Meggendorfer-Blätter, München
Quartett
Der Schlüffeltiger Von Max Mehger
Rentier Marbach wurde im Lerrenzimmer des „Goldenen
Roß" von den Stammtischbrüdern mit Lallo empfangen. Ieden
Abend wartete man mit Sehnsucht auf sein Erschei-
nen, um seine neuesten Schnurren zu hören.
Als er saß, sein Bier vor sich stehen hatte und
seine Zigarre in Brand war, fragte einer der Lerren
aufmunternd:
„Nun, Marbach, was haben Sie heute Neues
auf der Pfanne?"
„Neues? Ach, Gott, auf dieser trostlosen Welt
passiert ja nichts Neues." — Er lehnte sich behaglich
in seinen Armstuhl zurück und sah den Wänden ent-
lang. Da war nichts Bemerkenswertes. Ein paar
langweilige und häßliche Bilder hingen herum, Sekt-
und Schnapsplakate. Nur ein Zettel war hinzugekom-
men. „Leute frische Krebssuppe" stand darauf.
„Leute frifche Krebssuppe? Lerrgott, wenn das
meine Alte gewußt hätte! Sie wäre unfehlbar mit-
gekommen!"
„Mag sie so gerne Krebsfuppe?" sragte der
Sanitätsrat.
„Zum Sterben gern. Krebssuppe und Fruchteis,
das sind für sie die höchsten Genüffe dieser Welt."
„Krebssuppe und Fruchteis," wiederholte der
Apotheker lachend. „Eine merkwürdige Zusammen-
stellung."
„Za. halt! !lnd Schlttffel!" ergänzte Marbach.
„Schlüssel!"
„Iawohl, Schlüffel."
„Was sind denn das? So eine Art Schmalz-
kuchen, etwa wie Scherben?"
„Nein. Mein Gott, richtige Schlüffel! —" Er
griff in die Tasche und warf feinen Schlüsselbund
klirrend auf den Tisch.
„Die sind ja von Eisen. Die kann man doch
nicht effen."
„Meine Frau verschlingt sie aber leidenfchaftlich."
Die Lerren guckten sich betroffen an. „Lahaha,
hihihi! Ietzt wirds gut!"
„Na, ich danke," meinte der Apotheker. „Da
müßte Ihre Frau schon Salpeterfäure nachtrinken!"
„Das weiß ich nicht, was ste dazu einnimmt.
Iedenfalls bekommen ihr die Dinger ganz gut."
„Meine Lerren," rief der Sanitätsrat. „Sie
kennen doch unseren guten Marbach. Er liebt es, aus
einem Floh einen Elefanten zu machen. Die Sache
ist wohl so, daß seine Gattin einmal das Pech gehabt
hat, ein winziges Schlüffelchen zu verschlucken, wie
man solche für kleine Kästchen und Sparbüchsen hat."
„Doch nicht," widersprach ruhig Marbach. „Es
handelk sich um Schlüffel jeder Größe und um einige
Dutzende in der Anzahl."
„Die alle Ihre Frau verschlungen haben soll?"
Der alte Lerr nickte.
Ein schallendes Gelächter. „Nun schlag einer
lang hin!"
Der Amtsgerichtsrat Storbeck reckte stch in die
Löhe.
„Seit wann soll Ihre Frau Gemahlin an dieser
ungewöhnlichen Leidenschaft leiden?"
„Seit unserer Verheiratung."
„Laben Sie selbst mit eigenen Augen gesehen,
wie Ihre Frau einen Schlüssel verschlang?"
„Nein. Sie fröhnt dieser Gier eben heimlich."
„Wie kommen Sie zu diefem eigentümlichen Ver-
dacht?"
„Alle Schlüssel verfchwinden spurlos."
Die Hauptsache
Nachbar: „Du hast ja beim Llnter-
schreiben des Vertrages gestern so
g'schmunzelt, Striegelbauer. Glaubst, daß der für dich so günstig
ist?" — „Das nicht, aber die Unterschrift ist mir gut g'lungen!"
