! Zeitschrift für Humor und Kunst
27
Die Seeschlacht
Eine Geschichte zu erzählen, ist nicht so einfach, besonders
wenn ste etwas verwickelter Natur ist. Beginnt man mit
dem Ansang und in der Neihenfolge der Ereignifse, so bringt
man sich nicht selten um die ganze Wirkung, fängt man
mit dem Ende an, so nimmt man die Pointe vorweg und
mit ihr das Interesse für die Geschichte überhaupt. Am
besten ist es daher, sie bei irgend einem Zipfel anzupacken
und die Probe zu machen, wie weit man damit kommt.
Llnd so will ich es denn auch in diesem Falle halten. Also:
Einer der politischen Redakteure einer großen deutschen
Tageszeitung hatte Streit mit seinem Verleger bekommen,
der so ungemütlich verlief, daß der Redakteur —-
Nein, auf diese Weise läßt sich die Geschichte doch nicht
erzählen, sie wäre sonst mit zwei Zeilen aus und der Effekt
beim Teufel. Ich will es daher noch einmal anders ver-
suchen.
In einer großen deutschen Tageszeitung erschien eines
schönen Morgens in dem üblichen Fettdruck folgender
Bericht:
Jn der Nacht vom 31. März auf den 1. April
stießen Teile unsrer Flotte in den englischen Kanal
vor, wo sie nach kurzer Suche auf ein feindliches Ge-
schwader trafen, das sofort unter hestiges Feuer ge-
nommen wurde. Es konnten einwandfrei eine ganze
Anzahl guter Treffer konstatiert werden, ohne daß es
den Engländern gelang, unsern Schiffen nennenswerten
Schaden zuzusügen. Sie alle kehrten wohlbehalten in
ihren Leimatshafen zurück. Die englische Flotte hat
folgende Verluste erlitten: Ein Lilfskreuzer, drei Tor-
pedoboote, ein Wachtschiff und zwei Zerstörer sind ge-
gesunken; ein Großkampfschiff und zwei Kreuzer der
Grandmul-Klasse wurden außer Gefecht geseht.
Die deutschen Bürger freuten sich natürlich sehr, als
fie bei ihrem Morgenkaffee-Ersatz saßen und den deutschen
Bericht lasen. Aber so sicher, wie der Abend auf den
Morgen folgt, erschien drei Tage darauf eine englische Be-
richtigung. In einer Sitzung des Anterhauses erkärte der
Erste Lord der Admiralität, Sir Edward Carson: Das in
dem deutschen Bericht in der Nacht vom 31. März auf
den 1. April geschilderte Treffen mit unsern Seestreitkräften
hat sich wesentlich anders zugetragen. Eine unserer Zer-
störerpatrouillen traf in der erwähnten Nacht auf Teile
der feindlichen Flotte, mit denen sie sofort einen heftigen
Kennerschaft - „Bitt' schön, is dös von am
alten Meister?"
— glaub' net — warum?"
— „Weil's scho' lang muß her sein, daß dös is g'malt wor'n."
Geschütz- und Torpedokampf aufnahm. Einige rasch herbei-
geeilte Kreuzer und ein Großkampfschiff griffen erfolgreich
in das Gefecht ein und brachten dem Feinde empfindliche
Vcrluste bei. Drei Torpedobootszerstörer, zwei!l-Boote,
ein großer Kreuzer und zwei Linienschiffe wurden durch
wenige sichere Treffer in den Grund gebohrt, während cs
den übrigen Schiffen, begünstigt durch die Dunkelheit, ge-
lang, in schleunigster Flucht zu entkommen. Ansrerseits
haben wir lediglich den Verlust eines alten, völlig leeren
Wachtschiffes zu beklagen, was aber gar nicht ins Gewicht
fällt und unsern glänzenden Sieg über die deutsche Flotte
nicht um Laaresbreite schmälert.
Liermit wäre die Angelegenheit wohl in der zur Ge-
nüge gewohnten Weise erledigt gewesen, hätte sie nicht
Plötzlich eine ganz überraschende Wendung erfahren. Denn
am Tage darauf erschien in der er-
wähnten großen deutschen Tageszeitung
folgende Erklärung:
In eigener Sache
Einer unserer politischen Redak-
teure ist vergangene Woche in Diffe-
renzen mit unserem Verlage geraten,
die seine sofortige Entlaffung notwen-
dig machten. In einem plötzlich auf-
getretenen Koller benuhte er die letzte
Nachtschicht, nun sich mit unsern Le-
sern einen frivolen Aprilscherz zu
machen und einen Bericht über ein
Seegefecht an der englischen Küste
zu verfaffen. Das Seegefecht hat
überhaupt nicht stattgefunden und
bitten wir unsre Leser wegen dieser
Mystifikation um Entschuldigung.
Ltnz.<>einz
Naturgenuß 1917 - „Kinder, ist das schön! Ietzt bitt' ich
mir aus, daß mal eine Viertelstunde lang nicht vom Essen gesprochen wird."
