166 O-
Meggendorfer-Blätter, München
Splitter
Man kann Menschen nicht
leiden, die wie Papageien
schwätzen; Papageien dagegen,
die wie Menschen reden, schätzt
man sehr. C. A. ^g.
Anbedachte Bestätigung
IZerr: „Donnerwetter, ich vermiffe meine Ahr... aber
ich werde fie wohl zu Lause haben liegen laffen?"
Taschendieb: „Jawohl, und Ihr Pottemonnaie auch!"
Ganz selbstverständlich
Die Bezugscheinstelle war anderer Meinung gewesen
als ich, — sie hatte mir nicht gestatten wollen, meiner
jüngsten Tochter ein Paar Schuhe zu kaufen. Ach was,
so nötig wäre das nicht! hatte sie gemeint. Meine Ent-
gegnung, daß Kinder wachsen und demgemäß Kinderfüße
größer werden, daß es aber in unserm zwar durch viele
außerordentliche Erfindungen gesegneten Lande doch noch
keine Schuhe gäbe, die das Wachstum mitmachten, — diese
Entgegnung wurde als unbotmäßig betrachtet, und ich darauf
zu keiner weiteren Verhandlung mehr zugelaffen.
Nun gibt es aber doch noch eine andere Stelle, bei
der man sich in solchem Fall beschweren kann. Diese höhere
Jnstanz suchte ich auf, — im Rathaus, Zimmer 93, glaube
ich. Es mag aber auch Nummer 39 gewesen sein. Viel-
leicht war es auch 139. Das ist ja egal; wer sich auch an
jene Stelle wenden will, kann ja die Nummer selbst heraus-
kriegen; bei der vielen sonstigen Mühe wird es ihm aus
das bißchen Mehr auch nicht
ankommen.
Als ich an die Tür kam,
sah ich ein Plakat: Der Ein-
tritt ist immer nur einer Per°
son gestattet. — Das ist sehr
klug, dachte ich mir. Die Leute
wollen immer nur einen Be-
schwerdeführer bei sich haben;
es sollen nicht andere dabei
zuhören. Denn es könnte ja
einmal jemand kommen, der
Gründe vorbrächte und logisch
wäre und am Ende gar kritisch,
und das könnten dann die
andern hören und sich zu
eigen machen und nachher wo-
möglich weitertragen wie eine
Pest.
Ich klinkte nun die Tür
auf und wollte in das Zimmer
hinein. „Raus!" erscholl da
eine Stimme. Natürlich wich
ich sofort zurück. Es war also
schon jemand mit einem An-
liegen dort. Aber das konnte
ich doch nicht wissen. Bald
darauf kam eine Dame aus
dem Zimmer, und nun konnte
ich eintreten, ohne davongejagt
zu werden. Der Lerr Beamte,
der hier sein Revier hatte,
empfing mich ungnädig, —
wohl um mich von vornherein
einzuschüchtern und meine An-
sprüche auf ein ganz geringes
Maß herabzudrücken. „Können
Sie denn nicht lesen?" sagte
steht doch, daß immer nur eine Person
er. „Draußen
herein darf."
Lier waren Gründe am Platz. „Allerdings steht das
dort zu lesen. Aber erlauben Sie mir, mein Lerr, Sie
darauf aufmerksam zu machen, daß die Tür nicht durch-
sichtig ist, vielmehr aus sehr soliden, sozusagen amtlichen
Brettern besteht. Es müßte eine Scheibe darin sein oder
ein Guckloch, oder es könnte ja auch, wie das unserm tech-
nisch so hoch gebildeten Zeitalter entsprechen würde, ein
Apparat anzeigen, ob der Eintritt frei ist oder nicht. Wie,
zum Teufel, sollte ich denn wiffen können, daß gerade je.
mand bei Ihnen war?"
Da sah mich der Lerr Beamte sehr überlegen an-
Na, hören Sie mal, dazu gehört doch wohl keine beson-
dere Leberlegung. Es ist doch ganz selbstverständlich, daß
immer einer da ist, der sich über die Bezugscheinstelle zu
beschweren hat."
—on.
