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Meggendorfer-Blätter, München
Schlau
— „Würden Sie nickt so gut sein und mir meinen scbweren
Koffer dis zu einer Droschke tragen? Ich bin eine schwache
Frau und Gepäclträger ist keiner zu finden."
— „So, Lerr Soldat, hier haben Sie eine Mark. Gut bin ich
durch die Sperre gekommen mit meinen Schinken und Würsten."
Die Unschuld
— „Gnädige Fcau — es ist einer von der Polizei draußen, der
will mit Ihnen sprechen! Gott sei Dank, daß ich unschuldig bin!"
Die Sportfischer Von C. A. Lennig
Es ist merkwürdig, wie manchmal in unserem
Kopfe ein Gedanke entfteht, der in gar keinem Zu-
sammenhang mit unsrer Person oder äußeren Gescheh-
niffen sich befindet und uns überfällt wie ein Blitz aus
heiterem Ä'mmel. Er taucht eben plötzlich auf, setzt
sich in unserm Äirn fest, nimmt im Nu ausführliche
Gestalt an und wird fast ebenso schnell zur Tat.
In solch einer Laqe befand sich eines Tages
auch Äerr Windmüller. Äerr Windmüller hatte
ein gutgehendes Geschäft. Er war Privatier, und
dieser Beruf bietet mcht nur ein sorgenfreies Dasein,
sondern läßt auch noch reichlich Zeit für angenehme
Nebenbeschäftigungen aller Art. Eine dieser Äaupt-
nebenbeschäftigungen war nun ein regelmäßiger,
allmorgendlicher Frübschoppen im „Goldenen Schaf",
den Äerr Windmüller dort mit seinem Freunde,
Äerrn Alois Wimmer, städtischer Wagemeister a. D.,
absolvierte. Gelegentlich eines solchen Frühsckoppens
war es nun, wo Lerrn Windmüller der Gedanke kam,
fiscben zu gehen. Noch nie im Leben hatte Äerr
Windmüller eine Angelrute in die Land genommen,
auch konnte er einen Lering nicht von einem Karpfen
unterscbeiden, und dennoch kam ihm, wie gesaqt, der
Gedanke, sich auf die Fischerei zu verlegen. Nalürlich
nicht als Beruf, um seine Beute dann in den Gast°
häusern zu verkümmeln, sondern aus reinem, sport-
lichen Interesse. And seltsamerweise — auch sein
Freund Wimmer hatte fast zur gleichen Zeit ganz
dieselbe Idee, obwobl er in Bezug auf Anlagen und
Verständnis für diesen Sport seinem Frühschoppen-
kollegen nichts vorzugeben hatte.
Llmsomehr ist man unter diesen Amständen ver-
sucht, nach den Llrsachen und Zusammenhänaen für
diese plötzlich ausgebrochene Lndenschaft zu forschen,
aber etwas Bestimmtes läßt sich in dieser Linsicht
nicht ermitteln. Latte man etwa an diesem denk-
würdigen Vormittag Fisch gegeffen? Nein! Oder
hatte es im „Goldenen Schaf" vielleicht nur nach
Fisch gerochen, wie das in vielen Wirtschaften um
die Mitragszeit der Fall ist und so den Appetit der
berden Lerren gereizt? Auch nein! Denn, um es
gleich vorauszusagen, die künftigen Sportfischer
konnten Fische, soweit sie für sie als Genußmittel in
Frage kamen, nicht leiden. Bliebe also nur noch
übrig, um einen Anhalt für den Plan der alten
Burschen zu gewinnen, ihre Anterhaltung während
des Frühschoppens unter die Luve zu nehmen. Aber,
du lieber Gott, da ist ebenso wenig Klarheit daraus
zu gewinnen, obwohl nicht geleugnet werden soll,
daß sich ihr Gespräch vorwiegend um leibliche Genüffe
handelte. Aber um solche rein fleischlicher Natur.
Llnd zwar in Form von Kalbs- und Sckweinshaxen,
Nierenbrateln, Köpfen, abgebräunt und sauer und
ähnliche traditionelle Liebhabereien ehrsamer Stamm
gäste. Denn es war gerade um die Zeit, wo die
Fleischkarten, diese tiefeinschneidende soziale Maß-
regel, eingeführt werden sollte und alle ängstlichen
Gemüter arg beunruhigte und die bravsten Menschen
zu schnöden Lamstern an den Gemeingütern
Nation werden ließ.
„Was wird das wohl jetzt werden," seufzte Winv-
müller und strich sich wehn ütig seinPrivarierbäuchlein.
„Ein Sauftall wirds werden, Windmüller," kr
statierte der Wagemeister a. D. melancholisch.
