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'o—Zeitschrift für Humor uud Kunst

21

—o'

Ein Glückspilz — „Der Ferdl schaut aus, als ob er kein Wasserl
trüben könnte, und jetzt hat er von der Leni schon die zweite Watschen."

Die Daturn-Eter oder: Kleine Geschenke

erhalten die Freundschaft
einen Bleistist: „So — 8. 6. 18. . . halt, auf
diese vier schreibe ich das Dalum von über-
morgen, das ist Tante Emmas Geburtstag;
die wird es mir hoch anrechnen, wenn ich ihr
extra für diesen Tag gelegte Eier bringe!"

„Bleiben für uns nur noch drei," meinte
der Studienaffeffor enttäuscht.

„Ia, weißt du, Männchen, diese teuren
Eier müffen uns was einbringen! Tante Emma
ist sehr empfänglich für solch kleine nahrhafte
Aufmerksamkeiten!"

„Ich auch!" brummte das Männchen und
firich ein falsches ck dick an.

„Aber fie ist eine Erbtante, und du nicht,"
meinte Frau Erna weise. Dagegen ließ sich
nichts einwenden. Vier der lieblichen Lühner-
hoffnungen wanderten, sinnig zwifchen rosa
Seidenpapier und grüne Blätter gebettet, zu
Tante Emma. —

„Noch förmlich warm!" verficherte Frau
Erna. „Leider waren es bloß diese vier, sonst.."

„So frisch noch? — Igitt, igitt," sagte
Tante Emma. „Aber gerade genug sür einen Napfkuchen,
liebes Kind! Es ist rührend von dir! Ia, wer's so gut
hat, Selbstversorger zu sein!"

Tante Emma hatte es nun wirklich dazu, auch „Selbst-
versorger" zu werden, wenigstens, was man in der Stadt
so nennen kann, aber fle zog es trotz ihres vielen Geldes
vor, fich von anderen versorgen zu lassen. Sie war nicht
fürs Geldausgeben. Aus diesem Grunde nahm sie andern-
tags das so zierlich rosa und grün geschmückte Eierkörbchen
und brachte es zu der Vorsitzenden ihres Frauen-Vereins,
einer sehr einflußreichen Dame, die bei der Verteilung der
Roten-Kreuz Medaillen ein Wörtchen mitzureden hatte.

„Meine Nichte schickte mir gestern aus ihrem Geflügel-
hof einen Gruß — Exzellenz erlauben doch, daß ich ein be-
scheidenes Teilchen davon hier laffe. —"

Die alte Exzellenz lächelte freundlich Gewährung. Sie
war es gewöhnt, daß die Vereinsdamen, so lange sie noch
nicht dekoriert waren, ihre Freundschaft im wahrsten Sinne
des Wortes nährten.

„Datum-Eier, nein, wie prächtig!" sagte fie erfreut.
„Da weiß man doch, was man hat!"

„Ach ja, nicht wahr?" sagte Tante Emma, mit dem
Orden der alten Dame liebäugelnd.

Die Exzellenz übergab die Eier ihrer Köchin, die sie
von Seidenpapier und Grünzeug befreite und
wohlwollend das Datum prüfte.

Am Sonntag hatte die Köchin ihren Aus-
gang, und als sie fein geputzt, in Federhut
und Seidenbluse, aus ihrem Zimmer kam,
suchte sie noch einige Augenblicke die Speise-
kammer auf und verlietz sie mit einem netten
kleinen Paket unterm Arm. Bei ihrer Schwä-
gerin in der Allstadt drinnen gab es laute
Freude bei ihrem Anblick, besonders, als die
Lülle des Paketes fiel und allerhand gute
Sachen, wie Speck, Schinken, Reis, Gries und
dergleichen zum Vorschein kam. „And Eier,
wirklich, nein, du bist ein treues Mädel,"
sagte die Schwägerin anerkennend. „Sogar
ganz frische, — mit Datum! — Das werd' ich
meinem Bruder erzählen, was sür ein Verlaß
auf dich ist, Annemarie!"

„Kowmt er nicht bald auf Llrlaub, der
Karl?" fragte die Köchin wißbegierig und
schaute nach dem Tisch, wo das Bild eines
forschen Anteroffiziers in einem goldnen Rah-
men stand. „Vergiß nur nicht, gleich zu tele°
fonieren, wenn er da ist!"

„Aber natürlich, ich freu' mich schon drauf,
wenn er dich kennen lernt! Paß auf, die Ger
werden ihm schmecken, er kommt gewiß nächste
Woche!"

„Ich hab' jetzt dreitausend Mark Kriegs-
anleihe," sagte die Köchin, „und ein Spar-

Die neue ZeiL — „Ach Gott, Tante, sechs Bände hat der alte

Schmöker, — müssen wir die wirklich alle lesen?"
— „So seid ihr Menschen von heute! Alles soll kurz sein, zu nichts
habt ihr mehr Zeit. Bloß mit euerm Weltkrieg beeilt ihr euch nicht."
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