Zeitschrift für Humor und Kunst
203
Das Kennwort
und jede Art von Tätigkeit zu
decken. !lnd seit dem Tode ihrer
Waisenmutter hat sie es nie wie-
der gehört. Das war das rechte.
„Nun, Frau Duttenhöfer,
das Kennwort, bitte?"
„Vertrallimaschieren."
„Wie?"
„Vertrallimaschieren."
„Merkwürdig. Aber schrei-
benSie's mal auf den Zettel da."
Die Duttenhöferin malte
vertrallimaschieren aufs Papier.
Der Beamte schüttelte noch
zweimal den Kopf.
„Labe zwar keine Ahnung,
was das Ding bedeutet. Aber
was geht's mich an? Also Frau
Duttenhöfer, wir nehmen ver-
trallimaschieren als Kennwort.
Wir merken's uns auf Ihrem
Konto vor, und Sie, Sie dürfen's
eben nicht vergessen."
„I, wo werd ich."
Das Konto stand drei Mo-
nate unberührt da. Nichts kam
heraus und nichts hinein. Es
war, als verscheuche das Kenn-
wort, das drohend darüber stand,
jeden neuen Einkrag.
Inzwischen ging die Dutten-
höferin ihrer Arbeit nach. stolz,
daß sie ein Kennwort hatte. Ein-
mal hatte ste Krach mit der Lanf-
stengelin vom dritten Stock links.
Dabei war sie genötigt, zur Ver-
stärkung ihrer Ansicht aufzu-
trumpfen:
„And überhaupts," sagte sie,
„hab' ich gar nicht nötig, mich
mit einer solchen Person herum-
zuärgern, wie Sie eine sind.
Man weiß doch, was man sich
schuldig ist. Ich hab' ein Spar-
kassenbuch, daß Sie 's wissen."
„And ich auch," sagte die
Lanfstengelin. Darauf war die Dultenhöferin nicht gefaßt.
„So," schnappte ste, „so? aber ich hab' außerdem auch
noch ein Kennwort." Aha, das saß.
„Ein Kennwort? Was soll denn dös überhaupt sein?"
„Dös werd ich Ihnen gleich sagen, wenn ich dumm wär.
Das weiß sonst niemand außer mir."
„So, wie heißt's denn dann?"
„So fangt man die Leut, Lanfstengelin, hahaha!"
„Also schmier'n Sie 's Ihnen nur aufs Butterbrvt, Ihr
damisch's Kennwort, damit's fett werd'n davon. Aber
geb'n S' acht, daß 's nett ranzig werd', Ihr sauber's
Kennwort."
Damit schmiß sie die Gangtür vom dritten Stock links
hinter sich zu. Es war eine Frechheit. Vielleicht war es auch
Neid. Wenn man ein Kennwort hat, und andre keines ...
Am selben Tage wollte sie ein wenig Geld abheben.
Sie ging in der Mittagspause wohlgemut zur Sparkasse.
Knapp vor der Sparkasse begegnete ihr wieder die Äanf-
stengelin. Die schaute sie giftig
an, mit einem Blick, als woll-
te sie der Duttenhöferin was
heraussaugen. Dann war ste
vorbei.
Aber die Duttenhöferin blieb
auf der zweitobersten Stufe der
Sparkassentreppestehen und tipp-
te sich vors Lirn:
„Na, wie heißt doch gleich
mein Kennwort — zum Dixel
noch einmal, jetzt hab' ich's gar
vergessen — a was, es wird mir
schon wieder einfallen — jetzt
geh ich ein paarmal die Allee
draußen auf und ab — in der
frischen Luft wird's mir schon
— wird's mir schon —"
Gut zehnmal war ste die Allee
auf- und abgegangen. Gut ein
dutzendmal hatte sie sich aufs
Lirn geiippt: „Das Kennwort,
zum Deixel noch einmal, das
Kennwort..." Aber kein Kenn-
wort kam.
