146
Kriegschronik der Meggeudorfer-Blätter, Müncheu
Sarrail-Dornröschens Erwacheu
Zur Heimkehr öer „Deutschlanü"
Nun steht der Ieinüe Lhor betroffen:
Die „Deutschlanü" also nicht ersoffen!
Die Hinfahrt konnte „Glück" man schelten,
Solch AeLe Larf jetzt nimmer gelten.
Wenn unserm Boot ein Leid geschehen
— Schon manches Schiff tat untergehen —
Wie HLtten sie slch stol; gebläht,
Vor Scha-enfceuie Hohn gekräht!
Und nun? 2etzt lähmt Ler Nei- üie Zungen.
Wir wollen ja kein Lob gesungen,
Wir bitten nur um ein Bekenntnis,
Um ein geringes LingestänLnis:
Daß wir nicht nur mit Schwertern kriegen,
Daß wir nicht nur Lurch Wunüen siegen,
Wie in üem Kciege üie „Barbaren"
Wohl nie auf DeutschlanLs Seite waren.
Denn -aß üas Boot sich heimgefunden,
Das ist ein Seesieg ohne Wunüen,
Lin Sieg, wie keiner noch erstritten,
Dabei ksin Helü Len Tod ertitten,
Ein Sieg. Ler keine Träne ;eugt,
Kein Irauenhaupt verwitwet beugt,
Ein Sieg, erkämpft mit Iriedensmitteln:
Den sollen sie uns nicht bekritteln.
Kriegs- S chüttelreim
Man muß sich nach den Decken strecken
And den Bedarf durch Strecken decken.
Emil Pein
Briefe zum Semesterschluß
Gewechselt zwischen Fräulein Sieglinde Müller, ennä. pbit. aus
Lannover, und Mama, Sommer-Semester ISlZ und jetzt.
1913
Lannover, 15. August 1913.
Liebe Sieglinde!
Wo bleibst Du? Das Semester ist nun doch längst
zu Ende, ich habe Dir schon vor vierzehn Tagen das Geld
zur Leimreise geschickt, aber keine Sieglinde kommt. Du
fängst ja gut an, gleich im ersten Semester! Papa ist ganz
außer stch, er sagt, das kommt davon, wenn man seine
Tochter studieren läßt. Ich bekomme die meisten Vorwürfe,
denn ich bin ja mit schuld an Deinem Studium, weil ich
immer gesagt habe, ich will lieber. daß meine Tochter selb-
ständig wird und was lernt, als daß ich im Winter mit
ihr auf jedem Larmonieball herumsitze, und es beißt doch
keiner an. Aber so war das mit der Selbständigkeit nicht
gemeint, daß Du nun die Ferien nicht heimkommst. Komm
glxich nach Laus, sonst ist es ein für allemal aus mit dem
Studieren. And denk' nicht etwa, Mama muß mir ja doch
nochmal Neisegeld schicken, wenn sie mich nach Laus haben
will, und Du kannst das Geld getrost ausgeben. Du magst
nachher schon sehen, wo Du bleibst.
Deine Mutter.
München, 17. August 1913.
Liebe Mama!
Ich wollte Dir gerade einen Brief schreiben, daß das
Geld wieder aus ist, und daß Du mir wieder welches schicken
mußt, als Dein Brief kam. Das ist doch nun zu dösig,
daß ich schon wieder nach dem dummen Lannover soll, ich
mopse mich da schon noch Zeit genug hcrum. Ihr denkt
natürlich, weil Ferien sind, habe ich den qanzen Tag nichts
zu tun. Ich muß doch meine Kollegs durcharbeiten, und
dazu brauche ich die Bibliothek im Seminar. Ich sitze den
ganzen Tag im Seminar und arbeite angestrengt wie ein
Kuli. Wenn ich das jetzt nicht tue, hol' ich es später nie
wieder ein. Also kommt mir nicht mit der Spießeransicht,
daß ein Student nichts zu tun hat, wenn Ferien sind.
Wenn die Vorlesungen schließen, geht die Arbeit erst richtig
an. And denkt nicht, Ihr könnt mir imponieren, wenn Ihr
mir kein Geld schickt, ich lasse mich nicht aushungern. Also
bitte schick' Geld!
Lerzlichen Gruß, auch für Papa
Eure
Sieglinde.
1916
München, I. August 1916.
Liebe Mutter!
Die Vorlesungen schließen Ende der Woche, aber ich
werde schon morgen Schluß machen und übermorgen reisen.
Die Professoren sagen ja in der letzten Vorlesung immer
dasselbe, „Dank für gütige Aufmerksamkeit" und so Schmar-
ren, das kann man sich schenken. Ich werde sehr glücklich
sein, wenn ich wieder daheim bin; ich will doch nun auch
an meine Doktorarbeit herangehen, und da kann ich die
Ruhe zu Lause gut brauchen. Auch freue ich mich sehr,
daß ich zu Lause bei Dir, Mutter, mich wieder mal ordentlich
satt essen kann, das Essen in der Pension war in der letzten
Zeit recht mies geworden. Ia zuerst als junges Kücken, da
ist man froh, wenn man von zu Laus fort ist und nicht
am Familientisch zu essen braucht, aber wen» man erst
älter und erfahrener wird, da lernt man einsehen, daß es
am besten doch bei Muttern schmeckt.
Auf baldiges Wiedersehen!
Eure Siealinde.
