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Zeitschrift für Humor und Knnst

Serrn GraSmayerS Glückstern

^.Aber, Malwine," wandte Herr Grasmayer verdutzt
ein, „du wirst doch nicht--1"

„Iawohl, ich werde!" gab Frau Malwine entschloffen
zurück. „Ich habe nicht länger Lust, diese traurige Gar-
niemandrolle zu spielen und für jedermann im Lause Gegen-
stand mitleidiger Geringschätzung zu sein. Anser Lausmeister
grüßt mich schon gar nicht mehr, weil er jetzt Portier bei
einer Landelsgesellschaft geworden ist und neulich, wie er
überall herumprahlt, zwei feine Damen geohrfeigt hat, weil
sie sich in seinen Lausgang gestellt hatten, um auf jemanden
zu warten. !lnd wenn das auch nicht gerade schön ist, so
sieht man doch, was einer jetzt gilt. Llnd ich will lieber
Lammer sein statt Ambos! Morgen wird zum Minister
gegangen!"

Lerrn Grasmayer stand natürlich gegen die Entschließ-
ungen seiner Gattin ein Vetorecht zu, aber er machte keinen
Gebrauch davon, weil er von Natur nicht rechthaberisch
war. Die so von löblichem Ehrgeiz beseelte Dame sollte
indessen diesen letzten kühnen Schritt nicht nötig haben.
Denn während die beiden Ehegatten im Reich der Träume
schwebten, war ihr Glücksstern bereits aufgegangen und fiel
ihnen am nächsten Morgen tn Gestalt eines gewichtigen
Schreibens auf den Frühstückstisch. Das Schreiben war
vom Magistrat, und Lerr Grasmayer wurde darin auf-
gefordert, sich ehestens auf dem hierortigen Nathause zu
melden, um als Listenführer bei der neu errichteten Woh-
nungsnoterhebungskommission seinem Ansuchen gemäß ein-
gestellt zu werden.

Es war ein trüber Regentag, der mit diesem Glücks-
morgen anfing, aber die frohe Botschaft zauberte hellen
Sonnenschein in die Grasmayersche Wohnung. Endlich,
endlich war das Sehnen zweier schlichter Menschenkinder
in Erfüllung gegangen; nach langem, verdienstvollen Sarren
waren fie aus dem bescheidenen Dunkel eines von niemand
beachteten Daseins in die schillernde Sphäre achtunggebie-
tender Wichtigkeit emporgehvben worden. Land in Land
saßen die beiden Glücklichen eine Weile in stillem Genuß
ihrer neuen Lage da, dann aber kam das Bewußtsein der
realen Bedeutung dieser einflußschweren Wendung zum
Durchbruch, und Frau Malwine riß sich als Erste aus
dieser träumerischen Versunkenheit, der hohen Pflichten
eingedenk, die nun auf ihnen lasteten.

Das nächste, was die neugebackene Frau Wohnungs-
noterhebungslistenführerin tat, war, die erfreuliche Kunde
überall im Lause und bei der Nachbarschaft zu verkünden
und alle diese Leute ihres unveränderten Wohlwollens zu
versichern. Sie Lat es mit all dem Glanz, den innerer
Wert und ein perlgraues Seidenkleid verleihen können,
dazu hatte sie, um diesen Glanz zu erhöhen, sich in aller
Eile vor dem Spiegel ein paar Lofknickse einstudiert, wie
das einer Dame von Rang zukam. !lnd während so die
umsichtige Gattin auf ihre Repräsentationspflichten bedacht
war, kultivierte der nicht minder bewegliche Gatte mehr
den technischen Teil der ihnen zugefallenen Aufgabe. Er
übte sich tn Laltung, Gang und Gebärdenspiel und suchte
das etwas steif gewordene Landgelenk durch kalligraphlsche
Exerzitien wieder geschmeidiger zu machen.

Erst spät am Nachmittage kehrte Frau Grasmayer
von ihrer Notifizierungstour zurück. Ihre Wangen waren
sanft gerötet und ihr Gesicht trug einen Ausdruck von Güte
und Loheit. Sie war vollauf befriedigt von dem Ergebnis
ihrer Rundreise, der Neid aller ihrer Bekannten und Laus-
genossen war echt und augenfcilUg gewesen, und der Laus-
meister und Portier der Landelsgesellschaft hatte sogar

Der Pfiffige Krämer

— „Da hätte ich noch einen schönen echten Knäuel Wvllc,
kostet sechs Mark. Mögen Sie ihn?"

— „Iawohl, nur her damit."

— ^.Beehren Sie mich bald wieder!"

— ».So, das war ein gutes Geschäft."

ehrerbietig die goldbetreßte Mütze vor ihr gezogen. Rasch
bereitete sie aus den verfügbaren Beständen ihrer Küche
ein frugales Mittagsmahl, und dann beschlossen sie den
Rest des Tages zu einem Spaziergang durch die Stadt zu
verwenden.

„Wtr müssen uns doch zeigen, Lans Kaspar, meinst
du nicht?"

„Man wird eS erwarten," erwiderte LanS Kaspar.
Nnd so wandelten sie gemächlich und würdevoll durch die
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Der pfiffige Krämer
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Inschrift/Wappen/Marken
Transkription
- "Da hätte ich noch einen schönen echten Knäuel Wolle, kostet sechs Mark. Mögen Sie ihn?" - "Jawohl, nur her damit."
Anbringungsort/Beschreibung
Bild 1: Bildunterschrift
Transkription
- "Beehren Sie mich bald wieder!"
Anbringungsort/Beschreibung
Bild 2: Bildunterschrift
Transkription
"So, das war ein gutes Geschäft."
Anbringungsort/Beschreibung
Bild 3: Bildunterschrift

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Pommerhanz, Karl
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Wolle
Krämer
Laden

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2009-10-21 - 2009-10-21
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 115.1918, Nr. 1458 (05.12.1918), S. 151

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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