Da ging sie trotzdem in die
Sparkasse und schielte in den
großen Saal hinein. An keinem
Schalter stand der Beamte von
damals. Der mußte versetzt
worden sein. And einem frem-
den konnte sie doch auch nicht
sagen, daß sie ihr Kennwort ver-
gessen habe. Der hätte sie wo-
möglich gleich selber für eine
Diebin gehalten, sie verhaften
lassen, — zum Deixel noch ein-
mal ...
Drei Tage gmg die Dutten-
höferin auf der Suche nach ihrem
Kennwort herum. Fast trüb-
sinnig wurde ste. Vom Fleisch
fiel sie. Sogar ihrer Feindin aus
dem dritten Stock links wich fle
aus. Am vierten Tage hörte sie
hinter sich, wie die Äanfstengelin
einer vom vierten Stock, hinten
Mitte, zuflüsterte:
„Mit der Duttenhöferin muß irgend etwas nicht in
Ordnung sein. Die hat ein schlechtes Gewissen. Ich wekt'
mein' Kopf, die hat irgendwas auf'm Kerbholz, die hat
irgendwas vertrallimaschiert."
Lui, ist da die Lanfstengelin nicht schlecht erschrocken,
wie die Duttenhöferin auf der Treppe kehrt gemacht hat,
heraufgestürmt ist, ihr um den Lals gefallen ist — sie hat
gleich gar gemeint, es ging ihr ans Leben. Aber keine
Spur davon, sondern:
„Lanfstengelin," sagte die Duttenhöferin gerührt,„Lanf-
stengelin, ich danke dir, ohne dich wär's mir schlecht 'gangen
mit meinem Sparkassenbuch."
Die Lanfstengelin hatte zwar keine Ahnung von dem
Zusammenhang, aber gerührt war fle schließlich doch auch.
And daher kommt es, daß die Duttenhöferin von jetzt ab
keine Feindin mehr hat, sondern nur noch das Sparkassen-
buch und das Kennwort. (m.)
Keine Ausrede — , Grad jetzt muaß i in mein
Suff so dalket hinfall'n, wo scho
wochenlang in der ganzen Amgegend koaRaufereiwar."
203
Das Kennwort
und jede Art von Tätigkeit zu
decken. !lnd seit dem Tode ihrer
Waisenmutter hat sie es nie wie-
der gehört. Das war das rechte.
„Nun, Frau Duttenhöfer,
das Kennwort, bitte?"
„Vertrallimaschieren."
„Wie?"
„Vertrallimaschieren."
„Merkwürdig. Aber schrei-
benSie's mal auf den Zettel da."
Die Duttenhöferin malte
vertrallimaschieren aufs Papier.
Der Beamte schüttelte noch
zweimal den Kopf.
„Labe zwar keine Ahnung,
was das Ding bedeutet. Aber
was geht's mich an? Also Frau
Duttenhöfer, wir nehmen ver-
trallimaschieren als Kennwort.
Wir merken's uns auf Ihrem
Konto vor, und Sie, Sie dürfen's
eben nicht vergessen."
„I, wo werd ich."
Das Konto stand drei Mo-
nate unberührt da. Nichts kam
heraus und nichts hinein. Es
war, als verscheuche das Kenn-
wort, das drohend darüber stand,
jeden neuen Einkrag.
Inzwischen ging die Dutten-
höferin ihrer Arbeit nach. stolz,
daß sie ein Kennwort hatte. Ein-
mal hatte ste Krach mit der Lanf-
stengelin vom dritten Stock links.
Dabei war sie genötigt, zur Ver-
stärkung ihrer Ansicht aufzu-
trumpfen:
„And überhaupts," sagte sie,
„hab' ich gar nicht nötig, mich
mit einer solchen Person herum-
zuärgern, wie Sie eine sind.
Man weiß doch, was man sich
schuldig ist. Ich hab' ein Spar-
kassenbuch, daß Sie 's wissen."
„And ich auch," sagte die
Lanfstengelin. Darauf war die Dultenhöferin nicht gefaßt.
„So," schnappte ste, „so? aber ich hab' außerdem auch
noch ein Kennwort." Aha, das saß.
