Weiße und Straffheit.
Ihr ausgezeichnetes Mittel dars
nie auf meinem Toilettentisch
fehlen. Leo Kloß.
Klobigs Lühneraugentod.
Machtdas gefährliche Schneiden
der Lühneraugen überflüssig,
wirkt sicher selbst in ganz veralte-
ten Fällen. — Gern bescheinige
ich Ihnen die WirksamkeitIhres
vortrefflichen Mittels. Leo Kloß.
Der Kerl wird immer zu enge Stiefel tragen!
Fett ist gesundheitsschädlich! Nehmen Sie Miraculo,
und Sie gewinnen Ihre schlanke Iünglingsgestalt wieder!
Drei Schachteln zehn Mark. — Jch kann Ihr Präparat
bestens empfehlen. Leo Kloß.-Scheußlich, nicht wahr?
Einen Wanst wird er sich schon einmal angefressen haben
von seinen hohen Gagen.
Neurosan. Bei allgemeiner Linfqlligkeit, erschöpsten
Nerven, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und ähnlichen Er°
scheinungen das beste und am schnellsten wirkende Mittel.
Lerr Kammersänger Leo Kloß schreibt uns: Neurosan hat
sich vortrefflich bei mir bewährt.-Das will ein Lohen-
grin sein! Daß der Iammerlappen überhaupt die Rüstung
tragen kann! Aber sie wird wohl nur aus Pappe sein."
Tante Paula war nicht wieder zu erkennen; bitterer
Laß gegen Leo Kloß, Wut der Enttäuschung erfüllte sie.
Wild schlug sie auf das letzte Lest mit einer ganzseitigen
Anzeige: „Da, das ist das Schlimmste, das ist geradezu
eine Schamlosigkeit! Iosephsthaler Bitterwasser, das beste
von allen Ab-, nein, ich mag das gar nicht mehr
lesen. And der Kerl schreibt dazu: Ist mir lieber als alle
ähnlichen Mineralwasser und begleitet mich auf allen meinen
Reisen. Leo Kloß.-Nein, Kinder, nie wieder kann ich
den Menschen auf der Bühne sehn. Ich müßte ja immer
an Iosephsthaler Bitterwasser denken." -on.
Copyright ISlK by I. F. Schreiber