Zeitschrift für Humor und Kunst
199
Nücksichtsvvll — „Darf denn Ihr Bub im Konzert
so ungezogen sein?"
— „Ich wart bloß, bis sie fortissimo
spielen, dann hau ich ihm eine runter."
Die Wunderlampe
habe. Äaha, wenn das nun solch eine Wun-
derlampe wäre! Da brauchte ich b'oß ein
bißchen daran zu reiben, so etwa wie jetzt
zum Beispiel-"
Tatsächlich rieb nun Lerr Salzberqer in
diesem Augenblick an der Lampe. And kaum
hatte er das getan, als — immer natür-
lich nach seiner Behauptung — folgendes ge°
schah. Jn einer dunklen Ecke des Zimmers
stand ein aus Lolz geschnitzter Rübezahl, den
Salzberger einmal von einer Reise ins Riesen-
gebirge mitgebracht hatte, ein greulicher Kerl.
Dies Bildwerk wuchs plötzlich in die Löhe,
daß sein Kopf saft die Decke des Zimmers
durchbohrte. Dieser Kopf wackelte ungeheuer,
und dann vernahm Salzberger die Worte:
„Was willst du? Ich bin bereit, dir zu ge-
horchen als dein Sklave und als Sklave aller
derer, welche die Lampe in der Äand haben,
sowohl ich als die andern Sklaven der Lampe."
Vierzehn Gläser sehr starken Grogs sind
durchaus geeignet, die menschliche Fähigkeit,
zu erstaunen, beträchtlich herabzusetzen, eine Fäbiakeit, die
Äoraz mit seinem „M aäniii'Äi'i" als etwas nicht Wünschens-
wertes bezeichnet bat. Freilich konnte Loraz keinen Grog
trinken, denn tn Rom gab es damals noch weniger Rum
als beute in vom Weltverkehr abgeschnittenen Ländern,
nämlich gar keinen. Iakob Salzberger blieb also der plötz-
lichen Erscheinung gegenüber ganz gelaffen. „Aha, da sind
Sie ja!" sagte er höflich. „Bitte, warten Sie mal einen
Augenblick!"
Als Alaeddin zum ersten Male der Geist der Lampe
erschien, mußte er ihm etwas zu esst n bringen. Im vierten
Iahre eines besonders durch das Rationierungöwesen sür
die Menschheit eindrucksvollen Weltkrieges wird der Wunsch,
etwas zu effen zu kriegen, noch begreiflicher sein als bei
Alaeddin. So sprach denn Salzberger nach kurzem Be-
finnen: „Bringen Sie mir einen Räucherschinken, zwölf
Spiegeleier, ein richtiges weißes Brot und einen Klumpen
Butter!" Etwa wie zu einem Oberkellner sagte er das.
Bums, in zwei Sekunden hatte der Geist das Verlangte
auf den Tisch gesetzt. Ietzt
erstaunte Salzberger doch.
„Donnerwetter, das haben
Sie wohl recht weit her-
bolen müffen?" — „Aber
ganz und gar nicht," ver-
nahm Salzberger als Ent-
gegnung, „darnach braucht
man gar nicht weit zu gehn,
es ist alles ganz in der
Nähe zu baben." — „Nun
ja, das habe ich ja immer
gesagt," brummte Salz°
berger, „es ist alles da,
bloß man kriegt nichts.
Ein paar freffen fich dick
und voll, und oie andern
haben das Nachsehn. Na,
ich danke Ihnen schön."
Salzberger war nun
wieder allein; der NlLbe-
zahl in der Ecke war wieder
zusammengeschrumpft und
leblos. Aber der Schinken stand da, ein riesiger Schinken,
und die Spiegeleier bruzzelten noch in der Pfanne, in
der sie eben vom Feuer genommen zu sein schienen, und
das grohe Brot war köstlich weiß und der Klumpen Butter
war mindestens süns Psund schwer, also etwa hundert Mark
wert. „Donnerwetter, das soll mir schmecken!" brüllte
Sa*zberger ganz laut, trotzdem er doch allein war,
„Schmecken soll mir das! And meine Wirtschafterin, der
infame Satan, kriegt auch nicht ein Bröckchen davon ab."