„Ein Kennwort? Was soll denn dös überhaupt sein?"
„Dös werd ich Ihnen gleich sagen, wenn ich dumm wär.
Das weiß sonst niemand außer mir."
„So, wie heißt's denn dann?"
„So fangt man die Leut, Lanfstengelin, hahaha!"
„Also schmier'n Sie 's Ihnen nur aufs Butterbrvt, Ihr
damisch's Kennwort, damit's fett werd'n davon. Aber
geb'n S' acht, daß 's nett ranzig werd', Ihr sauber's
Kennwort."
Damit schmiß sie die Gangtür vom dritten Stock links
hinter sich zu. Es war eine Frechheit. Vielleicht war es auch
Neid. Wenn man ein Kennwort hat, und andre keines ...
Am selben Tage wollte sie ein wenig Geld abheben.
Sie ging in der Mittagspause wohlgemut zur Sparkasse.
Knapp vor der Sparkasse begegnete ihr wieder die Äanf-
stengelin. Die schaute sie giftig
an, mit einem Blick, als woll-
te sie der Duttenhöferin was
heraussaugen. Dann war ste
vorbei.
Aber die Duttenhöferin blieb
auf der zweitobersten Stufe der
Sparkassentreppestehen und tipp-
te sich vors Lirn:
„Na, wie heißt doch gleich
mein Kennwort — zum Dixel
noch einmal, jetzt hab' ich's gar
vergessen — a was, es wird mir
schon wieder einfallen — jetzt
geh ich ein paarmal die Allee
draußen auf und ab — in der
frischen Luft wird's mir schon
— wird's mir schon —"
Gut zehnmal war ste die Allee
auf- und abgegangen. Gut ein
dutzendmal hatte sie sich aufs
Lirn geiippt: „Das Kennwort,
zum Deixel noch einmal, das
Kennwort..." Aber kein Kenn-
wort kam.
Da ging sie trotzdem in die
Sparkasse und schielte in den
großen Saal hinein. An keinem
Schalter stand der Beamte von
damals. Der mußte versetzt
worden sein. And einem frem-
den konnte sie doch auch nicht
sagen, daß sie ihr Kennwort ver-
gessen habe. Der hätte sie wo-
möglich gleich selber für eine
Diebin gehalten, sie verhaften
lassen, — zum Deixel noch ein-
mal ...
Drei Tage gmg die Dutten-
höferin auf der Suche nach ihrem
Kennwort herum. Fast trüb-
sinnig wurde ste. Vom Fleisch
fiel sie. Sogar ihrer Feindin aus
dem dritten Stock links wich fle
aus. Am vierten Tage hörte sie
hinter sich, wie die Äanfstengelin
einer vom vierten Stock, hinten
Mitte, zuflüsterte:
„Mit der Duttenhöferin muß irgend etwas nicht in
Ordnung sein. Die hat ein schlechtes Gewissen. Ich wekt'
mein' Kopf, die hat irgendwas auf'm Kerbholz, die hat
irgendwas vertrallimaschiert."
Lui, ist da die Lanfstengelin nicht schlecht erschrocken,
wie die Duttenhöferin auf der Treppe kehrt gemacht hat,
heraufgestürmt ist, ihr um den Lals gefallen ist — sie hat
gleich gar gemeint, es ging ihr ans Leben. Aber keine
Spur davon, sondern:
„Lanfstengelin," sagte die Duttenhöferin gerührt,„Lanf-
stengelin, ich danke dir, ohne dich wär's mir schlecht 'gangen
mit meinem Sparkassenbuch."
Die Lanfstengelin hatte zwar keine Ahnung von dem
Zusammenhang, aber gerührt war fle schließlich doch auch.
And daher kommt es, daß die Duttenhöferin von jetzt ab
keine Feindin mehr hat, sondern nur noch das Sparkassen-
buch und das Kennwort. (m.)
Keine Ausrede — , Grad jetzt muaß i in mein
Suff so dalket hinfall'n, wo scho
wochenlang in der ganzen Amgegend koaRaufereiwar."