Copyright 1917 by Z. F. Schreiber
Meggendorfer-Blätter, München
Splitter
Man kann Menschen nicht
leiden, die wie Papageien
schwätzen; Papageien dagegen,
die wie Menschen reden, schätzt
man sehr. C. A. ^g.
Anbedachte Bestätigung
IZerr: „Donnerwetter, ich vermiffe meine Ahr... aber
ich werde fie wohl zu Lause haben liegen laffen?"
Taschendieb: „Jawohl, und Ihr Pottemonnaie auch!"
Ganz selbstverständlich
Die Bezugscheinstelle war anderer Meinung gewesen
als ich, — sie hatte mir nicht gestatten wollen, meiner
jüngsten Tochter ein Paar Schuhe zu kaufen. Ach was,
so nötig wäre das nicht! hatte sie gemeint. Meine Ent-
gegnung, daß Kinder wachsen und demgemäß Kinderfüße
größer werden, daß es aber in unserm zwar durch viele
außerordentliche Erfindungen gesegneten Lande doch noch
keine Schuhe gäbe, die das Wachstum mitmachten, — diese
Entgegnung wurde als unbotmäßig betrachtet, und ich darauf
zu keiner weiteren Verhandlung mehr zugelaffen.
Nun gibt es aber doch noch eine andere Stelle, bei
der man sich in solchem Fall beschweren kann. Diese höhere
Jnstanz suchte ich auf, — im Rathaus, Zimmer 93, glaube
ich. Es mag aber auch Nummer 39 gewesen sein. Viel-
leicht war es auch 139. Das ist ja egal; wer sich auch an
jene Stelle wenden will, kann ja die Nummer selbst heraus-
kriegen; bei der vielen sonstigen Mühe wird es ihm aus
das bißchen Mehr auch nicht
ankommen.
Als ich an die Tür kam,
sah ich ein Plakat: Der Ein-
tritt ist immer nur einer Per°
son gestattet. — Das ist sehr
klug, dachte ich mir. Die Leute
wollen immer nur einen Be-
schwerdeführer bei sich haben;
es sollen nicht andere dabei
zuhören. Denn es könnte ja
einmal jemand kommen, der
Gründe vorbrächte und logisch
wäre und am Ende gar kritisch,
und das könnten dann die
andern hören und sich zu
eigen machen und nachher wo-
möglich weitertragen wie eine
Pest.
Ich klinkte nun die Tür
auf und wollte in das Zimmer
hinein. „Raus!" erscholl da
eine Stimme. Natürlich wich
ich sofort zurück. Es war also
schon jemand mit einem An-
liegen dort. Aber das konnte
ich doch nicht wissen. Bald
darauf kam eine Dame aus
dem Zimmer, und nun konnte
ich eintreten, ohne davongejagt
zu werden. Der Lerr Beamte,
der hier sein Revier hatte,
empfing mich ungnädig, —
wohl um mich von vornherein
einzuschüchtern und meine An-
sprüche auf ein ganz geringes
Maß herabzudrücken. „Können
Sie denn nicht lesen?" sagte
steht doch, daß immer nur eine Person
er. „Draußen
herein darf."
Lier waren Gründe am Platz. „Allerdings steht das
dort zu lesen. Aber erlauben Sie mir, mein Lerr, Sie
darauf aufmerksam zu machen, daß die Tür nicht durch-
sichtig ist, vielmehr aus sehr soliden, sozusagen amtlichen
Brettern besteht. Es müßte eine Scheibe darin sein oder
ein Guckloch, oder es könnte ja auch, wie das unserm tech-
nisch so hoch gebildeten Zeitalter entsprechen würde, ein
Apparat anzeigen, ob der Eintritt frei ist oder nicht. Wie,
zum Teufel, sollte ich denn wiffen können, daß gerade je.
mand bei Ihnen war?"
Da sah mich der Lerr Beamte sehr überlegen an-
Na, hören Sie mal, dazu gehört doch wohl keine beson-
dere Leberlegung. Es ist doch ganz selbstverständlich, daß
immer einer da ist, der sich über die Bezugscheinstelle zu
beschweren hat."
—on.
Copyright 1917 by Z. F. Schreiber