136 Meggendorfer-Blätter, München
— „Mei' Mann wird^s doch wohl wiff'n, daß 's bald an Frieden gibt. Der steht ja Posten am Kriegsministerium!"
Älb Eine Preistreibergeschichte
von Alfred Piech
Es war in Polen, als mein Freund zum ersten Male
den Entschluß faßte, Seife zu kaufen. Also, man darf
natürlich nicht glauben, daß er vielleicht noch nie in seinem
bald zweiundeinhalbdutzendjäbrigen Leben Seife benötigt
hätte und besonders etwa den ganzen langen Krieg hin-
durch immer ungewaschen herumgelaufen wäre — ach nein,
da täte man ihm bitter unrecht. Aber bisher hatte er sich
immer von daheim dergleichen Dinge schicken lassen oder
von einem von uns, der gerade ein Mehr über den Bedarf
hatte, käuslich oder im Tauschwege erworben — doch die
Zufuhr aus dem Äinterlande stockte wieder einmal plötzlich
vollständig, nicht das Heinste Paketchen kam seit Wochen,
wenigstens nicht an meinen Freund, wenn auch schon seit
langem mehrere für ihn auf dem Wege waren, und wir
anderen hatten auch kaum ein ordentliches Stückchen für
uns. And da Morzinger, so heißt nämlich mein Freund
und Spießgeselle, unter gar keinen Llmständen eine fremde
Seife benützt hätte, so wusch er sich eben seit einigen Tngen
bloß mit Wasser. Er empfand diese einfache Metbode
selbst als sebr unzulänglich, den Rat, irgendwo eine Seife
zu kaufen, lehnte er jedoch mit gebirglerischer Äartnäckig-
keit ab, da doch das Paket jeden Tag kommen müsse und
es schade um das Geld sei, für das man ja nur einen
Schmarrn bekomme und so weiter. Ietzt war ihm aber
daS Warten doch zu dumm geworden, er fühlte sich von
Tag zu Tag unbehaglicher, und da er, wie er sagte, keine
Berufung in sich spürte, der schmutzigste Kerl der ganzen
Kompagnie zu sein, so faßte er denn den Eingangs erwähnten
Entschluß, eine Seife zu kaufen. Bekommen würde er sie
sicher, denn wir waren gerade in einer für dortige Begriffe
großen Stadt, in der es nur mit Bier, Zucker und Brot
haperte, das die guten Einheimischen lieber für sich behielten,
aber Seife. . .
Morzinger ging in die Stadt. Bald darauf ich auch.
Auf der Lauptstraße traf ich ihn. Ec schien schlechter
Laune, sehr schlechter Laune, was mich an ihm wunderte,
denn wenn er auch seine Mucken hatte, so war er doch
stets ein lieber Kerl, der die Nöte des Lebens und gar erst
die des Krieges mit Lumor zu traqen wußte.
Er ging an meiner Seite im gleichen Schritt und Tritt
und sprach kein Wort. Also fragte ich.
„Na, hast du die Seife schon?"
Zuerst ein Knurren, dann faßte er mich am Arm.
„Was glaubst du, was die für die Seife verlangen? Lln-
verschämtl Gemein! Was glaubst du, daß die für so ein
Stückchen ,riechender? Seife verlangen? Eine andere haben
sie nicht."
Llnd er beschrieb die Größe der Seife. Ein halbes
Zündhölzchenschächtelchen im Amfange, aber kaum über die
Lälfte so dick. „Was glaubst du, verlangen die dafür?"
wiederholte er.
Wir wußten, daß die einheimischen Geschäftsleute, ob
Iud ob Christ, nicht billig waren und für die „fremden"
Soldaten noch Extrapreise nach oben machten. Ich schätzte
auf fünfzig, sechzig, siebzig Pfennige.
„Ia, Schnecken! Zwei Mark! Mensch, denke, zwei
— „Mei' Mann wird^s doch wohl wiff'n, daß 's bald an Frieden gibt. Der steht ja Posten am Kriegsministerium!"
Älb Eine Preistreibergeschichte
von Alfred Piech
Es war in Polen, als mein Freund zum ersten Male
den Entschluß faßte, Seife zu kaufen. Also, man darf
natürlich nicht glauben, daß er vielleicht noch nie in seinem
bald zweiundeinhalbdutzendjäbrigen Leben Seife benötigt
hätte und besonders etwa den ganzen langen Krieg hin-
durch immer ungewaschen herumgelaufen wäre — ach nein,
da täte man ihm bitter unrecht. Aber bisher hatte er sich
immer von daheim dergleichen Dinge schicken lassen oder
von einem von uns, der gerade ein Mehr über den Bedarf
hatte, käuslich oder im Tauschwege erworben — doch die
Zufuhr aus dem Äinterlande stockte wieder einmal plötzlich
vollständig, nicht das Heinste Paketchen kam seit Wochen,
wenigstens nicht an meinen Freund, wenn auch schon seit
langem mehrere für ihn auf dem Wege waren, und wir
anderen hatten auch kaum ein ordentliches Stückchen für
uns. And da Morzinger, so heißt nämlich mein Freund
und Spießgeselle, unter gar keinen Llmständen eine fremde
Seife benützt hätte, so wusch er sich eben seit einigen Tngen
bloß mit Wasser. Er empfand diese einfache Metbode
selbst als sebr unzulänglich, den Rat, irgendwo eine Seife
zu kaufen, lehnte er jedoch mit gebirglerischer Äartnäckig-
keit ab, da doch das Paket jeden Tag kommen müsse und
es schade um das Geld sei, für das man ja nur einen
Schmarrn bekomme und so weiter. Ietzt war ihm aber
daS Warten doch zu dumm geworden, er fühlte sich von
Tag zu Tag unbehaglicher, und da er, wie er sagte, keine
Berufung in sich spürte, der schmutzigste Kerl der ganzen
Kompagnie zu sein, so faßte er denn den Eingangs erwähnten
Entschluß, eine Seife zu kaufen. Bekommen würde er sie
sicher, denn wir waren gerade in einer für dortige Begriffe
großen Stadt, in der es nur mit Bier, Zucker und Brot
haperte, das die guten Einheimischen lieber für sich behielten,
aber Seife. . .
Morzinger ging in die Stadt. Bald darauf ich auch.
Auf der Lauptstraße traf ich ihn. Ec schien schlechter
Laune, sehr schlechter Laune, was mich an ihm wunderte,
denn wenn er auch seine Mucken hatte, so war er doch
stets ein lieber Kerl, der die Nöte des Lebens und gar erst
die des Krieges mit Lumor zu traqen wußte.
Er ging an meiner Seite im gleichen Schritt und Tritt
und sprach kein Wort. Also fragte ich.
„Na, hast du die Seife schon?"
Zuerst ein Knurren, dann faßte er mich am Arm.
„Was glaubst du, was die für die Seife verlangen? Lln-
verschämtl Gemein! Was glaubst du, daß die für so ein
Stückchen ,riechender? Seife verlangen? Eine andere haben
sie nicht."
Llnd er beschrieb die Größe der Seife. Ein halbes
Zündhölzchenschächtelchen im Amfange, aber kaum über die
Lälfte so dick. „Was glaubst du, verlangen die dafür?"
wiederholte er.
Wir wußten, daß die einheimischen Geschäftsleute, ob
Iud ob Christ, nicht billig waren und für die „fremden"
Soldaten noch Extrapreise nach oben machten. Ich schätzte
auf fünfzig, sechzig, siebzig Pfennige.
„Ia, Schnecken! Zwei Mark! Mensch, denke, zwei