Quartett
Der Schlüffeltiger Von Max Mehger
Rentier Marbach wurde im Lerrenzimmer des „Goldenen
Roß" von den Stammtischbrüdern mit Lallo empfangen. Ieden
Abend wartete man mit Sehnsucht auf sein Erschei-
nen, um seine neuesten Schnurren zu hören.
Als er saß, sein Bier vor sich stehen hatte und
seine Zigarre in Brand war, fragte einer der Lerren
aufmunternd:
„Nun, Marbach, was haben Sie heute Neues
auf der Pfanne?"
„Neues? Ach, Gott, auf dieser trostlosen Welt
passiert ja nichts Neues." — Er lehnte sich behaglich
in seinen Armstuhl zurück und sah den Wänden ent-
lang. Da war nichts Bemerkenswertes. Ein paar
langweilige und häßliche Bilder hingen herum, Sekt-
und Schnapsplakate. Nur ein Zettel war hinzugekom-
men. „Leute frische Krebssuppe" stand darauf.
„Leute frifche Krebssuppe? Lerrgott, wenn das
meine Alte gewußt hätte! Sie wäre unfehlbar mit-
gekommen!"
„Mag sie so gerne Krebsfuppe?" sragte der
Sanitätsrat.
„Zum Sterben gern. Krebssuppe und Fruchteis,
das sind für sie die höchsten Genüffe dieser Welt."
„Krebssuppe und Fruchteis," wiederholte der
Apotheker lachend. „Eine merkwürdige Zusammen-
stellung."
„Za. halt! !lnd Schlttffel!" ergänzte Marbach.
„Schlüssel!"
„Iawohl, Schlüffel."
„Was sind denn das? So eine Art Schmalz-
kuchen, etwa wie Scherben?"
„Nein. Mein Gott, richtige Schlüffel! —" Er
griff in die Tasche und warf feinen Schlüsselbund
klirrend auf den Tisch.
„Die sind ja von Eisen. Die kann man doch
nicht effen."
„Meine Frau verschlingt sie aber leidenfchaftlich."
Die Lerren guckten sich betroffen an. „Lahaha,
hihihi! Ietzt wirds gut!"
„Na, ich danke," meinte der Apotheker. „Da
müßte Ihre Frau schon Salpeterfäure nachtrinken!"
„Das weiß ich nicht, was ste dazu einnimmt.
Iedenfalls bekommen ihr die Dinger ganz gut."
„Meine Lerren," rief der Sanitätsrat. „Sie
kennen doch unseren guten Marbach. Er liebt es, aus
einem Floh einen Elefanten zu machen. Die Sache
ist wohl so, daß seine Gattin einmal das Pech gehabt
hat, ein winziges Schlüffelchen zu verschlucken, wie
man solche für kleine Kästchen und Sparbüchsen hat."
„Doch nicht," widersprach ruhig Marbach. „Es
handelk sich um Schlüffel jeder Größe und um einige
Dutzende in der Anzahl."
„Die alle Ihre Frau verschlungen haben soll?"
Der alte Lerr nickte.
Ein schallendes Gelächter. „Nun schlag einer
lang hin!"
Der Amtsgerichtsrat Storbeck reckte stch in die
Löhe.
„Seit wann soll Ihre Frau Gemahlin an dieser
ungewöhnlichen Leidenschaft leiden?"
„Seit unserer Verheiratung."
„Laben Sie selbst mit eigenen Augen gesehen,
wie Ihre Frau einen Schlüssel verschlang?"
„Nein. Sie fröhnt dieser Gier eben heimlich."
„Wie kommen Sie zu diefem eigentümlichen Ver-
dacht?"
„Alle Schlüssel verfchwinden spurlos."
Die Hauptsache
Nachbar: „Du hast ja beim Llnter-
schreiben des Vertrages gestern so
g'schmunzelt, Striegelbauer. Glaubst, daß der für dich so günstig
ist?" — „Das nicht, aber die Unterschrift ist mir gut g'lungen!"