Kriegschronik der Meggeudorfer-Blätter, Müncheu
Sarrail-Dornröschens Erwacheu
Zur Heimkehr öer „Deutschlanü"
Nun steht der Ieinüe Lhor betroffen:
Die „Deutschlanü" also nicht ersoffen!
Die Hinfahrt konnte „Glück" man schelten,
Solch AeLe Larf jetzt nimmer gelten.
Wenn unserm Boot ein Leid geschehen
— Schon manches Schiff tat untergehen —
Wie HLtten sie slch stol; gebläht,
Vor Scha-enfceuie Hohn gekräht!
Und nun? 2etzt lähmt Ler Nei- üie Zungen.
Wir wollen ja kein Lob gesungen,
Wir bitten nur um ein Bekenntnis,
Um ein geringes LingestänLnis:
Daß wir nicht nur mit Schwertern kriegen,
Daß wir nicht nur Lurch Wunüen siegen,
Wie in üem Kciege üie „Barbaren"
Wohl nie auf DeutschlanLs Seite waren.
Denn -aß üas Boot sich heimgefunden,
Das ist ein Seesieg ohne Wunüen,
Lin Sieg, wie keiner noch erstritten,
Dabei ksin Helü Len Tod ertitten,
Ein Sieg. Ler keine Träne ;eugt,
Kein Irauenhaupt verwitwet beugt,
Ein Sieg, erkämpft mit Iriedensmitteln:
Den sollen sie uns nicht bekritteln.
Kriegs- S chüttelreim
Man muß sich nach den Decken strecken
And den Bedarf durch Strecken decken.
Emil Pein
Briefe zum Semesterschluß
Gewechselt zwischen Fräulein Sieglinde Müller, ennä. pbit. aus
Lannover, und Mama, Sommer-Semester ISlZ und jetzt.
1913
Lannover, 15. August 1913.
Liebe Sieglinde!
Wo bleibst Du? Das Semester ist nun doch längst
zu Ende, ich habe Dir schon vor vierzehn Tagen das Geld
zur Leimreise geschickt, aber keine Sieglinde kommt. Du
fängst ja gut an, gleich im ersten Semester! Papa ist ganz
außer stch, er sagt, das kommt davon, wenn man seine
Tochter studieren läßt. Ich bekomme die meisten Vorwürfe,
denn ich bin ja mit schuld an Deinem Studium, weil ich
immer gesagt habe, ich will lieber. daß meine Tochter selb-
ständig wird und was lernt, als daß ich im Winter mit
ihr auf jedem Larmonieball herumsitze, und es beißt doch
keiner an. Aber so war das mit der Selbständigkeit nicht
gemeint, daß Du nun die Ferien nicht heimkommst. Komm
glxich nach Laus, sonst ist es ein für allemal aus mit dem
Studieren. And denk' nicht etwa, Mama muß mir ja doch
nochmal Neisegeld schicken, wenn sie mich nach Laus haben
will, und Du kannst das Geld getrost ausgeben. Du magst
nachher schon sehen, wo Du bleibst.
Deine Mutter.
München, 17. August 1913.
Liebe Mama!
Ich wollte Dir gerade einen Brief schreiben, daß das
Geld wieder aus ist, und daß Du mir wieder welches schicken
mußt, als Dein Brief kam. Das ist doch nun zu dösig,
daß ich schon wieder nach dem dummen Lannover soll, ich
mopse mich da schon noch Zeit genug hcrum. Ihr denkt
natürlich, weil Ferien sind, habe ich den qanzen Tag nichts
zu tun. Ich muß doch meine Kollegs durcharbeiten, und
dazu brauche ich die Bibliothek im Seminar. Ich sitze den
ganzen Tag im Seminar und arbeite angestrengt wie ein
Kuli. Wenn ich das jetzt nicht tue, hol' ich es später nie
wieder ein. Also kommt mir nicht mit der Spießeransicht,
daß ein Student nichts zu tun hat, wenn Ferien sind.
Wenn die Vorlesungen schließen, geht die Arbeit erst richtig
an. And denkt nicht, Ihr könnt mir imponieren, wenn Ihr
mir kein Geld schickt, ich lasse mich nicht aushungern. Also
bitte schick' Geld!
Lerzlichen Gruß, auch für Papa
Eure
Sieglinde.
1916
München, I. August 1916.
Liebe Mutter!
Die Vorlesungen schließen Ende der Woche, aber ich
werde schon morgen Schluß machen und übermorgen reisen.
Die Professoren sagen ja in der letzten Vorlesung immer
dasselbe, „Dank für gütige Aufmerksamkeit" und so Schmar-
ren, das kann man sich schenken. Ich werde sehr glücklich
sein, wenn ich wieder daheim bin; ich will doch nun auch
an meine Doktorarbeit herangehen, und da kann ich die
Ruhe zu Lause gut brauchen. Auch freue ich mich sehr,
daß ich zu Lause bei Dir, Mutter, mich wieder mal ordentlich
satt essen kann, das Essen in der Pension war in der letzten
Zeit recht mies geworden. Ia zuerst als junges Kücken, da
ist man froh, wenn man von zu Laus fort ist und nicht
am Familientisch zu essen braucht, aber wen» man erst
älter und erfahrener wird, da lernt man einsehen, daß es
am besten doch bei Muttern schmeckt.
Auf baldiges Wiedersehen!
Eure Siealinde.