Bei dem Gedanken an seine Wirtschafterm aber, über
die er sich vorhin so geärgert hatte, vergaß Salzberger das
Essen. Er tat ein paar Freudensprünge, die nur wegen des
Grogs sehr ungeschickt ausfielen. „Lmrra!" brüllte er; „jetzt
muß der Satan 'raus! Ich brauche mir keine Bedienung
mehr zu halten. Ich habe ja den Lampenkerl, der muß
mir die Wohnung in Ordnung halten, der besorgt mir das
Essen, und wegsreffen wird er mir nichts." Sofort setzte fich
Salzberger an seinen Schreibtisch^nahm einen Briefbogen
und schrieb:^„Sie^infamer Satan! Lange genug habe ich
mich über Sie ärgern
müssen, aber jetzt können
Sie sehn, wo Sie bleiben.
Verlassen Sie morgen,
sowie Sie aufgestanden
sind, m»in Laus, ohne sich
noch vor mir blicken. zu
laffen. Da ich Ihnen nicht
gekündigt habe, haben Sie
hier Lohn und Kostgeld
für einen Monat. Iakob
Salzberger."
So, da hatte die Per-
son ihre Entlaffung. Salz-
berger packte das Schrei-
ben nebst einem Lundert-
markschein in einen ^lm-
schlag, und dann ging er
ganz leise in den Korridor
und band den Brief an
den Türdrücker des Zrm-
mers seiner Wirrschafcerin.
Fertig! Wenn der Satan
— „Ausgeschlossen; die ist ja verreist."
199
Nücksichtsvvll — „Darf denn Ihr Bub im Konzert
so ungezogen sein?"
— „Ich wart bloß, bis sie fortissimo
spielen, dann hau ich ihm eine runter."
Die Wunderlampe
habe. Äaha, wenn das nun solch eine Wun-
derlampe wäre! Da brauchte ich b'oß ein
bißchen daran zu reiben, so etwa wie jetzt
zum Beispiel-"
Tatsächlich rieb nun Lerr Salzberqer in
diesem Augenblick an der Lampe. And kaum
hatte er das getan, als — immer natür-
lich nach seiner Behauptung — folgendes ge°
schah. Jn einer dunklen Ecke des Zimmers
stand ein aus Lolz geschnitzter Rübezahl, den
Salzberger einmal von einer Reise ins Riesen-
gebirge mitgebracht hatte, ein greulicher Kerl.
Dies Bildwerk wuchs plötzlich in die Löhe,
daß sein Kopf saft die Decke des Zimmers
durchbohrte. Dieser Kopf wackelte ungeheuer,
und dann vernahm Salzberger die Worte:
„Was willst du? Ich bin bereit, dir zu ge-
horchen als dein Sklave und als Sklave aller
derer, welche die Lampe in der Äand haben,
sowohl ich als die andern Sklaven der Lampe."
Vierzehn Gläser sehr starken Grogs sind
durchaus geeignet, die menschliche Fähigkeit,
zu erstaunen, beträchtlich herabzusetzen, eine Fäbiakeit, die
Äoraz mit seinem „M aäniii'Äi'i" als etwas nicht Wünschens-
wertes bezeichnet bat. Freilich konnte Loraz keinen Grog
trinken, denn tn Rom gab es damals noch weniger Rum
als beute in vom Weltverkehr abgeschnittenen Ländern,
nämlich gar keinen. Iakob Salzberger blieb also der plötz-
lichen Erscheinung gegenüber ganz gelaffen. „Aha, da sind
Sie ja!" sagte er höflich. „Bitte, warten Sie mal einen
Augenblick!"
Als Alaeddin zum ersten Male der Geist der Lampe
erschien, mußte er ihm etwas zu esst n bringen. Im vierten
Iahre eines besonders durch das Rationierungöwesen sür
die Menschheit eindrucksvollen Weltkrieges wird der Wunsch,
etwas zu effen zu kriegen, noch begreiflicher sein als bei
Alaeddin. So sprach denn Salzberger nach kurzem Be-
finnen: „Bringen Sie mir einen Räucherschinken, zwölf
Spiegeleier, ein richtiges weißes Brot und einen Klumpen
Butter!" Etwa wie zu einem Oberkellner sagte er das.
