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Zeitschrift für Humor und Kunst 139

So schwer san's zum heben, dö Fafseln, und zum Aussaufen so leicht!'

Sterne

gegenwärtig hellster Stern
am Firmament — hinten auf°
schließen, bitte — gehört zu den
sogenannten inneren Planeten
— ein wenig rascher, bitte, —
länger als eine Mertelminute
darf niemand —"

„Au, verflucht nochmal,
treten Sie gefälligst auf Ihre
eigenen Äühneraugen!"

„Entschuldigen Sie, ich
habe hinten keine Augen. Es
ist hier überhaupt blödsinnig
dunkel."

„Schwachkopf, man kann
doch Sterne nicht dur'ch die
elektrische Bogenlampe —"

„Nehmen SiedenSchwach-
kopf sofort zurück, mein Lerr,
oder —"

„Zum Donnerwetter, las-
sen Sie jetzt endlich meinen
Azor in Ruhe, sonst laß ich
ihn los."

„Einer nach dem andern,

bitte — der blaue Schein entsteht durch Strahlenbrechung
in der Atmosphäre — rascher, bitte, wir werden sonst nicht
fertig_"

„Lerr Observatoriumsdirektor, wenn der Saturn heute
nicht mehr dran kommt, verzichte ich —"

„Beruhigen Sie sich, nach der Venus kommt das Stern-
bild im Lerkules daran und —"

„Der Lerkules ist mir egal, ich müß auf Rückerstattung
meiner fünfzig Pfennig —"

„Was sagen Sie?" schimmerte die Brille empört durch
die Dämmerung, „Sie HLtten sich die Venus anders vorge-
gestellt? — das wird der Venus leid tun — der nächste,
bitte — ich bitte, das Fragen zu unterlassen — nicht reden,
bitte — schauen, schauen — wir werden sonst nicht fertig,
der blaue Schein ensteht durch — hinten ausschließen, bitte —
gegenwärtig hellster Stern am Firmament — von
weiß ich aber ganz bestimmt,
daß Sie die Venus schon ge-
habt haben, zurück, mein Lerr - "

„Nein, den blauen Schein
habe ich vorhin nicht gesehen."

„Der Nächste, bitte."

„Zum Teufel auch, ich möchte
meinen blauen Schein, ich habe
Anspruch aufden blauen Schein."

„Wenn Sie den Lund nicht
aus der Sternwarte entfernen,
meine Dame, so werde ich —
so muß ich — so werden Sie —"

„Tun Sie Ihren Azor weg,

Fräulein, sonst wirft er Ihnen
den Lund ans Firmament hin°
aus, wo er als Stern Azor ewig
um die Sonne kreisen mutz, ich
rate Ihnen gut, mein Fräulein."

„Komm, Ludwig, wir gehen
ins Metropol mit Azor, ich hatte
keine Ahnung, daß hier auf der
Sternwarte solche Roheit... ."

„Meine Lerrschaften, wer hat die Venus noch nicht
gesehen — gegenwärtig hellster Stern am Firmament — von
der andern Seite, Fräulein, Sie verrenken stch die Lüfte —
was sagen Sie? Sie sähen nichts? mein Fernrohr tauge
nichts? — das liegt nicht am Fernrohr, sehr verehrter Lerr,
daß Sie jetzt nicht einmal sehen — vermutlich habe» sie vorher
schon alles doppelt gesehen — der blaue Schein entsteht
durch Strahlenbrechung in der Atmosphäre — rascher, bitte,
rascher . . ."

„Lör mal, Oskar, ich finde es merkwürdig, daß man
im Kriege nicht einmal den Mars soll sehen können . . ."

„Ich will froh sein, Max, wenn wir nachher im Re-
staurant Excelsior —"

„Bravo, in diesem Sinn erhebe ich mein Fernrohr,
um dir einen Ganzen zu kommen und . . ."

„Laben jetzt alle Lerrschaften die Venus gesehn? —
gegenwärtig hellster Stern am
Firmament — heda, da steht
noch ein Iunge — du warst noch
nicht dran —"

Der Iunge schaute selbst-
-vergessen durch den Bogenspalt
der Kuppel in den sreien Nacht-
himmel. Er hatte sich die fünf-
zig Pfennige drei Wochen lang
gespart.

„Die Venus, Iunge, he,
komm doch herauf die Treppe
an das Fernrohr — die Venus,
gegenwärtig hellster Stern am
Firmament —"

Der Iunge rührte sich nicht.
Alles fchien um ihn versunken.
Mit seltsam glänzenden Augen
stgrrte er das schmale Limmels-
rechteck, das mattglänzende,über
seinem Laupte an.

„Na also, wenn de dumm
bist — und jetzt meine Lerr-

Termingeschäft — „Daß du aber Nlcht zu
Lause erzählst, Fritzel, daß wir das Geld verloren
und beim Bäcker haben anschreiben laffen. So
kriegen wir die Prügel erst in ein paar Wochen."
 
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