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Die Seeschlacht
Eine Geschichte zu erzählen, ist nicht so einfach, besonders
wenn ste etwas verwickelter Natur ist. Beginnt man mit
dem Ansang und in der Neihenfolge der Ereignifse, so bringt
man sich nicht selten um die ganze Wirkung, fängt man
mit dem Ende an, so nimmt man die Pointe vorweg und
mit ihr das Interesse für die Geschichte überhaupt. Am
besten ist es daher, sie bei irgend einem Zipfel anzupacken
und die Probe zu machen, wie weit man damit kommt.
Llnd so will ich es denn auch in diesem Falle halten. Also:
Einer der politischen Redakteure einer großen deutschen
Tageszeitung hatte Streit mit seinem Verleger bekommen,
der so ungemütlich verlief, daß der Redakteur —-
Nein, auf diese Weise läßt sich die Geschichte doch nicht
erzählen, sie wäre sonst mit zwei Zeilen aus und der Effekt
beim Teufel. Ich will es daher noch einmal anders ver-
suchen.
In einer großen deutschen Tageszeitung erschien eines
schönen Morgens in dem üblichen Fettdruck folgender
Bericht:
Jn der Nacht vom 31. März auf den 1. April
stießen Teile unsrer Flotte in den englischen Kanal
vor, wo sie nach kurzer Suche auf ein feindliches Ge-
schwader trafen, das sofort unter hestiges Feuer ge-
nommen wurde. Es konnten einwandfrei eine ganze
Anzahl guter Treffer konstatiert werden, ohne daß es
den Engländern gelang, unsern Schiffen nennenswerten
Schaden zuzusügen. Sie alle kehrten wohlbehalten in
ihren Leimatshafen zurück. Die englische Flotte hat
folgende Verluste erlitten: Ein Lilfskreuzer, drei Tor-
pedoboote, ein Wachtschiff und zwei Zerstörer sind ge-
gesunken; ein Großkampfschiff und zwei Kreuzer der
Grandmul-Klasse wurden außer Gefecht geseht.
Die deutschen Bürger freuten sich natürlich sehr, als
fie bei ihrem Morgenkaffee-Ersatz saßen und den deutschen
Bericht lasen. Aber so sicher, wie der Abend auf den
Morgen folgt, erschien drei Tage darauf eine englische Be-
richtigung. In einer Sitzung des Anterhauses erkärte der
Erste Lord der Admiralität, Sir Edward Carson: Das in
dem deutschen Bericht in der Nacht vom 31. März auf
den 1. April geschilderte Treffen mit unsern Seestreitkräften
hat sich wesentlich anders zugetragen. Eine unserer Zer-
störerpatrouillen traf in der erwähnten Nacht auf Teile
der feindlichen Flotte, mit denen sie sofort einen heftigen
Kennerschaft - „Bitt' schön, is dös von am
alten Meister?"
— glaub' net — warum?"
— „Weil's scho' lang muß her sein, daß dös is g'malt wor'n."
Geschütz- und Torpedokampf aufnahm. Einige rasch herbei-
geeilte Kreuzer und ein Großkampfschiff griffen erfolgreich
in das Gefecht ein und brachten dem Feinde empfindliche
Vcrluste bei. Drei Torpedobootszerstörer, zwei!l-Boote,
ein großer Kreuzer und zwei Linienschiffe wurden durch
wenige sichere Treffer in den Grund gebohrt, während cs
den übrigen Schiffen, begünstigt durch die Dunkelheit, ge-
lang, in schleunigster Flucht zu entkommen. Ansrerseits
haben wir lediglich den Verlust eines alten, völlig leeren
Wachtschiffes zu beklagen, was aber gar nicht ins Gewicht
fällt und unsern glänzenden Sieg über die deutsche Flotte
nicht um Laaresbreite schmälert.
Liermit wäre die Angelegenheit wohl in der zur Ge-
nüge gewohnten Weise erledigt gewesen, hätte sie nicht
Plötzlich eine ganz überraschende Wendung erfahren. Denn
am Tage darauf erschien in der er-
wähnten großen deutschen Tageszeitung
folgende Erklärung:
In eigener Sache
Einer unserer politischen Redak-
teure ist vergangene Woche in Diffe-
renzen mit unserem Verlage geraten,
die seine sofortige Entlaffung notwen-
dig machten. In einem plötzlich auf-
getretenen Koller benuhte er die letzte
Nachtschicht, nun sich mit unsern Le-
sern einen frivolen Aprilscherz zu
machen und einen Bericht über ein
Seegefecht an der englischen Küste
zu verfaffen. Das Seegefecht hat
überhaupt nicht stattgefunden und
bitten wir unsre Leser wegen dieser
Mystifikation um Entschuldigung.
Ltnz.<>einz
Naturgenuß 1917 - „Kinder, ist das schön! Ietzt bitt' ich
mir aus, daß mal eine Viertelstunde lang nicht vom Essen gesprochen wird."