Bums, in zwei Sekunden hatte der Geist das Verlangte
auf den Tisch gesetzt. Ietzt
erstaunte Salzberger doch.
„Donnerwetter, das haben
Sie wohl recht weit her-
bolen müffen?" — „Aber
ganz und gar nicht," ver-
nahm Salzberger als Ent-
gegnung, „darnach braucht
man gar nicht weit zu gehn,
es ist alles ganz in der
Nähe zu baben." — „Nun
ja, das habe ich ja immer
gesagt," brummte Salz°
berger, „es ist alles da,
bloß man kriegt nichts.
Ein paar freffen fich dick
und voll, und oie andern
haben das Nachsehn. Na,
ich danke Ihnen schön."
Salzberger war nun
wieder allein; der NlLbe-
zahl in der Ecke war wieder
zusammengeschrumpft und
leblos. Aber der Schinken stand da, ein riesiger Schinken,
und die Spiegeleier bruzzelten noch in der Pfanne, in
der sie eben vom Feuer genommen zu sein schienen, und
das grohe Brot war köstlich weiß und der Klumpen Butter
war mindestens süns Psund schwer, also etwa hundert Mark
wert. „Donnerwetter, das soll mir schmecken!" brüllte
Sa*zberger ganz laut, trotzdem er doch allein war,
„Schmecken soll mir das! And meine Wirtschafterin, der
infame Satan, kriegt auch nicht ein Bröckchen davon ab."
Bei dem Gedanken an seine Wirtschafterm aber, über
die er sich vorhin so geärgert hatte, vergaß Salzberger das
Essen. Er tat ein paar Freudensprünge, die nur wegen des
Grogs sehr ungeschickt ausfielen. „Lmrra!" brüllte er; „jetzt
muß der Satan 'raus! Ich brauche mir keine Bedienung
mehr zu halten. Ich habe ja den Lampenkerl, der muß
mir die Wohnung in Ordnung halten, der besorgt mir das
Essen, und wegsreffen wird er mir nichts." Sofort setzte fich
Salzberger an seinen Schreibtisch^nahm einen Briefbogen
und schrieb:^„Sie^infamer Satan! Lange genug habe ich
mich über Sie ärgern
müssen, aber jetzt können
Sie sehn, wo Sie bleiben.
Verlassen Sie morgen,
sowie Sie aufgestanden
sind, m»in Laus, ohne sich
noch vor mir blicken. zu
laffen. Da ich Ihnen nicht
gekündigt habe, haben Sie
hier Lohn und Kostgeld
für einen Monat. Iakob
Salzberger."
So, da hatte die Per-
son ihre Entlaffung. Salz-
berger packte das Schrei-
ben nebst einem Lundert-
markschein in einen ^lm-
schlag, und dann ging er
ganz leise in den Korridor
und band den Brief an
den Türdrücker des Zrm-
mers seiner Wirrschafcerin.
Fertig! Wenn der Satan
— „Ausgeschlossen; die ist ja verreist."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Rücksichtsvoll; Zerstreut
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Inschrift/Wappen/Marken
Transkription
- "Darf denn Ihr Bub im Konzert so ungezogen sein?" - "Ich wart bloß, bis sie fortissimo spielen, dann hau ich ihm eine runter."
Anbringungsort/Beschreibung
Bild 1: Bildunterschrift
Transkription
- "Herr Professor, Ihre Frau Gemahlin ist am Telephon." - "Ausgeschlossen; die ist ja verreist."
Anbringungsort/Beschreibung
Bild 2: Bildunterschrift
Transkription
Cognac
Anbringungsort/Beschreibung
Bild 2: Bildbeschriftung
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2009-10-21 - 2009-10-21
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 115.1918, Nr. 1461 (26.12.1918), S. 199
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg