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54 Meggendorfer-Blätter, München


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Llcht öine Llrlaubsgefchichte von C. A. Lennig

Es war in den letztverfioffenen Sommertagen. Die
Ferien hatten soeben begonnen, und alle Welt packte ihre
Koffer, um zu verreisen. Auch ich nahm deShalb Arlaub.
Denn ich habe mich neuerdings daran gewöhnt, das zu tun,
was alle Welt tut. Was alle Welt tut, ist sicher das
Gescheiteste, sonst würde es nicht alle Welt tun. Mancher
versäumt viel gute Zeit und Gelegenheit, bis er das einsehen
lernt, zum Glück ift es aber niemals zu spät dazu.

In früheren Zeiten gehörte nun in der Lauptsache
zum Reisen Geld; das aber ist gegenwärtig ein überwundener
Standpunkt, nachdem man auch daheim sehr viel braucht,
wenn man sich anständig und unehrlich durchschlagen will.
Was gegenwärtig und unter gewiffen Umständen in erster
Linie nötig ist, das ist ein ärztliches Zeugnis, daß man krank
ist und deswegen reisen muß. Sonst kriegt man in seiner
Sommerfrische keine Aufenthaltserlaubnis und kann hungrig
wieder heimfahren. Mein nächster Gang war daher zu
einem Arzt, um mir ein solches Zeugnis zu verschaffen.
Ich mußte sehr lange warten, denn das Empfangszimmer
war voll von Sommerfrischlern, die anscheinend alle krank
waren. Manche von ihnen hatten sogar schon ihre Koffer
dabei, was vermutlich die Schwerkranken waren, deren Kur-
beginn keinen Aufschub duldete. Endlich aber kam auch ich
an die Reihe.

„Was fehlt Ihnen denn?" fragte der Arzt mit wohl-
tuender Freundlichkeit.

„Ein ärztliches Zeugnis, Lerr Doktor," antwortete ich
der Wahrheit gemäß. Der Doktor sah mich groß an und
runzelte ein wenig die Stirn.

„Erlauben Sie," sagte er, „so einfach ist das nicht."

„Dann bitte ich um Entschuldigung," antwortete ich.
„Aber ich dachte, die Leute vor mir hätten sich alle ein
solches ausstellen laffen."

„Gewiß, die meisten von ihnen," gab der Doktor zu,
„aber doch nur auf Grund eines genauen ärztlichen Be-
fundes. Zum mindeften muß ich doch wissen, was und wo
eS Ihnen fehlt."

Ich sann ein wenig nach, dann beschrieb ich mit meinem
Zeigefinger einen melancholischen Kreis auf meiner Weste,
wobei ein sanftes Knurren ertönte, und sagte: „Lier!"

Der Arzt war ein scharffinniger Mann und hatte viel
Verständnis für mein Leiden.

„Aha," machte er lächelnd, „ich sehe schon. Sie find
hochgradig nervös und brauchen Ruhe und angemessene
Verpflegung. Am besten ist es, Sie gehen ins Gebirge
und zwar an einen Ort, wo tüchtig geschlachtet und gebuttert
wird, und machen dort eine gewiffenhafte Kur. Drei mal
täglich. Ich werdeIhnen ein entsprechendesZeugnis schreiben.
Nach Beendigung der Kur sprechen Sie wieder vor."

Er setzte fich hin und schrieb, und ich machte unter der
Weste hervor eine anfeuernde Musik dazu. Dann überreichte
er mir das Attest, und ich ging heim, packte ein Lemd und
etwas Losenersatz in meinen Koffer und setzte mich in den
Frühzug nach Berlin.

„Denn," so kalkulierte ich, „alle Berliner find doch um
diese Zeit in Bayern und speziell im Gebirge, also muß
es dann in Berlin eine Llnmenge zu effen geben."

Diese Idee war mir wie eine Art Erleuchtung ganz
plötzlich gekommen uvd ebenso rasch, wie fie mir gekommen
war, hatte ich sie auch ausgesührt. Zch hätte auch nach Sach-
sen gehen können, denn vom Mai bis Oktober ist dort mit
Ausnahme des Lofes und der Minister ebenfalls niemand
daheim, aber da diese fteundlichen Nachbarn die ökonomische

Die Hamfter in Nöten
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Die Hamster in Nöten
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Inschrift/Wappen/Marken
Transkription
Zu den Zügen
Anbringungsort/Beschreibung
Bildbeschriftung

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Pommerhanz, Karl
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Eisenbahn
Polizeibeamter
Landstreicher

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2009-10-21 - 2009-10-21
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 115.1918, Nr. 1454 (07.11.1918), S. 84 Universitätsbibliothek Heidelberg

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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