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Meggendorfer-Blätter, München

Der Renöier

So ä Haischen uff'nr Lande
Hab' 'ch mir anüersch vorgeschtellt.
Draußen, üacht' 'ch, im Ruheschtanöe
Haste üeine eegne Welt.

Kannst öich frei herumbewegen
Wie ä Gäfer uff'n Nist,

Weil üe nu, üas is ä Sägen,
Doch üei eegner Herre bist.

Der Schlüffeltiger

„Lören Sie einmal! Schlüssel werden doch häufig ver-
legt oder verloren."

„Dann kommen sie aber gelegentlich wieder zum Vor-
schein."

„Einige. Vielleicht auch die meisten. Bei Ihnen findet
fich gar keiner mehr an?"

„Nicht die Spur!"

„Was für Schlüffel find schon geheimnisvoll verschwun-
den?"

„Kastenschlüssel, Schrankschlüssel, Schubladenschlüssel,

Kofferschlüssel, Zimmer-
schlüssel, Laustürschlüs-
sel .

„La — eine nette
Reihe!"

„Lalt — und — Gas-
schlüssel!"

„Lahaha—ha! Lä-

hähi! Lihihi—i!"

„Nuhe! ErzählenSie
uns doch einmal zusam
menhängend, was Sie
über die merkwürdige
Geschichte wissen."

„Gerne." Lerr Mar-
bach nahm einen tüchti
gen Schluck und begann:

„Ich bin nun scho»
fünfunddreißig Iahre
verheiratet. Damals —
nach unserer Lochzeit
machten wir eine große
schöne Lochzeitsreise.."

„Lahaha, — Mar-
bach, da waren Sie noch
ein anderer Kerl!"

„Schscht! Nicht un-
terbrechen!"

„Als wir zurückkamen,
führte ich meine junge
Frau in den Näumen
der Villa herum, die
ich nach meinen eigenen
Ideen hatte ausstatten
lassen. Meine Frau war
entzückt über alles das
Schöne und Praktische
der Einrichtung. Merk-
würdigerweise legte fie
ein ganz besonderes In-
teresse für die Schlüssel
an den Tag. Sie be-
trachtete jeden Schlüssel
eingehend, drehte an
allen und zog ste heraus
und steckte sie hinein.
Mitunter brach fie in
Freudenrufe aus und
machtemich aufdieZier-
lichkeit der Dinger auf-
merksam. Ich dachte mir
damals nichts besonde-
res dabei. — Bekannt-
lich liesern die Schloßfabrikanten für jedes Schloß gleich
immer zwei passende Schlüssel. Der Möbeltischler hatte
den zweiten Schlüssel an einem Bändchen an den eingesteck-
ten gehängt. Das fand meine Frau reizend. Nach einigen
Tagen wären aber diese zweiten Exemplare verschwunden.
„Wo find denn die Doppelschlüssel geblieben?" fragte ich.
„Ach Männchen, so war's doch zu unbequem," sagte meine
Frau, „ich habe sie abgeschnitten und verwahrt." Das fand
ich ganz vernünftig. Nach einigen Monaten machte ich die
Entdeckung, daß alle steckengebliebenen Schlüssel an allen
Möbeln fehlten. „Nanu," sagte ich, „jetzt fehlen ja die

Ia, üei eegner Schafgobb biste,
Weiter nischt, in folio:

Unü mei Lähm is schrecklich triste,
Denn mei Alüe, üie is roh.

Egal bin 'ch ihr bloß im Wege,
Unü ä Dreck bin ich im Haus;
Wenn 'ch mich nor ä bißl rege,
Schmeißt mich öie Gsanüibbe 'naus.
 
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