Meggendorfer-Blätter, München
Schlau
— „Würden Sie nickt so gut sein und mir meinen scbweren
Koffer dis zu einer Droschke tragen? Ich bin eine schwache
Frau und Gepäclträger ist keiner zu finden."
— „So, Lerr Soldat, hier haben Sie eine Mark. Gut bin ich
durch die Sperre gekommen mit meinen Schinken und Würsten."
Die Unschuld
— „Gnädige Fcau — es ist einer von der Polizei draußen, der
will mit Ihnen sprechen! Gott sei Dank, daß ich unschuldig bin!"
Die Sportfischer Von C. A. Lennig
Es ist merkwürdig, wie manchmal in unserem
Kopfe ein Gedanke entfteht, der in gar keinem Zu-
sammenhang mit unsrer Person oder äußeren Gescheh-
niffen sich befindet und uns überfällt wie ein Blitz aus
heiterem Ä'mmel. Er taucht eben plötzlich auf, setzt
sich in unserm Äirn fest, nimmt im Nu ausführliche
Gestalt an und wird fast ebenso schnell zur Tat.
In solch einer Laqe befand sich eines Tages
auch Äerr Windmüller. Äerr Windmüller hatte
ein gutgehendes Geschäft. Er war Privatier, und
dieser Beruf bietet mcht nur ein sorgenfreies Dasein,
sondern läßt auch noch reichlich Zeit für angenehme
Nebenbeschäftigungen aller Art. Eine dieser Äaupt-
nebenbeschäftigungen war nun ein regelmäßiger,
allmorgendlicher Frübschoppen im „Goldenen Schaf",
den Äerr Windmüller dort mit seinem Freunde,
Äerrn Alois Wimmer, städtischer Wagemeister a. D.,
absolvierte. Gelegentlich eines solchen Frühsckoppens
war es nun, wo Lerrn Windmüller der Gedanke kam,
fiscben zu gehen. Noch nie im Leben hatte Äerr
Windmüller eine Angelrute in die Land genommen,
auch konnte er einen Lering nicht von einem Karpfen
unterscbeiden, und dennoch kam ihm, wie gesaqt, der
Gedanke, sich auf die Fischerei zu verlegen. Nalürlich
nicht als Beruf, um seine Beute dann in den Gast°
häusern zu verkümmeln, sondern aus reinem, sport-
lichen Interesse. And seltsamerweise — auch sein
Freund Wimmer hatte fast zur gleichen Zeit ganz
dieselbe Idee, obwobl er in Bezug auf Anlagen und
Verständnis für diesen Sport seinem Frühschoppen-
kollegen nichts vorzugeben hatte.
Llmsomehr ist man unter diesen Amständen ver-
sucht, nach den Llrsachen und Zusammenhänaen für
diese plötzlich ausgebrochene Lndenschaft zu forschen,
aber etwas Bestimmtes läßt sich in dieser Linsicht
nicht ermitteln. Latte man etwa an diesem denk-
würdigen Vormittag Fisch gegeffen? Nein! Oder
hatte es im „Goldenen Schaf" vielleicht nur nach
Fisch gerochen, wie das in vielen Wirtschaften um
die Mitragszeit der Fall ist und so den Appetit der
berden Lerren gereizt? Auch nein! Denn, um es
gleich vorauszusagen, die künftigen Sportfischer
konnten Fische, soweit sie für sie als Genußmittel in
Frage kamen, nicht leiden. Bliebe also nur noch
übrig, um einen Anhalt für den Plan der alten
Burschen zu gewinnen, ihre Anterhaltung während
des Frühschoppens unter die Luve zu nehmen. Aber,
du lieber Gott, da ist ebenso wenig Klarheit daraus
zu gewinnen, obwohl nicht geleugnet werden soll,
daß sich ihr Gespräch vorwiegend um leibliche Genüffe
handelte. Aber um solche rein fleischlicher Natur.
Llnd zwar in Form von Kalbs- und Sckweinshaxen,
Nierenbrateln, Köpfen, abgebräunt und sauer und
ähnliche traditionelle Liebhabereien ehrsamer Stamm
gäste. Denn es war gerade um die Zeit, wo die
Fleischkarten, diese tiefeinschneidende soziale Maß-
regel, eingeführt werden sollte und alle ängstlichen
Gemüter arg beunruhigte und die bravsten Menschen
zu schnöden Lamstern an den Gemeingütern
Nation werden ließ.
„Was wird das wohl jetzt werden," seufzte Winv-
müller und strich sich wehn ütig seinPrivarierbäuchlein.
„Ein Sauftall wirds werden, Windmüller," kr
statierte der Wagemeister a. D. melancholisch.