Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München
19
Die Klavierleuchter
Sorgen hat der Lerr Privatier Klemke nicht, aber es
steht ein Klavier in seiner Wohnung, und das Klavier steht
nicht umsonst da, sondern für viel Geld, für all das Geld,
das die Klavierstunden der vier Töchter des Lerrn Klemke
in langen Iahren gekostet haben, den Preis des Klaviers
selbst gar nicht einmal gerechnet. Weil man aber nie Geld
umsonst ausgeben soll, spielen die vier jungen Damen tüchtig
auf dem Klavier. Es ist schon ordentlich abgenutzt.
Lerr Klemke ist nicht für das Klavierspiel, aber was
kann einer gegen vier erwachsene ^öchter machen. Sie
lösen sich immer ab am Klavier; der Sitz des Ktavierstuhls
wird von acht Uhr morgens bis zehn Ahr abends kaum
kalt. Denn nach zehn Uhr darf nicht mehr gespielt werden,
was eine segensreiche Einrichtung ist.
Neulich war es, in der letzten Iuniwoche, da sagte an
jenem Stammtisch, an den Lerr Klemke vor dem Klavier
flüchtet, ein Kollege, nämlich auch ein Privatier: „So, jetzt
muß auch das Kupfer und Messing aus den Wohnstuben
'raus. Sogar die Klavierleuchter müssen die Leut' von den
Klavieren abnehmen."
„Ach, woher denn," meinte Lerr Klemke ungläubig. „Da
würden sich die Leut' die Klaviere ja schön verschimpfieren;
da blieben ja die Löcher, wo die Leuchter angeschraubt sind."
„Stimmt aber doch," erklärte der andere und ließ zum
Beweise ein Exemplar der amtlichen Bekanntmachung her-
beischaffen. Richtig, — hunderte Dinge waren da aufgezählt,
und die Klavierleuchter gehörten dazu. Freiwillig konnte
— „Mit meiner Schwiegermutter hab' ich's gründlich ver-
dorben. Neulich meint sie mal zu mir, sie würde sich nicht
getrauen, mit dem Feffelballon aufzusteigen, und ich An-
glücksmensch sage: Warum denn nicht, — es ist ja ein
ganz sicherer Drachenballon."
Der Kampf um den Sack
jetzt schon abgeliefert werden, da gab es sogar fünfzig
Pfennige mehr für das Pfund, — zum Anreiz.
Am nächsten Tage erschien Lerr Klemke auf der Metall-
sammelstelle. „Bitt' schön, ich hätt' ein Paar Klavierleuchter
abzuliefern."
„Geben Sie nur her," sagte der Beamte. „Die werden
wir gleich gewogen haben; ich denke schon, daß Sie eine
Mark dafür kriegen werden."
„Einen Augenblick!" bat Lerr Klemke, ging hinaus, und
eine Minute später öffuete sich die Tür weit, und Äerr Klemke
erschien mit zwei Männern, die ein Klavier hereinschleppten.
Der Metallbeamte wurde böse. „Machen Sie keine
faulen Witze, — was soll das Klavier?"
Da erklärte Lerr Klemke: „Regen Sie sich nur nicht auf.
Ich weiß ja, daß Ihnen die Klaviere Nebensache sind. Aber
ich kriege die Leuchter nicht ab, — na, und da können Sie
das Klavier mit drein bekommen." -on.
Das Stadtkind
— „Das hätt' ich mir auch nicht träumen lassen, daß mein
Bub von neun Iahren noch einmal unsere ganze Familie
ernähren würde."
— „Was Sie sagen! Da ist er wohl ein Wunderkind,
ein großer Klaviervirtuos, gar ein Komponist?"
— „Gar kei' Ned'. Auf dem Land is er bei die Bauern,
und wir fahren jeden Sonntag zu Besuch und essen uns
satt für die Woch'."
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Die Klavierleuchter
Sorgen hat der Lerr Privatier Klemke nicht, aber es
steht ein Klavier in seiner Wohnung, und das Klavier steht
nicht umsonst da, sondern für viel Geld, für all das Geld,
das die Klavierstunden der vier Töchter des Lerrn Klemke
in langen Iahren gekostet haben, den Preis des Klaviers
selbst gar nicht einmal gerechnet. Weil man aber nie Geld
umsonst ausgeben soll, spielen die vier jungen Damen tüchtig
auf dem Klavier. Es ist schon ordentlich abgenutzt.
Lerr Klemke ist nicht für das Klavierspiel, aber was
kann einer gegen vier erwachsene ^öchter machen. Sie
lösen sich immer ab am Klavier; der Sitz des Ktavierstuhls
wird von acht Uhr morgens bis zehn Ahr abends kaum
kalt. Denn nach zehn Uhr darf nicht mehr gespielt werden,
was eine segensreiche Einrichtung ist.
Neulich war es, in der letzten Iuniwoche, da sagte an
jenem Stammtisch, an den Lerr Klemke vor dem Klavier
flüchtet, ein Kollege, nämlich auch ein Privatier: „So, jetzt
muß auch das Kupfer und Messing aus den Wohnstuben
'raus. Sogar die Klavierleuchter müssen die Leut' von den
Klavieren abnehmen."
„Ach, woher denn," meinte Lerr Klemke ungläubig. „Da
würden sich die Leut' die Klaviere ja schön verschimpfieren;
da blieben ja die Löcher, wo die Leuchter angeschraubt sind."
„Stimmt aber doch," erklärte der andere und ließ zum
Beweise ein Exemplar der amtlichen Bekanntmachung her-
beischaffen. Richtig, — hunderte Dinge waren da aufgezählt,
und die Klavierleuchter gehörten dazu. Freiwillig konnte
— „Mit meiner Schwiegermutter hab' ich's gründlich ver-
dorben. Neulich meint sie mal zu mir, sie würde sich nicht
getrauen, mit dem Feffelballon aufzusteigen, und ich An-
glücksmensch sage: Warum denn nicht, — es ist ja ein
ganz sicherer Drachenballon."
Der Kampf um den Sack
jetzt schon abgeliefert werden, da gab es sogar fünfzig
Pfennige mehr für das Pfund, — zum Anreiz.
Am nächsten Tage erschien Lerr Klemke auf der Metall-
sammelstelle. „Bitt' schön, ich hätt' ein Paar Klavierleuchter
abzuliefern."
„Geben Sie nur her," sagte der Beamte. „Die werden
wir gleich gewogen haben; ich denke schon, daß Sie eine
Mark dafür kriegen werden."
„Einen Augenblick!" bat Lerr Klemke, ging hinaus, und
eine Minute später öffuete sich die Tür weit, und Äerr Klemke
erschien mit zwei Männern, die ein Klavier hereinschleppten.
Der Metallbeamte wurde böse. „Machen Sie keine
faulen Witze, — was soll das Klavier?"
Da erklärte Lerr Klemke: „Regen Sie sich nur nicht auf.
Ich weiß ja, daß Ihnen die Klaviere Nebensache sind. Aber
ich kriege die Leuchter nicht ab, — na, und da können Sie
das Klavier mit drein bekommen." -on.
Das Stadtkind
— „Das hätt' ich mir auch nicht träumen lassen, daß mein
Bub von neun Iahren noch einmal unsere ganze Familie
ernähren würde."
— „Was Sie sagen! Da ist er wohl ein Wunderkind,
ein großer Klaviervirtuos, gar ein Komponist?"
— „Gar kei' Ned'. Auf dem Land is er bei die Bauern,
und wir fahren jeden Sonntag zu Besuch und essen uns
satt für die Woch'."