Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
124 Meggendorfer-Blätter, München

Petroleum

und den Flüchtigen, der eine riesige Petroleumkanne
trug, anhielt.

Dieser Mann nun war Arend Drögerleber, der
schlimmste Trunkenbold des Dorfes.

Als er sah, daß er den Bauern Mull-
foot vor sich hatte, schlug er ihm eine
gewaltige Ohrfeige und wollte seinen
Weg fortsetzen.

Es soll nun durchaus nicht geleug-
net werden, daß Fokko sich durch die
Ohrfeige gewissermaßen unangenehm
berührt fühlte, indessen keineswegs in
demselben Maße, wie durch den Am-
stand, daß Arend Drögenleber im Be-
sitz eines Stoffes war, den sich Mull-
foot so sehnlichst wünschte.

„Das ist eine Gemeinheit, daß
du das Reich betrügen willst," schrie
er, „und so 'ne Nuppigkeit. die leid ich
nich, die zeig ich an, wenn du mir
nicht die Äälfte von es abgibst."

Ietzt hielt es Arend für das Rich-
tigere, stehenzubleiben, denn er fürch-
tete, daß der Posten durch den Lärm
herangelockt werden könne. Mit leiser
Stimme flüsterte er: „Ree, diesen
brauch' ich allein, abersten hinter den
Sandbosch, gleich rechts ins hollän-
dische, wohnt der Krämer Gert van
Zeep, du kennst ihn ja. Da geh' man
hin zu irgend welche Zeit und gib'n
Buddel oder'n Kanne, ganz egal, zu
sagen brauchst du nichts, bloß ein
büschen teuer, das is er."

Nachdem Drögenleber dieses ge-
sagt, nahm er seine Kanne in die Äand
sowie seine Beine unter die Arme und
zog ab, als ob der Satan ihm im
Nacken säße.

Fokko abcr blieb in schreckticher Aufregung zurück. Er hatte,
in dieser Kunst bewandert, die letzten Tage schon mehrere Paare
Lolzschuhe angefertigt und gute Gewinne erzielt. Voll stillen
Ingrimms aber mußte er jedesmal mit der früh eintretenden
Dunkelheit die Arbeit niederlegen.

Nun gab es ein Mittel, sich das nötige Licht zu verschaffen,
und das wollte er ausnutzen.

„Ich will es morgen mit Wubke besprechen," murmelte er
vor sich hin, dann ging er zu Bett.

In dem weiteren Verlauf der Nacht fchwamm er im Traum
auf und unter einem Meere von Petroleum, das ihm scheußlich
kitzelnd um die Nase und in den Mund fuhr. Aber es war kein
Petroleum, sondern der Schwanz von Wubkes Kater Pickel, der
auf Mullfoots Bettdecke nächtlich Ruhe pflegte.

Am Morgen beim Frühstück waren bei Fokko die Dinge bis
zum Vorschlag gediehen.

„Wubke, ich hol' nachher den Petroljum von Gert van Zeep.
Äast du ein büschen Pfeffer?"

„Was?"

„Tschä. Du meinst, ich soll das auch bei Nacht tun, man,
da bin ich was bange bei, denn ich kann nich mit ein Gewehr
umgehen, besonders wenn es den Grenzposten zugehört. Was
Arend Drögenleber is, der hat gedient, bei dem is das was anderes."

„Was?"

„Du brauchst mir nich immer zu widersprechen, Wubke. Ich
hab' das so gedacht. Ich wollt das bei Tage tun und dann mit
Pfeffer."

„Was?"

„Wubke, du bist doch sonst 'n ganz kluge Person. Ich wollt'

den Peffer natürlich nich freffen, aber
ich hab' bei ihn an Siegfried gedacht,
was unsern alten Wallach is. Sieh,
du kennst ja. Der is so ruhig, daß
du hinter ibm die dicke Berta ab-
schießen könnst, und das wär' ihn
einerlei, was aber auch da mit von
kommen kann, daß er taub ist wie du,
Wubke. Lleberhaupt, weißt du, durch-
gehen, wenn man ihn das ansinnen
sein wollte, denn glaub' ich, würd' er
sich da ganz bannig über wundern.
Freiwillig, nein, täte er das nich: er
wär' auch sicher viel zu bange, daß
er seine Knochen in das alte Fell nich
wieder beieinander kriegt. Ich bin
nu ja auch kein Anmensch und verlang'
von ihn nich, was er nich leisten kann,
wie Fett. weil ja die Lühner seinen
Äafer haben müssen, wo sie Eier legen
zu 25 Pfennig und der Wallach nich."
„Was?"

„Tschä, aber ich mein, wenn wir
ihn ein paar Priesen gemahlenen
Pfeffer unter seinen Steert binden,
denn sieht er noch mal in Gelegenheit

und tut das --nee, nich das Eier-

legen, aber das Durchgehen. Last du
mir nu begriffen?"

„Was?"

„Na ja, das wollt ich auch meinen."
Gesagt getan. Eine Stunde später
fuhr Bauer Mullfoot mit seinem Acker-
wagen, auf dem sich der Pflug und
ein dickbauchiger Futtersack befanden,
den Feldweg entlang zu seinem Grenz-


Zwei Musikanten
 
Annotationen